Grasbrunn:Die Überpflüger

Grasbrunn: Bloß umgewühlte Erde? Von wegen. Beim Preisackern kommt es darauf an, dass am Ende alles möglichst ordentlich aussieht.

Bloß umgewühlte Erde? Von wegen. Beim Preisackern kommt es darauf an, dass am Ende alles möglichst ordentlich aussieht.

(Foto: Claus Schunk)

Nach jahrelanger Pause findet am Keferloher Montag wieder ein Wettbewerb statt, der die Landwirte auf eine harte Probe stellt - trotz großer Maschinen.

Von Christina Hertel, Grasbrunn

Andreas Schmid, genannt Anderl, steigt ohne ein Wort zu sagen aus seinem Traktor. Mit dem Metermaß in der Hand stapft er über das Feld, steckt es in die Erde, ein paar Meter weiter wieder und wieder und wieder. Dann kommt er zurück und sieht irgendwie nicht besonders zufrieden aus. Alles klar? "Passt scho'." Andreas Schmid ist 23 Jahre alt, trägt Lederhose und Trachtenjanker, hat blonde Haare, ein bisschen Stoppelbart und nimmt am Preispflügen in Keferloh teil. Sein Ziel: Sein Acker soll schöner und genauer gepflügt sein als der seiner neun Mitstreiter. Doch das ist offenbar gar nicht so einfach.

Die Mischung aus Tradition und Fortschritt bestimmt das Fest

Das Preispflügen fand früher jedes Jahr auf dem Keferloher Montag statt, aber jetzt gab es den Wettbewerb schon seit 20 Jahren nicht mehr. Damals war das Pflügen noch Teil der Ausbildung zum Landwirt. Aber irgendwann wurde es aus dem Lehrplan gestrichen. "Wegrationalisiert" nennt es Emmeran Bock, der oberste Schiedsrichter in diesem Wettkampf und Landwirt aus Rosenheim. Zusammen mit sieben weiteren begutachtet er, ob die Furchen gerade sind, die Erde gleichmäßig auf dem Acker verteilt ist und ob keine Grashalme und kein Unkraut mehr herausschauen. Und je nach dem, wie gut die Teilnehmer das machen, vergeben die Schiedsrichter Punkte. So genau, sagt Bock, nehme es zwar kein Landwirt bei seiner täglichen Arbeit. Trotzdem halte er es für wichtig, dass die jungen Bauern gut pflügen können. "Wenn man es richtig macht, kann man Pestizide sparen." Bock glaubt daran, dass es trotz neuer Technik und moderner Maschinen eine Rückbesinnung auf die Wurzeln braucht. Und diese Mischung aus Tradition und Fortschritt sieht man überall auf dem Fest.

Grasbrunn: Die Schiedsrichter messen streng, ob die Furchen der jungen Bauern auch gerade und gleichmäßig tief sind.

Die Schiedsrichter messen streng, ob die Furchen der jungen Bauern auch gerade und gleichmäßig tief sind.

(Foto: Claus Schunk)

Früher war der Keferloher Montag das größte Volksfest in Bayern, bis das Oktoberfest kam und es immer mehr Menschen auf die Theresienwiese zog als nach Grasbrunn. Der Verein Keferloher Freunde versucht seit einigen Jahren das Fest wiederzubeleben. Aber weil der Keferloher Montag nicht nur ein Vorglühen für die Wiesn sein will, sondern etwas ganz eigenes, braucht er auch eigene Attraktionen. Und dabei ist die Traditionspflege sozusagen die Schaumkrone auf dem Bier. Während am Wochenende in dem Festzelt noch Politiker ihre Wahlkampfreden hielten, geht es am Montag um Wald, Felder, Tiere. Die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) spricht und Philipp zu Guttenberg, der Präsident der Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände.

Bis die Wiesn kam, war der Keferloher Montag Bayerns größtes Volksfest

Manche der Besucher tragen den traditionellen Strohhut, die meisten kommen in Dirndl und Lederhosen. In den Buden bieten Verkäufer Salami und Käse an, aber auch Staubsauger und teuren Wodka. In einem Gehege steht ein Bulle, dessen Gewicht die Gäste schätzen dürfen. Wer am nächsten dran ist, bekommt einen Preis. Eine blonde Frau hält das für Tierquälerei und will wissen, ob nicht endlich jemand dem Bullen etwas Wasser bringen könne. Ein paar ältere Männer mit Schnauzern und festen Schuhen schütteln bloß den Kopf. Einen Pferdemarkt gibt es in Keferloh zwar nicht mehr. "Dafür einen Pferdestärken-Markt", sagt Josef Hornburger, 61 Jahre alt, Landwirt aus Heimstetten. Damit meint er die Maschinenausstellung, die er organisiert - ebenso wie das Preispflügen. Hornburger trägt Gummistiefel und eine grüne Cordhose und sieht an diesem Montag sehr glücklich aus. Denn zu dem Pflugwettbewerb sind mehr Leute gekommen, als er erwartet hatte. Zehn Jungbauern aus München und Rosenheim machen mit, ungefähr hundert Leute schauen zu.

Andreas Schmid sitzt inzwischen wieder in seinem Traktor. Es gibt ziemlich viele Knöpfe und Schalter, die er bedienen muss. Seine Messungen vorhin haben ergeben, dass er nicht tief genug gepflügt hat. 18 Zentimeter sollten es sein, das hat er noch nicht ganz geschafft, also muss er nachjustieren. Die ganze Technik, die ganzen Knöpfchen und Schalterchen, meint Schiedsrichter Emmeran Bock, nützen den Teilnehmern nichts. "Jede Maschine ist nur so gut wie der, der sie führt." Noch nie seien die Pflüge bei dem Wettbewerb in Keferloh so groß gewesen, noch nie die Maschinen so stark. Aber in den vergangenen 20 Jahren habe sich die Landwirtschaft eben verändert. "Dieses Feld hier", sagt Bock und deutet in die Ferne, "haben früher fünf, sechs Bauern bewirtschaftet - heute macht das einer."

Die Ochsen Wastl und Monaco Franze zeigen, wie pflügen früher ging

Die Maschinen werden größer, die Zahl der Landwirte wird kleiner. Und trotzdem sollen die Leute auf dem Keferloher Montag sehen, wie es früher war. Dafür ist Helmut Stocker da. Und Wastl und Monaco Franze - seine beiden Ochsen. Stocker führt mit ihnen vor, wie Pflügen früher einmal funktionierte. "Ich bin eigentlich nur da, dass die Leute auch mal sehen, wie ein Ochse aussieht", sagt er.

Grasbrunn: Damit die Leute auch mal einen Ochsen sehen, hat Helmut Stocker Wastl und Monaco Franze mitgebracht.

Damit die Leute auch mal einen Ochsen sehen, hat Helmut Stocker Wastl und Monaco Franze mitgebracht.

(Foto: Claus Schunk)

Nach zwei Stunden sind alle Felder gepflügt. Andreas Schmid macht sich auf ins Zelt, zu einer kühlen Mass. Was er noch nicht weiß: Später wird er noch einen Grund zum Anstoßen haben - beim Pflugwettbewerb wird der Hergoldinger Dritter und gewinnt 500 Euro.

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