Grasbrunn:Legendäres Keferloh

Grasbrunn: Autor und Seele des Markts: Anton Reichlmair mit Buch und Keferloher - dem Vorläufer des Masskrugs.

Autor und Seele des Markts: Anton Reichlmair mit Buch und Keferloher - dem Vorläufer des Masskrugs.

(Foto: Claus Schunk)

Ein neues Buch widmet sich dem Jahrhunderte alten Markt

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Was für einen schlechten Ruf der kleine Weiler vor 150 Jahren hatte, ist an diesem sonnig warmen Sommertag nur schwer vorstellbar. Die Tische unter den Kastanien im Biergarten sind mit weiß-blau karierten Tüchern gedeckt, in den Porzellanschüsseln dampfen die Weißwürste und die Schuhabsätze der Bedienung im feschen Dirndl knirschen im Kies, als Rolf Katzendobler Anekdoten über den Keferloher Montag zum Besten gibt, jenen Vieh- und Bauernmarkt, der seit mehr als tausend Jahren immer Anfang September im Münchner Osten stattfindet. Damals, sagt der Grasbrunner Ortshistoriker, habe die Gendarmerie den Keferloher Montag gefürchtet. "Der Tag war in den Kalendern rot eingezeichnet."

Brutale Zustände hätten nicht nur rund um das Fest geherrscht, die Betrunkenen hätten auf dem Heimweg nach München, der gut und gerne auch mal zwei Wochen dauern konnte, in den Wirtshäusern schlimmste Zechgelage gefeiert. "Das waren noch Räusche", bestätigt Anton Reichlmair, als könnte er sich selbst daran erinnern. Kann er natürlich nicht, aber seit den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts hat der Kirchheimer keinen Keferloher Montag ausgelassen. Mehr noch: Als Mitorganisator, Motor und gute Seele des Marktes, wie der Münchner Verleger Alois Knürr ihn nennt, hat Reichlmair dafür gesorgt, dass der Keferloher Montag auch als Laufsteg für die bayerische und politische Prominenz über die Landkreisgrenzen hinaus berühmt wurde. "Der Toni bringt sie alle" - unter diesem Motto holte Reichlmair Stoiber, Seehofer, Guttenberg und sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Festzelt nach Keferloh.

Zu seinem 90. Geburtstag, den er diese Woche feierte, hat sich Reichlmair sozusagen selbst beschenkt: Pünktlich zum Fest kam das von ihm herausgegebene Buch "Der Keferloher Markt" heraus. Ein "Meisterwerk" und Reichlmairs "Lebenswerk", wie Alois Knürr, in dessen Verlag das Buch entstanden ist, bei der Pressepräsentation sagte, die - wie könnte es anders sein? - im Keferloher Gasthaus stattfand. Auf 184 Seiten und in vielen Bildern ist die gesamte Geschichte des Keferloher Marktes dokumentiert, der einer Legende nach ins Jahr 955 zurückreichen soll, als angeblich auf einem Feld bei Keferloh die Pferde der auf dem Lechfeld besiegten ungarischen Reiter verkauft wurden. Belegt ist das zwar nicht, aber sicher ist, dass der Festtag, der sich im Laufe der Jahre aus einem Pferde- und Viehmarkt zum größten Landwirtschafts- und Bierfest weit und breit entwickelte und als Vorläufer der Münchner Wiesn gilt. Auch ist das Fast sozusagen die Wiege des Masskrugs, des Keferlohers eben.

Freilich erlebte der Markt so einige Aufs und Abs. Schon in den Siebzigern wurde er einmal öffentlichkeitswirksam mit Sarg und Bestatter zu Grabe getragen. Damals wurde die Viehschau eingestellt. Und 1995 schien der Markt endgültig beerdigt. Beim Weihnachtsmarkt in Dezember habe er gerade ein Glas Glühwein getrunken, erinnert sich Reichlmair, als der Direktor der Finck'schen Agrargesellschaft zu ihm gesagt habe: "Reichlmair, es nutzt gar nichts. Das muss einer fest in die Hand nehmen, sonst wird es nie etwas."

Anton Reichlmair nahm den Auftrag an und gemeinsam mit dem Bauernverband und Gleichgesinnten führte er den Markt zu neuen Rekorden - und auch durch neue Krisen, etwa den Wechsel von Festwirten. Die "Freunde des Keferloher Montags", wie sich der Kreis der Organisatoren nennt, unterstützte ihn denn auch ebenso wie Heimatchronist Katzendobler bei der Herausgabe des Buches. Dieses ist allerdings weniger eine Ansammlung bunter Geschichten und unterhaltsamer Anekdoten, wie man angesichts der persönlichen Verbindung des Autors und Herausgebers vermuten könnte. Neben einer von Katzendobler verfassten Chronik findet sich ein Nachdruck des Büchleins von Hannes Burger "Beim Kreitmair in Keferloh" aus dem Jahr 1994 sowie eine Aneinanderreihung von Zeitungsartikeln und Fotos. Dazu eine Reihe Grußworte, etwa vom alten und neuen Ministerpräsidenten. Die Beiträge des Protagonisten beschränken sich auf kurze Einleitungstexte zu den einzelnen Teilen des Buches. Die anfängliche Auflage von 800 Exemplare dürfte daher reichen.

Für wahre Freunde des Keferloher Montags mag das Buch aber dennoch eine schöne Erinnerung sein, und für zehn Euro noch dazu eine erschwingliche und dank des durchaus hochwertigen Drucks auch wertvolle. Zu erstehen ist es im örtlichen Buchhandel und sogar bei einem bekannten großen Online-Versandhandel - und natürlich auch am 3. September beim nächsten Keferloher Montag.

Ob zu diesem allerdings wieder 6000 Besucher ins Festzelt kommen, wie etwa bei Merkel und Guttenberg? Abwarten. Bisher ist heuer lediglich Bayerns neuer Finanzminister Albert Füracker angekündigt.

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