Kulinarisches Erbe Bayern:Es lebe die Leberknödelsuppe

Kulinarisches Erbe Bayern: Koch Karsten Merker (links) hat sie gemeinsam mit seinem Chef Ulli Portenlänger zusammengestellt.

Koch Karsten Merker (links) hat sie gemeinsam mit seinem Chef Ulli Portenlänger zusammengestellt.

(Foto: Catherina Hess)

Im Alten Wirt in Grünwald kommen zwei Wochen lang traditionelle und zum Teil vergessene Spezialitäten auf den Tisch. Das kann auch mal Kuheuter sein.

Von Johanna Mayerhofer, Grünwald

Leberknödelsuppe, Kalbszunge und gefüllter Schweinebauch. Auf einer dunklen Schieferplatte präsentiert Ulli Portenlänger mit stolzem Lächeln die oberbayerischen Schmankerl. Was heute oft nur noch gestandene Liebhaber der bayerischen Küche begeistert, soll, wenn es nach dem Chef des Alten Wirtes geht, wieder Einzug in die Küchen des Freistaats halten. Mit seiner Grünwalder Pension beteiligt sich Portenlänger deshalb an den Aktionswochen "Kulinarisches Erbe Bayern auf dem Teller".

Weg vom Lederhosen-Image

"Was früher in Bayern gekocht wurde, ist in dem Lederhosen-Image von heute völlig untergegangen", sagt Portenlänger. Der Grünwalder und seine Mannschaft um Chefkoch Karsten Merker möchten mit Vorurteilen gegenüber der bayerischen Küche aufräumen - und zeigen, dass Bayern abseits von Schweinsbraten und Leberkäs eine vielfältige Essenskultur zu bieten hat. Unterstützung erhält er dabei vom Verein Kulinarisches Erbe Bayern. Dessen Mitglieder, Organisationen und Verbände aus dem Lebensmittelhandwerk, möchten traditionelles und bäuerliches Lebensmittelhandwerk unterstützen und wiederbeleben.

"Gastronomiebetriebe wie den Alten Wirt sprechen wir an und hoffen auf ihre Mitwirkung", sagt Johannes Bucej, Vorstandsmitglied des 2010 gegründeten Vereins, "als tragende Säule verarbeiten sie schließlich die Erzeugnisse aus dem Bäcker- und Fleischerhandwerk und bringen sie in die kulinarische Alltagskultur." Die Grünwalder Pension vertritt in den Aktionswochen den Bezirk Oberbayern. Auch zwei Restaurants aus der Oberpfalz und Oberfranken nehmen noch bis zum 3. Mai traditionelle, regionale Spezialitäten in ihre Karte mit auf. "Wir verstehen die Wochen als Auftaktveranstaltung", sagt Bucej. In den kommenden Jahren sollen weitere Regionen und Restaurants folgen.

Der Koch kommt aus dem Schwäbischen

"Ich komme nicht gebürtig aus München, sondern aus dem schwäbischen Raum", sagt Karsten Merker. Der Chefkoch des Alten Wirtes musste sich deshalb auf seinen Chef und dessen Heimatwissen verlassen: "Er hat mir Vorschläge gemacht und mir Lebensmittel aufgeschrieben, die eher nur noch selten verarbeitet werden." Daraus hätten sich dann nach einiger Zeit und einigen Versuchen die Gerichte entwickelt. Herausgekommen ist eine Auswahl an fünf Gerichten, die nicht nur Fleischesser ansprechen sollen. "Die bayerische Küche bietet in ihrem Ursprung auch viele vegetarische Gerichte", sagt Portenlänger. "Früher war Fleisch ein Luxusprodukt, und man hat überwiegend mit Gemüse gekocht", ergänzt Merker. Die Gäste des Alten Wirtes können deshalb während der Aktionswochen auch fleischlose Spinatknödel mit Schwammerl genießen.

Kulinarisches Erbe Bayern: Im Alten Wirt kommen in dieser und der nächsten Woche traditionelle Gerichte auf den Tisch, die man sonst nur selten auf der Speisekarte findet.

Im Alten Wirt kommen in dieser und der nächsten Woche traditionelle Gerichte auf den Tisch, die man sonst nur selten auf der Speisekarte findet.

(Foto: Catherina Hess)

Für die Dessert-Liebhaber hat der Hotelchef auch etwas in petto: "Die Bayerisch Creme mag jeder, aber keiner macht sie gerne zu Hause." Das Schlagen der rohen Eier, das Einrühren der warmen Milch - das sei eine heikle Angelegenheit. "Die Mühe macht sich kaum einer." Das sei auch einer der Gründe, warum die Spezialitäten in Vergessenheit gerieten, sagt Bucej. "Vor allem die aufwendige und oft zeitintensive Herstellung schreckt die Menschen ab." Zudem seien die Großeltern oft bewanderter, was traditionelle Gerichte anbelangt. "Noch ist die Generation vorhanden, also sollte man jetzt anfangen, die Gerichte wiederzubeleben."

Das ganze Tier wird verarbeitet

Chefkoch Karsten Merker schätzt an den Aktionswochen vor allem die Rückbesinnung zum Ursprung der Fleischverarbeitung: "Früher hat man Wert darauf gelegt, von Kopf bis Fuß alles vom Tier zu verwenden, auch die Innereien." In der heutigen Luxusgesellschaft wollten die Leute nur noch die Edelteile wie Schulter oder Rücken. "Dass man jedes Teil wieder wertschätzt, finde ich gut." Die Küche des Alten Wirts verarbeitet dabei nur Produkte aus 100 Prozent biologischem Anbau. Für Portenlänger eine Selbstverständlichkeit: "Bei meinem Großvater war ja im Grunde auch alles Bio." Vor allem mit kleinen Betrieben und Kleinbauern arbeite er zusammen.

Über 250 Spezialitäten aus den sieben Regionen hat der Verein Kulinarisches Erbe Bayern bereits gesammelt und in einer Datenbank hinterlegt. "Da ist noch viel Potenzial für viele Gerichte vorhanden", sagt Bucej. Auch Merker hat noch viele Ideen für die Speisekarte des Alten Wirtes: "Auch eher untypisch ist Kuheuter. Das schmeckt aber wirklich sehr gut."

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