Haar:Aus der Mitte der Gesellschaft

Haar: Jürgen Partenheimer hat als Vorsitzender des Stiftungsvorstands mit niedrigen Zinsen zu kämpfen.

Jürgen Partenheimer hat als Vorsitzender des Stiftungsvorstands mit niedrigen Zinsen zu kämpfen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Bürgerstiftung Haar hilft, wo es nötig ist: Unterstützt werden Senioren, Familien, Kinder - und jetzt auch Flüchtlinge

Von Bernhard Lohr, Haar

Wenn von keinem mehr etwas zu erwarten ist, dann zählen die Familie, die Nachbarschaft und immer häufiger auch die Kommune. Die Rufe von Bürgern in Not erreichen das Rathaus. Es sind Senioren, Familien und Alleinerziehende, die mit ihrem knappen Budget im teuren Münchner Umland kaum mehr über die Runden kommen. In Schulen, Kindertagesstätten und Vereinen zeigt sich, wie notwendig ein soziales Netz auf kommunaler Ebene ist. Die Haarer haben seit fünf Jahren einen neuen Partner zur Seite, der hilft: die Bürgerstiftung. Das Beispiel könnte im Landkreis Schule machen.

Oft federn Gemeinden soziale Härten direkt mit Zuschüssen an Vereinen oder über die Sozialämter ab. In Haar passiert das auch. Doch dazu kommt die Bürgerstiftung, die mit ihrem mittlerweile auf 1,4 Millionen Euro angewachsenen Grundstockvermögen eine feste Größe geworden ist. Auch wenn derzeit angesichts niedriger Zinsen daraus nur verhältnismäßig geringe Erträge erwirtschaftet werden, die in soziale Projekte fließen können, hat das Modell nach Überzeugung des Vorsitzenden des Stiftungsvorstands, Jürgen Partenheimer, Zukunft. Die Bürger in Haar hätten erkannt, dass "das ihre Stiftung ist", sagte er anlässlich des fast auf den Tag genau fünfjährigen Bestehens der Stiftung am Dienstag im Haarer Poststadel. "Die Bürgerstiftung ist mittlerweile in der Mitte der Haarer Gesellschaft angekommen", sagte Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD). Und die Einrichtung wirkt anregend über die Gemeindegrenze hinaus. So war kürzlich ein Bürgermeister aus "allernächster Nähe" bei Partenheimer, um sich über die Vorzüge der ähnlich noch in Gräfelfing vorzufindenden Stiftung zu informieren. Es sei eine lohnende Sache, sagte Partenheimer, aber man müsse einen langen Atem haben und Geld in die Hand nehmen.

Das heißt: Die Gemeinde Haar stiftete zwei Mal 250 000 Euro, um das Ganze erst einmal auf den Weg zu bringen. Dann war Engagement gefragt, um die Stiftung und ihren Zweck bekannt zu machen. Nun ist sie auch unter schwierigen Vorzeichen im Jahr 2014 gewachsen. Man legte um 62 400 Euro bei den Zustiftungen zu, und sammelte 38 000 Euro an Spenden ein. Damit habe die Zinssituation ausgeglichen werden können, sagte Geschäftsführer Wolfgang Weber, der wie Partenheimer, der ehemalige Bankdirektor, als Ruheständler ehrenamtlich seine Fähigkeiten einbringt. 34 500 Euro an Spenden wurden 2014 direkt weitergegeben. 23 000 Euro standen aus den Zinserträgen für soziale Projekte zur Verfügung. Es sind keine hohen Summen, aber Beträge, die vor 2010 in Haar nicht frei gewesen wären - und die gefehlt hätten.

So half die Bürgerstiftung über das Sozialamt der Gemeinde, Altersarmut zu mildern. Sie ermöglichte ein Sportprogramm für Kinder des Ganztagszweigs der Konrad-Grundschule, finanzierte die Ausstattung des Musikzimmers an der Mittelschule und einen Deutschkurs für Flüchtlingskinder. "Die Bedürftigkeit wächst von Jahr zu Jahr", sagte Partenheimer. "Der Haarer Bürger muss wissen, wir sind für ihn da."

Auch wenn dieses Jahr wegen der niedrigen Zinsen Partenheimer zufolge noch einmal "erheblich weniger" an Zinsertrag zu erwarten ist. Er spürt nach fünf Jahren eine stabile Bereitschaft der Haarer, ihre Bürgerstiftung mit Spenden und Zustiftungen weiter zu stärken. Manche stellten Spendenkassen auf, statt auf Geburtstagsfeiern Geschenke anzunehmen, oder erklärten, dass auf zugunsten der Stiftung bei Beerdigungen auf Grabbeigaben zu verzichten sei. Aus dem öffentlichen Leben in Haar ist die Stiftung schon wegen ihrer populären Veranstaltungen kaum noch wegzugdenken. Mit dem Wissenschafts-Journalisten Harald Lesch hat man jemanden im Vorstand sitzen, der mit seinen Vorträgen regelmäßig Hallen füllt. Möglichst jeder soll erfahren, dass sein Geld bei der Stiftung gut angelegt ist. Es könnte ja jemand dabei sein, der es so macht wie Simon Haselwarter, der nach seinem Tod 480 000 Euro der Bürgerstiftung übertrug.

Im Mai 2014 wurde die Haselwarter-Unterstiftung errichtet, die nun dazu beiträgt, gemäß dem Willen des Stifters, Senioren bis ins hohe Alter ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Das Projekt "Wohnen für Hilfe" läuft in Haar gerade an, bei dem junge Menschen vermittelt werden, die bei Senioren einziehen und diesen dann zur Seite stehen. Ein Projekt für schwerkranke Haarer wird gerade vorbereitet.

Kostenlose Sozialberatung der Bürgerstiftung Haar, Poststadel, Münchner Straße 3, 1. Stock, Zimmer 25, Telefon: 089/46002862, montags 10 bis 12 Uhr, E-Mail: beratung@buergerstiftunghaar.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: