Grünwald:"Man kann die Medien benutzen"

Grünwald: FDP-Kandidat mit Journalismushintergrund: Helmut Markwort im Gespräch mit Gemeinderat Matthias Schröder nach seinem Auftritt in Grünwald.

FDP-Kandidat mit Journalismushintergrund: Helmut Markwort im Gespräch mit Gemeinderat Matthias Schröder nach seinem Auftritt in Grünwald.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Der FDP-Kandidat und frühere "Focus"-Chefredakteur Markwort sinniert über das Verhältnis von Politik und Journalismus

Von Claudia Wessel, Grünwald

Helmut Markworts einleitender Satz war gleich eine Kampfansage: "Ich bin Mitglied bei den Tennisfreunden Grünwald." In diesem Verein versammeln sich die Gegner von Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU), wie in dem Ort jeder weiß, und sie möchten auch weiterhin um eigene Tennisplätze kämpfen. Wobei Markwort an ihrer Seite sein wird, wie er am Mittwoch im Alten Wirt in Grünwald betonte. Erst dann widmete er sich dem Thema seines ersten Wahlkampfauftritts als FDP-Landtagskandidat im Stimmkreis München-Land-Süd, der "Macht der Medien".

"Es gibt keine Objektivität, es geht immer auch nach den Vorlieben der Redakteure", sagte der 81-Jährige, der selbst seit 1956 journalistisch tätig ist. Er war Gründungschefredakteur des 1993 ins Leben gerufenen Nachrichtenmagazins Focus und moderiert seit 2007 den Sonntags-Stammtisch beim Bayerischen Fernsehen - das heißt, in letzterer Funktion pausiert er derzeit, weil er bei der FDP für den zur CSU gewechselten Tobias Thalhammer eingesprungen ist.

Interessante Interna aus dem Medienleben erfuhren die rund 80 Zuhörer an dem Abend. So etwa, dass mit dem BR eigentlich vereinbart gewesen sei, dass Markwort als Moderator sechs Wochen vor der Landtagswahl aufhören müsse. "Dann aber war es schon sechs Monate vorher soweit", berichtete Markwort. Man habe Anrufe bekommen, habe man beim BR gesagt. "Das muss eine wichtige Person gewesen sein", sagte Markwort. "Ich möchte ja nicht schon wieder Markus Söder verdächtigen." Diese Aussage brachte ihm Lacher aus dem Publikum ein, weil Markwort schon vorher von einem üblichen Vorgehen in den Medien geplaudert hatte, der Tätigkeit von Informanten: "Man munkelt, es war Söder, der den Medien seinerzeit gesteckt hat, dass Seehofer eine Geliebte in Berlin hat und dass diese ein Kind erwartet", verriet er. Was nicht überraschend gewesen sei, denn es seien oft Mitglieder derselben Partei, die brisante Informationen über Politiker bei der Presse lancierten. Und anhand solcher Exklusivinformationen werde durchaus versucht, die Medien zu beeinflussen. "Natürlich geht keiner zu einer angesehenen Zeitung oder einem Fernsehsender und sagt, ich gebe dir 1000 Euro, wenn du positiv über mich berichtest", sagte Markwort. "Aber man kann die Medien benutzen und genau im entscheidenden Moment etwas rausrücken."

Ein Problem sei auch immer das Verhältnis Nähe-Distanz. Als Politiker, der Journalisten gerne durch Nähe gewonnen habe, nannte er den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der zu sagen pflegte: "Ach komm, sag Gerd zu mir!" Als amüsantes Beispiel für zu viel Nähe nannte Markwort auch die Beziehung zwischen Focus-Journalistin Doris Köpf und Schröder. Markwort sei damals mit den beiden auf einer Pressereise gewesen, als sie ihm ihre Liaison gestanden hätten. "Da hatte ich natürlich erst mal ein Problem."

Und wie sieht es nun aus mit der Macht der Medien? "Ich glaube, die Macht wird immer stärker", findet Markwort. "Wer nicht drinsteht, ist nicht vorhanden." Die größte Macht gesteht Markwort den Talkshows zu. "Sie bestimmen das öffentliche Meinungsbild." Und sie seien das beste Beispiel für mangelnde Objektivität, denn sie hätten "die Dramaturgie eines Kasperltheaters, man braucht Oma, Kasperl, Teufel und Krokodil", in anderen Worten, die Leute, die eingeladen würden, sollten hauptsächlich für ein provokatives Gespräch gut sein. Und ihre Auswahl gehe eben vor allem "nach den Vorlieben des Redakteurs". "Ich weiß es, ich war oft in Talkshows", so Markwort. Anders ist es in den sozialen Medien, die Markwort als "asoziale Netze" bezeichnet. Twitter und Co. seien für Politiker sehr reizvoll, um Meinungen direkt an die Leute zu bringen. "Da ist kein Journalist dazwischen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: