Grünwald:Offenes Ohr für Kinder und Lehrer

Die Martin-Kneidl-Grundschule in Grünwald hat seit Jahren Erfahrung in der Schulsozialarbeit. Am neuen Gymnasium werden die Schüler von Anfang an von Mitarbeitern des Kreisjugendrings begleitet

Von Claudia Wessel, Grünwald

"In jeder Pause gibt es bei meinen Jungs Ärger beim Fußballspielen. Ich brauche jedes Mal zehn Minuten der Unterrichtsstunde, um sie wieder zu beruhigen." Ein Lehrer, der dieses Problem hat, ist heutzutage nicht mehr allein. Jedenfalls weder in der Martin-Kneidl-Grundschule, noch im Gymnasium Grünwald. Denn in beiden Schulen gibt es Jugendsozialarbeit, in der Martin-Kneidl-Schule bereits seit dem Schuljahr 2007/8. Die Grünwalder Schule war eine der ersten der mittlerweile 24 Grundschulen im Landkreis München, die diese Form der Unterstützung für Lehrer und Schüler anbieten. Auch die meisten Gymnasien bieten diese inzwischen an. Träger der Jugendsozialarbeit ist der Kreisjugendring München-Land.

An den beiden Grünwalder Schulen gibt es jeweils zwei Sozialpädagogen, die in Fällen wie dem oben geschilderten übernehmen. Sie kommen in die Klasse und sprechen das strittige Thema an. Zum Schluss gehen im besten Falle die Streithanseln mit einem selbst gemachten Regelwerk auf den Fußballplatz. Und der Lehrer kann von der ersten Minute an wieder Unterricht machen.

Stefanie Hochhäuser und Florian Klimke sind in der Martin-Kneidl-Volksschule die Ansprechpartner, am Gymnasium haben Carolin Graf und Philipp Krause diese Aufgabe Anfang des Schuljahres übernommen. Neu in der Jugendsozialarbeit ist allerdings nur Graf, Krause war vorher bereits am Gymnasium in Kirchheim tätig. Wo es etwas anders zuging: 1200 Schüler und 130 Lehrer machen schon etwas mehr Arbeit als die rund 300 Schüler, die es bisher am Aufbaugymnasium Grünwald gibt.

Grünwald Jugendsozialarbeit

Schattenspiele auf dem Schulhof: Mit Aktionen wie dieser versuchen die Schulsozialarbeiter ein Vertrauensverhältnis zu den Schülern aufzubauen.

(Foto: privat)

Die außergewöhnliche Situation an einem wachsenden Gymnasium sehen die beiden jedoch gerade als große Chance: von Anfang an dabei zu sein, das bedeutet volle Akzeptanz sowie die Möglichkeit, so gut wie alle Schüler kennen zu lernen. Und ihr Vertrauen hoffentlich längst zu haben, wenn sie in die Pubertät kommen und vielleicht größere Probleme haben als Fußballspiele.

Ein Vertrauensverhältnis zu den Schülern ist ohnehin das Wichtigste, wie alle vier beteuern. Dafür tun sie aber auch sehr viel. In der Martin-Kneidl-Schule haben sich Hochhäuser und Klimke zwei kompetente Helfer angeschafft: Kater Kasimir und Lola. Diese beiden Handpuppen gewinnen die Kinder im Handumdrehen, wenn zum Beispiel Kasimir in die erste Klasse kommt und sagt, er brauche dringend Hilfe, um Lola aus einer Burg zu befreien. Dazu sind die Schüler natürlich sofort bereit und folgen gerne in die Turnhalle, wo eine "Burg" aus Kisten und ein Fluss aus Matten aufgebaut sind. Über den Fluss muss eine Brücke gebaut werden, die Einzelteile dafür verdient man sich mit Spielen, bei denen Kooperation, Zusammenhalt Vertrauen und Aufmerksamkeit gefragt sind. So erlernen die Kinder spielerisch "gute Eigenschaften". Drei mal vier Schulstunden bekommen die Sozialarbeiter in jeder ersten Klasse, sozusagen zum Kennenlernen.

Auch in den weiteren Stufen gibt es Projekte. Ein bedeutsames ist das Übergangsprojekt in die weiterführende Schule, das im vierten Schuljahr angeboten wird, und zwar vor der Entscheidung, auf welcher Schule es weitergehen wird. "Zeit für uns" heißt es und soll einen Tag Freiheit vom Schulstress bieten. Und unter anderem Ängste nehmen wie die, die Freunde zu verlieren, wenn diese auf eine andere Schule gehen. Neben den Projekten haben die Sozialarbeiter einfach eine offene Tür - für alle Probleme oder einfach nur ein Hallo und Fragen aller Art. "Soziale Erste Hilfe" nennen sie das.

Grünwald Jugendsozialarbeit

Philipp Krause und Carolin Graf sind für die Schulsozialarbeit im Gymnasium Grünwald zuständig.

(Foto: privat)

So ist es auch im Gymnasium. Das Kennenlernen der Schüler ist das Wichtigste. Das funktioniert durch Federballspielen in der Pause, durch diverse Projekte, etwa zur Gewaltprävention, aber auch im Skilager. Wer den beiden Sozialpädagogen erst einmal vertraut, der kommt auch zu ihnen - ganz gleich ob Lehrer, Schüler oder Eltern. Richtig schlimme Dinge wurden bisher an keinen der vier Grünwalder Sozialarbeiter herangetragen. Doch auch für diese wären sie gewappnet, dank ihrer Ausbildung. Sie wissen aber auch, dass sie nie alles erfahren werden, was ihre Schäfchen beschäftigt. Wichtig sei die Jugendsozialarbeit nicht zuletzt einfach auch, "um die Schule, ein jahrhundertelang geschlossenes System, im 21. Jahrhundert zu öffnen", sagt Philipp Krause.

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