Grünwald/Pullach:Einfach dankbar

In den Rotary Clubs im Landkreis tun wohl situierte Menschen Gutes

Von Claudia Wessel, Grünwald/Pullach

Den Tsunami am 26. Dezember 2004 in Thailand haben Tileman Fischer und seine Familie wohl nur überlebt, weil sie in diesem Urlaub etwas anders machten als sonst. So buchten sie zum einen ein anderes Hotel, weil es ihnen von Freunden empfohlen worden war. Und sie machten an diesem zweiten Weihnachtsfeiertag nicht wie sonst ihren morgendlichen Strandspaziergang, weil sie lieber ausschlafen wollten.

Nach dem Schock durch die Katastrophe gehörte Tileman Fischer nicht zu denjenigen, die so schnell wie möglich abreisten - er verlängerte seinen Aufenthalt. Als Rotarier war dies für ihn selbstverständlich. Denn wo es etwas zu helfen gibt, da fühlen sich die Mitglieder dieser Vereinigung berufen. Fischer machte also mit, als es eine Schule wieder aufzubauen galt und sammelte Spenden. Ganz wie daheim. Und auch der Rotarier-Grundsatz, dass man sicherstellen will, dass die Spenden bei den Bedürftigen direkt ankommen, wurde hier befolgt.

Helfen, sammeln, geben - das ist der Grundsatz nicht nur bei den 61 Mitgliedern des Rotary Clubs Grünwald, dessen Präsident Fischer zur Zeit ist. Noch bis zum 1. Juli 2016. Bei den Rotariern ist es üblich, das die Amtszeit nur ein Jahr dauert, denn zum einen "ist es Arbeit", sagt Fischer. Zum anderen kommen auf diese Weise viele interessante Persönlichkeiten zum Zuge. Rotary ist ein "Serviceclub" - der Dienst am Nächsten steht im Mittelpunkt. "Wir wollen der Gesellschaft etwas zurückgeben von dem, was wir bekommen haben", sagt Fischer. Und diejenigen, die bei Rotary mitmachen, haben meist einiges "bekommen" beziehungsweise sich erarbeitet. Die Berufe der Mitglieder sind größtenteils akademisch: Banker, Rechtsanwälte, Ärzte, aber auch Schauspieler. Auf jeden Fall erfolgreiche Menschen, "oft in Führungspositionen", so Fischer.

Beim Grünwalder Club hat man einige Hilfsprojekte gewählt. So sammelt man Spenden für die Nachbarschaftshilfe, für "Riversity", eine zur Pfennigparade gehörende Betreuungsgruppe für Hirngeschädigte, aber auch für ein Austauschprogramm mit Japan. Organisiert wird es von einem ehemaligen Grünwalder Rotarier, der inzwischen wieder in Japan lebt. Er nimmt seit sechs Jahren regelmäßig Studenten für drei Monate auf. Übrigens hat er in Japan eine "Grünwalder Stiftung" gegründet und "Grünwalder Häuser" errichten lassen. Nicht zuletzt gehört das Projekt "Rotary 4 Hauner" zu ihren Wohltaten, gemeinsam mit anderen Rotaryclubs. Sie finanzieren weiterhin Schachkurse in den Schulen. Außerdem organisieren die Männer Benefizkonzerte.

Die Männer? Ja, im Grünwalder Rotary Club sind nach wie vor nur männliche Mitglieder zugelassen. Warum? "Nun ja, von der Altersstruktur her und wie es gewachsen ist, bleiben wir erst mal dabei", sagt Fischer. Die Herren sind also alle schon älteren Semesters und ein bisschen traditionell, auch ihre Gattinnen haben offensichtlich nichts gegen ihre Rolle, zu kochen oder einen Kuchen zu backen, einzuwenden. "Wir wissen allerdings schon, dass die ferne Zukunft auch weibliche Mitglieder mit sich bringen wird", räumt Fischer ein.

Grünwald/Pullach: Das Interesse am Helfen und an Kunst verbindet die Rotarier: Sie unterstützen Hilfsprojekte und organisieren auch gemeinsame Ausflüge.

Das Interesse am Helfen und an Kunst verbindet die Rotarier: Sie unterstützen Hilfsprojekte und organisieren auch gemeinsame Ausflüge.

(Foto: Robert Haas)

In Pullach ist man da ganz anderer Meinung. Hier gibt es schon seit der Gründung 1997 auch weibliche Mitglieder. "Frauen gehen an bestimmte Dinge ganz anders ran, und diese andere Sichtweise ist für jeden Mann eine Bereicherung", sagt der Sprecher der Pullacher Rotarier, Martin Fogt. Allerdings, auf mehr als acht Frauen von 56 Mitgliedern haben es auch die Pullacher nicht gebracht. Wieso? Nun ja, erklärt Präsidenten Curt Cress, 63, man möchte eben bei neuen Mitgliedern doch ein wenig auf ein jüngeres Alter achten und es gebe eben wenige junge Frauen, womöglich noch Mütter, die dann auch noch Zeit für ein Engagement bei den Rotariern hätten. Auch junge Männer seien natürlich oft noch beruflich sehr eingespannt, weshalb es generell nicht ganz einfach sei mit dem jungen Nachwuchs.

Wobei, Zeit hat auch Cress eigentlich nicht. Und genau genommen keines der Mitglieder. Denn auch bei den Pullachern sind sehr viele in anspruchsvollen Positionen und haben ein ausgefülltes Berufsleben. Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, ein Schulleiter, eine Bildhauerin, ein weltweit tätiger Unternehmer - so die Aufzählung von Cress. Und erst er selbst. Cress ist ein bekannter Musikproduzent, spielte bis 1983 als Schlagzeuger in Klaus Doldingers Band "Passport" und heute noch in "Passport classic", er trommelte einst für Freddy Mercury und Tina Turner und wurde 15 Mal zum besten Schlagzeuger Deutschlands gewählt, er gründete eine eigene "Plattenfirma" und nennt sie immer noch so. "Ich bin ein bunter Hund", lacht er. Und als solcher hat er nun ein ehrwürdiges Amt inne: Präsident des Rotary Clubs Pullach. Für ein Jahr, wie alle Präsidenten der Organisation.

Den Job nimmt er mit Humor, jedenfalls den Teil, der mit dem schönen Titel zusammenhängt. Nein, fürs Ego sei das Präsidentenamt nun wirklich nicht wichtig, lacht er. Sein Ego hat da wohl im Laufe seines Lebens ganz anderes Futter bekommen. Dieses Amt, bei dem er immerhin eine lustige, neue Aufgabe hat, wie er findet, nämlich zu Anfang und Ende der Sitzungen in der Waldwirtschaft Großhesselohe jeden Dienstagabend eine Glocke zu schlagen, bringe vor allem viel Arbeit ein. "Ich muss jetzt ununterbrochen E-Mails lesen", seufzt er. Aber natürlich für einen guten Zweck, hinter dem er voll steht.

Und den er mittlerweile auch voll durchschaut. "Ich weiß noch, als ich in feinen Hotels immer diese goldenen Schilder sah mit der Aufschrift Rotary", erzählt er. "Da hab ich mich immer gefragt, was das wohl ist." Seit ihn jemand eingeladen hat und er dann Mitglied wurde (nur durch Empfehlung kann man beitreten), spendet er sehr gerne für die Unterstützung von Hilfsbedürftigen in aller Welt, aber auch daheim in und um Pullach. Straßenkinder in Haiti, ein Krankenhaus in Tansania, spezielle Bewegungsbänke für kranke Kinder im Haunerschen Kinderspital - das Wichtigste bei allen Projekten ist, dass das Geld ohne Abzüge genau da ankommt, wo es hin soll. Dafür reisen die Pullacher schon mal auf eigene Kosten um die Welt, um zu sehen, ob in den Spendenländern alles richtig verwendet wird.

Grünwald/Pullach: Gemeinsam unterwegs: Die Rotarier aus dem Landkreis München.

Gemeinsam unterwegs: Die Rotarier aus dem Landkreis München.

(Foto: Robert Haas)

Und warum das alles? "Weil man es selbst gut hat", lautet die Antwort von Curt Cress. "Ich zahle sogar gern Steuern, weil ich in einer Welt leben möchte, die gut organisiert ist." Schön seien natürlich auch die Kontakte mit all den interessanten Menschen aus verschiedenen Berufen, die man im Club treffe. Er selbst hat beispielsweise schon hin und wieder Rotary-Kollegen hinter die Kulissen eines Konzerts, etwa von Peter Maffay, geführt. Spaß mache auch die gegenseitige kulturelle Bildung durch Ausstellungsbesuche wie zum Beispiel in der Hypo-Kunsthalle in München und Vorträge der Mitglieder über ihre beruflichen Fachgebiete oder andere Leidenschaften. Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen treten bekannte Künstler auf oder man fördert Unbekannte, so dass man auch hier immer Neues dazu lernt. Im Rotary Club ist man einfach in guter Gesellschaft.

Weil Cress selbst so viel davon hatte und hat, wird er seine "Regentschaft" als Präsident unter die Überschrift "Glück" stellen. Zu diesem Thema wird es in der nächsten Zeit Vorträge geben, Martin Fogt beispielsweise wird über "Beifall" sprechen. Damit hat auch Cress reichlich Erfahrung, er hat jahrelang wochenlange Tourneen auf riesigen Bühnen mit Tausenden von Zuschauern mitgemacht. Und der Beifall habe da durchaus zu seinem Glücksgefühl beitragen, gibt er zu. "Es ist wie alles Schöne, ob Liebe oder Erfolg, es macht eben leicht ein bisschen süchtig."

Sein Prinzip war und ist daher: Aufhören, wenn's am schönsten ist. Die Weltreisen sind vorbei, aber auch für die Tätigkeit daheim in Pullach sprudeln seine Ideen weiterhin unablässig. Bis Juli 2016 aber muss er sich ein klein wenig bremsen, da geht das Lesen von E-Mails, die den Rotary Club betreffen vor.

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