Grenznah betrachtet:Omas Haus darf stehen bleiben

Das Zittern hat ein Ende: Wie die Siedlung "Am Hierlbach" inmitten von Äckern und Wiesen direkt an der Grenze Unterföhrings legal wurde.

Walter Jecho steht die Freude ins Gesicht geschrieben. Seit genau einem Jahr, sagt er, "ist es amtlich, dass wir legal sind." Jecho ist Vorsitzender der Interessenvereinigung Am Hierlbach. Für ihn ist der Kampf um die Siedlung am Rande der Stadt, wo Johanneskirchen längst zu Ende ist und Unterföhring ganz nah, immer noch eine Lebensaufgabe. Dass die Häuser seit September 2016 offiziell keine Schwarzbauten mehr sind, findet er "einfach großartig".

Das Grundstück von Jecho, 68, und seiner Frau ist eines der 34 Anwesen, die zur Siedlung Am Hierlbach gehören. Einem Ort, der so gar nichts Münchnerisches hat und dessen Bauten schwarz errichtet wurden, nun aber stehen bleiben oder nach Vorgaben eines Bebauungsplanes erneuert werden dürfen. In den Dreißigerjahren wurden die Flächen als Gartengrundstücke von Veteranen des Ersten Weltkriegs genutzt. Wer es sich leisten konnte, stellte einen kleinen Schuppen auf. Wohnhäuser freilich waren dort nie vorgesehen. Die Wohnungsnot und der Zustrom von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg aber ließen viele Menschen hier draußen eine improvisierte neue Heimat finden. Auch Jechos Großmutter gehörte dazu. Jecho, der in Schwabing aufwuchs, verbrachte einen Großteil seiner Kindheit da draußen am Hierlbach bei der Oma. 1962 wurde die Siedlung ans Stromnetz angeschlossen, 1972 folgte der Anschluss an das städtische Wassernetz, 2012 wurde die Kanalisation errichtet.

Seit bald 40 Jahren steht der pensionierte Ingenieur der Interessenvereinigung Am Hierlbach vor - eine lange Zeit voller Unsicherheit. Zweimal, 1967 und 1988, flatterten den Bewohnern Absiedelungsbescheide ins Haus, was ihnen natürlich große Angst machte. Doch nun hat das Zittern ein Ende. Die Zukunft der 34 Häuser im nordöstlichen Zipfel von Johanneskirchen inmitten von Äckern und Wiesen direkt an der Grenze zur Gemeinde Unterföhring ist gesichert. Im Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt München ist statt der bisherigen Landwirtschaftsfläche ein reines Wohngebiet eingetragen. Damit wurde es möglich, nachträglich einen Bebauungsplan aufzustellen und die Siedlung zu legalisieren. "Die Zeit ist uns ein großer Freund gewesen", sagt Jecho über das Erreichte. Jetzt müssten ein Spielplatz gebaut und die Straße hergerichtet werden.

Die Häuser der Siedlung liegen zu beiden Seiten einer knapp 500 Meter langen Stichstraße, die ebenfalls "Am Hierlbach" heißt und vom Gleißachweg auf Unterföhringer Flur abzweigt. Von der Münchner Seite aus ist die Siedlung mit dem Auto schwer zu erreichen. Man gehöre zwar offiziell zur Landeshauptstadt, aber irgendwie auch nicht, sagt Walter Jecho. Unterföhring ist viel näher, die Hierlbacher dürfen mit Ausnahmegenehmigungen aus ihrem gallischen Dorf über einen Schleichweg zur Kreisstraße M 3 fahren.

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