Haar:Preiswert Wohnen im Feuerwehrhaus

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Die Freiwillige Feuerwehr soll auch in Zukunft attraktiv für Nachwuchs sein. (Foto: Claus Schunk)

Um Nachwuchs zu gewinnen, setzt Haar auf einen besonderen Anreiz: Die Freiwillige Feuerwehr soll von vergünstigen Wohnungen profitieren.

Bernhard Lohr, Haar

Die Haarer Feuerwehr ist nicht schlecht aufgestellt. Keineswegs. Schließlich zählt die Truppe 99 Aktive, die im Durchschnitt mit gut 32 Jahren überwiegend im besten Alter sind. Die größte Gruppe bilden die 18- bis 29-Jährigen. Und doch: Der Vereinsvorsitzende Ludwig Kaltenberger hält nichts davon, die Verhältnisse einfach nur im strahlenden Licht darzustellen.

Lieber schaut er voraus. Und so warnte er jüngst davor, den Einsatz der Freiwilligen als Selbstverständlichkeit anzusehen. Die Feuerwehr leiste Außergewöhnliches und verdiene, um auf Dauer gut aufgestellt zu sein, gesellschaftlich eine besondere Behandlung.

Die Feuerwehr fordert bezahlbaren Wohnraum - und Arbeitsplätze am Ort

Eine solche erfährt die Feuerwehr so wie andere Rettungsorganisationen seit einigen Jahren auch verstärkt. Die Ehrenamtskarte zum Beispiel bringt Vergünstigungen bei gewissen Partnergeschäften und Dienstleistern. Die Welt ist das nicht. So kriegt der Ehrenamtskarten-Inhaber in Haar im Kino eine kleine Packung Popcorn gratis, was natürlich nicht mehr als eine Geste ist, ein kleines Dankeschön.

Dabei brachten die Feuerwehrler in der Jahreshauptversammlung auch zum Ausdruck, dass sie sich unter Entgegenkommen noch etwas anderes vorstellen können. Die Gemeinde könnte sich für bezahlbaren Wohnraum in Haar einsetzen, hieß es, und für Arbeitsplätze am Ort.

Von der Frage, wo die Feuerwehrleute arbeiten, hängt direkt die Einsatzfähigkeit der Truppe ab. Immerhin 268 Einsätze gab es im vergangenen Jahr in Haar. An drei von vier Tagen ging bei Feuerwehrleuten der Piepser, der zum Einsatz ruft.

Heute empfinden Chefs Mitarbeiter bei der Feuerwehr oft als Last

Vorsitzender Kaltenberger sagt, das was seine Leute machten, sei "nicht planbar". Sie würden zu jeder Tageszeit gerufen. Und dabei sei immer offen, wie lang ein Einsatz dauere und wie gefährlich der sei. Insofern sei das schon eine "besondere" Ausgangslage. Probleme bereite dabei - mehr als früher -, dass die Arbeitswelt sich verändert habe. Firmen stellten Feuerwehrleute nicht mehr einfach so frei.

"Vor 20 Jahren hatte das noch einen Stellenwert, drei Leute von der Feuerwehr in der Firma zu haben." Heute empfänden das Chefs oftmals als Last. Ein zusätzliches Problem stelle dar, wenn die Aktiven nicht am Ort arbeiteten, sondern erst von der Arbeitsstelle weit zum Einsatzort anfahren müssten. Früher seien der Bäcker bei der Feuerwehr gewesen, der Landwirt und der Schmied. Da habe sich viel verändert, sagt Kaltenberger.

Eine Veränderung, unter der auch Feuerwehrleute leiden, ist die Tatsache, dass Wohnungen im Raum München mittlerweile für Normalverdiener kaum noch zu bezahlen sind. Die Gemeinde hat sich deshalb auf die Fahne geschrieben, günstigen Wohnraum zu schaffen.

Auf einem gemeindlichen Grundstück an der Katharina-Eberhard-Straße nahe dem Ortszentrum sollen in derzeit geplanten drei Wohnblocks Gemeindewohnungen entstehen. Wie Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sagt, wurde in den Verhandlungen mit den Investoren, die im Jugendstilpark zahlreiche Wohnungen schaffen wollen, festgezurrt, dass die Gemeinde in zwei Gebäuden Wohnungen zu vergünstigten Bedingungen vergeben kann.

Besonders schaut die Kommune darauf, dass Menschen, die für das Gemeinwesen wichtig sind, profitieren. Für dringend gesuchte Erzieherinnen wird gerade im ersten Stock der alten Post an der Bahnhofstraße umgebaut. Eine WG könnte dort einziehen.

Appartements im Feuerwehrhaus

In dieses Bild passt, dass die SPD nun per Antrag im Gemeinderat fordert, die Rathausverwaltung möge prüfen, ob der Mietzins für die im Feuerwehrhaus vorhandenen Appartements weiter gesenkt werden könne. Auf diese Weise könnten die Bemühungen der Feuerwehr unterstützt werden, Nachwuchs für die Mannschaft zu finden.

Die Feuerwehr könnte damit Wohnraum jungen Mitgliedern zu günstigen Bedingungen anbieten. Alexander Zill, Fraktionssprecher der Haarer SPD, sagt, die Feuerwehr tue sich, wie andere ehrenamtlich engagierte Organisationen, mit der Suche nach neuen Mitgliedern schwer. Die Gemeinde könnte sie dabei unterstützen. Laut Gemeinde befinden sich drei Wohnungen im Feuerwehrhaus.

Feuerwehr-Vorsitzender Kaltenberger will, obwohl die Wohnungssituation in der Jahresversammlung ausdrücklich angesprochen wurde, zu dem SPD-Antrag nichts sagen. Ihm sei wichtig gewesen, allgemein auf die notwendige Wertschätzung, die die Feuerwehr verdiene, hinzuweisen. Die Feuerwehr stehe aktuell gut da. Doch es drohe aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen eine "schleichende Verschlechterung" der Lage. Dem gelte es, entgegenzuwirken.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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