Gewerbegebiet Keferloh:Haar droht Grasbrunn mit Klage

Gewerbegebiet Keferloh: Die Haarer sehen in Keferloh einen "Siedlungssplitter im Außenbereich" und verweisen auf die Tradition des Keferloher Montags (im Bild ein Ochsengespann beim Pflügen im vergangenen Jahr).

Die Haarer sehen in Keferloh einen "Siedlungssplitter im Außenbereich" und verweisen auf die Tradition des Keferloher Montags (im Bild ein Ochsengespann beim Pflügen im vergangenen Jahr).

(Foto: Claus Schunk)

Im Streit um die Pläne der Nachbargemeinde für ein Gewerbegebiet in Keferloh verschärfen die Kommunalpolitiker den Ton. Eine Protestnote ans Rathaus lässt einen Prozess erwarten.

Von Bernhard Lohr, Haar

Der Weihnachtsfriede zwischen Haar und Grasbrunn ist offenbar vorbei. Die Haarer Gemeinderäte haben sich am Dienstagabend im Bauausschuss jedenfalls als Freunde des klaren Wortes gezeigt und im Streit um die Pläne für ein Gewerbegebiet in Keferloh in Richtung der Nachbarn ein paar verbale Salven abgefeuert.

Alexander Zill (SPD) sprach von einem "Verbrechen", das dort begangen werde. Und Dietrich Keymer (CSU) nahm offenkundig bewusst das Wort "Prozess" in den Mund. Die Wahrscheinlichkeit ist also gestiegen, dass Haar gegen die Grasbrunner Pläne klagen wird.

Beschlossen ist das freilich noch nicht. Allerdings verabschiedete der Ausschuss in öffentlicher Sitzung einstimmig ein Papier, in dem die Nachbarn aufgefordert werden, ihre Planungen einzustellen. Die Stellungnahme im laufenden Verfahren zur Änderung der Bauleitplanung geht über die bekannten Kritikpunkte noch hinaus und liest sich in Teilen schon wie eine Klagebegründung. So kritisieren die Haarer einen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot, weil man - statt eine "inhaltliche und materielle" Debatte zu führen - mit Fakten konfrontiert worden sei. Unter Verweis auf ein eigens erstelltes Gutachten prognostiziert Haar, dass ohne einen Umbau der Kreuzung der B 471 mit der B 304 in Haar der zusätzliche, durch das Gewerbegebiet hervorgerufene Verkehr nicht bewältigt werden kann.

Klarer als bisher fasst die Gemeinde Haar ihre Argumente zusammen, die aus landesplanerischer Sicht gegen eine Gewerbeansiedlung an dem "Siedlungssplitter im Außenbereich" sprechen, wie Keferloh bezeichnet wird. Dabei sieht Haar offenbar einen Hebel, um die Gewerbepläne zu stoppen darin, dass die vor Jahrzehnten errichtete Tennis-, Badminton- und Squash-Anlage in Keferloh bisher nicht im Flächennutzungsplan dargestellt ist und landläufig als Schwarzbau bezeichnet wird. Es fehle eine prägende Bebauung in Keferloh, die dieses zu einem Ortsteil mache, an den ein Gewerbegebiet angebunden werden könnte. Es würde eine "unorganische Siedlungsentwicklung" eingeleitet.

Ein kulturhistorisch bedeutsamer Ort

Tatsächlich sieht man im Haarer Gemeinderat quer durch alle Fraktionen den wenige hundert Meter von der südlichen Ortsgrenze gelegenen Weiler Keferloh als kulturhistorisch bedeutsamen Ort, der durch die Grasbrunner Pläne zerstört würde. Es ist im Schatten der romanischen Kirche St. Aegidius Schauplatz des auf eine mehr als tausendjährige Tradition zurückweisenden Keferloher Montags. Der Markt, der vielen auch als Vorläufer des Oktoberfests gilt und dem der steinerne Bierkrug den Namen Keferloher verdankt, soll in seinen Ursprüngen bis auf die Ungarnkriege Ottos des Großen zurückgehen. Dort wurden angeblich die erbeuteten Pferde der vertriebenen Invasoren aus dem Osten verkauft.

Jedenfalls zeigte sich SPD-Fraktionschef Zill tief enttäuscht von der Haltung Grasbrunns und auch übergeordneter Stellen, die im Begriff seien, das Gewerbegebiet durchzuwinken. "Das ist gängige Politik in Bayern", sagte er auch mit Blick auf die Debatte über die von Finanzminister Markus Söder propagierte Lockerung des Anbindegebots für Gewerbegebiete. "Solche Verbrechen" fänden dort Rückendeckung, sagte er. Tatsächlich hat der Regionale Planungsverband bisher in seinen Stellungnahmen sein Einverständnis mit den Gewerbeplänen Grasbrunns signalisiert.

Die Vollversammlung lehnte jüngst auch ab, auf Haarer Antrag hin Keferloh zur zu schützenden Rodungsinsel zu erklären. Wie Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) berichtete, wurde allerdings ein Bereich zwischen Haar und Keferloh als Grünzug ausgewiesen. Damit wäre dort Bebauung ausgeschlossen - aus Müllers Sicht ein durchaus bemerkenswerter Erfolg.

Doch besänftigt zeigte sich sonst niemand dadurch. In ihrer Protestnote, die jetzt direkt ans Grasbrunner Rathaus geht, kritisieren die Haarer nicht zuletzt, dass Grasbrunn alternative Standorte für ein Gewerbegebiet nur mangelhaft geprüft hat. Ein Verweis auf fehlende Flächen und mögliche Bürgerproteste an anderem Ort seien jedenfalls zu wenig.

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