Haar:Für jeden ein Buch

Haar hat 20 000 Einwohner. Genauso viele Medien gibt es auch in der Gemeindebücherei. Die ist damit weit von den Richtlinien für Bibliotheken entfernt. Die Pläne für eine Vergrößerung liegen momentan auf Eis

Von Bernhard Lohr, Haar

Als die neue Kinderbücherei der Haarer Gemeindebibliothek im vergangenen Oktober aufmachte, waren die Regale noch spärlich bestückt. Das ging nicht anders. Schließlich musste der Bestand erst Buch um Buch aufgebaut werden. Doch die Schüler an der Jagdfeld-Grundschule wünschten sich schnell gefüllte Regale und ergriffen die Initiative. Sie organisierten einen Muffinverkauf und sammelten 865 Euro ein, mit denen Bücher angeschafft wurden. Die Muffinbücher wurden mit extra Aufklebern versehen, damit jeder weiß, was aus dem Geld wurde.

Die Muffinbücher in der Kinderbücherei an der Jagdfeldschule zeigen, dass es Kindern ein Bedürfnis ist, in Geschichten einzutauchen. Die Kinder und Jugendlichen sind die wohl wichtigste Zielgruppe der Gemeindebibliothek Haar. Knapp 21 000 Medien bietet diese insgesamt an, von Büchern über CDs bis zu DVDs und auch Gesellschaftsspielen. Ein großer Bereich in der Hauptstelle der Bücherei an der Leibstraße ist den jungen Lesern vorbehalten. 2200 Bücher sind es mittlerweile in der als "Kinderbücherei" titulierten Zweigstelle an der Grundschule, in der sich nicht nur die Schüler der Jagdfeldschule bedienen, sondern an zwei Nachmittagen, dienstags und donnerstags, auch andere Kinder und Jugendliche mit ihrem Ausweis Medien beziehen können.

Die Pläne für eine neue, größere Bibliothek an der Bahnhofstraße liegen derzeit auf Eis. Die Gemeinde hat andere, größere Baustellen. Sie wird an der Jagdfeldschule eine weitere Grundschule errichten, an der Herzogstandstraße in Gronsdorf und an der Katharina-Eberhard-Straße Wohnungen bauen, das Seniorenheim umbauen und sich womöglich an einer Realschule beteiligen. Bibliotheksleiterin Désirée Bitzer wird also noch einige Zeit in den gemessen an den mittlerweile 20 000 Einwohnern in Haar nicht unbedingt großzügig gehaltenen Räumen an der Leibstraße bleiben müssen. Die Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen nennt zwei Medien pro Einwohner als Richtwert für eine angemessene Ausstattung. Demnach müssten 40 000 Medien in Haar angeboten werden. Eine aktuelle Handreichung zum Bau von öffentlichen Bibliotheken empfiehlt 30 Quadratmeter Nutzfläche pro 1000 Medien.

Von alldem ist man in Haar weit entfernt, von einem Bibliothekscafé oder ähnlichem ganz zu schweigen. Allerdings wurden die Räume an der Leibstraße im April saniert. Es kam frische Farbe an die Wände. Der Kinder- und Jugendbereich ist in frischem orange gehalten. Gerade erst wurden neue Sitzgelegenheiten an den Fenstern montiert. Gleich gegenüber dem Eingang schmückt hinter dem Ausleihe-Desk ein Wand-Tattoo den Raum.

Bibliotheksleiterin Désirée Bitzer freut sich über die kleinen Fortschritte und erzählt, wie sie ihre Einrichtung nach außen weiter zu öffnen versucht. Sie will die Bibliothek zu einem Ort machen, an dem man verweilt. Ein neuer Tisch und Stühle wurden angeschafft. Sie verstehe sich als Leiterin einer Kultur- und Bildungseinrichtung, sagt Bitzer. In diese Richtung müsse man sich weiterentwickeln.

Bitzer weiß sich damit auf einer Linie mit Städtetag, Gemeindebund und Bibliotheksverband, die erst im Mai in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen haben, die Bibliotheken dahin gehend zu stärken. Vor zwei Wochen beschloss der Bayerische Ministerrat einen Bayerischen Bibliotheksplan, der Grundlage bilden soll für eine Weiterentwicklung der Bibliotheken. Kultusminister Ludwig Spaenle sprach davon, wie wichtig lebensbegleitendes Lernen sei. Bibliotheken könnten helfen, Menschen mit verschiedenem kulturellem Hintergrund zusammenzuführen und die digitale Revolution zu begleiten.

55 148 reale Besucher zählte die Gemeindebücherei Haar vergangenes Jahr, und damit etwa 2000 mehr als im Jahr davor. Doch viele kommen gar nicht mehr ins Haus. Das Digitale spielt auch in Haar eine wachsende Rolle. Mehr als 20 000 Medien stehen über Leo-Süd dem Besitzer einer Onleihe-Berechtigung zur Verfügung. Wer zu Hause bleibt, und im August lieber direkt in die Bücherei gehen mag, kann auch das. Zum zweiten Mal schon entfällt die Sommerschließung. "Wir sind in den Ferien ganz normal da", sagt Bitzer. Seit der Neueröffnung im Mai ist auch samstags von 10 bis 13 Uhr jeweils offen.

Eine Ferienaktion der Gemeindebücherei Haar ist der Junior-Lese-Club, bei dem sich Grundschüler eine Klubkarte und ein Leselogbuch ausstellen lassen können. Es gibt Stempel für gelesene Bücher, Teilnehmer bekommen eine Urkunde. Für Neun- bis Zwölfjährige gibt es von 22. bis 26. August eine Aktion, bei der vormittags in Begleitung eines Medienpädagogen eine Fotostory 2.0 erstellt wird. Für beide Aktionen meldet man sich in der Bibliothek an, Telefon 089/469612, E-Mail: buecherei@gemeinde-haar.de.

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