Sommerferien in Haar:Ein Hammer-Programm

Sommerferien in Haar: Carla, Magdalena, Julius, Enie und Annalena (von links) sind stolz auf ihre selbstgebaute Hütte.

Carla, Magdalena, Julius, Enie und Annalena (von links) sind stolz auf ihre selbstgebaute Hütte.

(Foto: Claus Schunk)

Sommer, Sonne, Sägen: Seit drei Jahrzehnten gibt es in Haar das Holzhüttenbauen am Wieselweg. Die Ferienaktion ist bei Generationen von kleinen Handwerkern beliebt - und bei deren Eltern, die das Betreuungsangebot zu schätzen wissen.

Von Franziska Bohn, Haar

Auf Zehenspitzen steht Carla vor einer Holzhütte. Mit kräftigen Schlägen haut die Neunjährige einen Nagel in ein Holzbrett. Über dem Eingang hängt ein blaues Papierschild: Nummer 11 - Carla, Magdalena, Enie, Annalena, Luzi und Julius. Sie sind die kleinen Baumeister der Hütte. Immer in der ersten Ferienwoche veranstaltet der Jugendtreff Dino in Haar zusammen mit dem Jugendkulturhaus Route 66 und dem Kirchlichen Jugendzentrum das Projekt "Holzhüttenbauen" auf dem Abenteuerspielplatz. Das Motto in diesem Jahr lautet: "Fluch der Haaribik".

Seit 1983 wird die Wiese am Wieselweg jedes Jahr zur Hüttenlandschaft

Mehr als 200 Kinder nehmen jedes Jahr an der Aktion teil, 34 Hütten sollen dieses Mal gebaut werden. An jeder Holzhütte wird an diesem Mittwochmorgen, dem dritten Ferientag, fleißig gezimmert. Lautes Hämmern erfüllt den Platz, es riecht nach frischem Holz, das die Kinder zu ihren Hütten schleppen. Carla und ihre Freundin Magdalena knien auf dem Boden, vor ihnen liegt ein großes Brett auf zwei kleinen Holzunterlegern. Noch hat es nicht die richtige Länge. Carla hält eine Säge in der Hand und versucht angestrengt, das Stück Holz zu zertrennen. Mit jeder Bewegung verzieht sie ihr Gesicht, ihre Silber lackierten Nägel umklammern angestrengt den Griff.

Seit 1983 verwandelt sich die Wiese am Wieselweg in den Sommerferien für ein paar Tage in eine Hüttenlandschaft. "Das Interesse ist immer groß, es waren noch nie zu wenige Kinder da, eher im Gegenteil", sagt Tanja Probst, die als Sozialpädagogin im Dino arbeitet. Mit dem Angebot wollen die Veranstalter die Kinder ans Handwerk heranführen, Motorik und Teambuilding-Fähigkeiten stärken - und Eltern, die arbeiten müssen, die Möglichkeit geben, ihre Kinder gut betreut zu wissen.

Sommerferien in Haar: Julius mit Hammer und Nagel.

Julius mit Hammer und Nagel.

(Foto: Claus Schunk)

Hüttenteam Nummer 11 ist seit dem Morgen fleißig am Arbeiten. "Wir messen, hämmern und sägen schon den ganzen Tag", erzählt Carla. "Am liebsten mag ich das Hämmern, Sägen ist mir zu anstrengend", erzählt Carla und wischt sich über ihre Stirn. Magdalena nimmt ihr die Säge aus der Hand und löst sie ab. Julius, der einzige Junge im Team, schlüpft wieder in seine Arbeitshandschuhe und fängt an zu hämmern. "Wir müssen schließlich heute noch fertig werden." Zwei Tage bauen die Kinder schon an den Hütten. Magdalena hat mit ihren Freundinnen sogar weiße Spitzenvorhänge aufgehängt. Und drinnen Haken für ihre Rucksäcke angebracht. Vor dem Fenster haben sie mit Luzis Mutter ein großes Bettlaken gespannt, das als Sonnenschutz dient. Schließlich zeigt das Thermometer 30 Grad an.

Die fertigen Hütten werden zu Läden

Die Hütte überragt mittlerweile die Kinder. Sie kommen kaum noch an das oberste Brett heran und brauchen Hilfe von Raphael. Er ist einer der 15 Freiwilligen, die das Projekt betreuen. "Mir macht das sehr viel Spaß, ich bin schon seit vielen Jahren dabei", erklärt der 17-Jährige und schnappt sich einen Hammer, um das letzte Brett zu montieren. Schlimme Unfälle gab es zum Glück noch nicht, doch Luzi hält sich einen Kühlbeutel auf ihren Oberschenkel. Sie ist ausgerutscht und hingefallen. "Und gestern habe ich mir schon auf den Daumen gehauen", sagt sie und verzieht ihr Gesicht.

Wenn die Kinder ihre Hütte fertig gebaut haben, werden sie zu kleinen Geschäften umfunktioniert, und die Bauarbeiter zu Kaufleuten. Sie verkaufen dann darin Bonbons, Zuckerwatte und andere Naschereien, um sich davon später am Kiosk Eis kaufen zu können. Vereinzelt sieht man schon ein paar Verkaufsstände. "Lollis, Loooolliiis!", wie ein Marktschreier wirbt ein Junge mit kräftiger Stimme um seine Waren. Besonders beliebt sind die beiden Jungs, die für fünf Cent Lose verkaufen, mit denen man Bonbons gewinnen kann.

An diesem Freitag gibt es eine Vorführung für die Eltern

Am Freitag wird es eine kleine Vorführung für die Eltern geben. "Wir üben dafür mit den Kindern kleine Tänze oder Sketche ein, vielleicht wird es sogar passend zu unserem Motto einen kleinen Säbelkampf geben", sagt Raphael. Außerdem geplant: eine Wasserschlacht und eine Wasserrutsche. Darauf freut sich Magdalena besonders. Am Freitag dürfen die Kinder auch in ihren Hütten übernachten, zumindest wer möchte. "Ich will nicht", sagt Carla. "Da gibt es zu viele Viecher und die anderen Kinder sind die ganze Nacht laut".

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