Geothermie:Nicht für lau

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Die Geothermieanlage von Aschheim, Kirchheim und Feldkirchen stößt an ihre Grenzen. Wenn weitere Gebäude angeschlossen werden sollen, müssen die Kommunen in zusätzliche Bohrungen investieren. Die SPD will darüber in einer Sondersitzung der Gemeinderäte diskutieren.

Von Christina Hertel, Aschheim/Feldkirchen/Kirchheim

Erfolgsprojekt oder Draufzahlgeschäft? Fakt ist: Für die Geothermie haben die Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim schon jetzt viel Geld in die Hand genommen. Bis Ende 2015 investierten sie fast 50 Millionen Euro eigenes Kapital. Nun müssen sich die Kommunen entscheiden, wie das Projekt weitergeht. Wenn kein Stillstand eintreten soll, müssen bald weitere Bohrungen erfolgen, die Netze weiter ausgebaut werden. Kostenpunkt: etwa 20 Millionen Euro. Die SPD in Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim jedoch fühlt sich schlecht informiert und fordert eine Sondersitzung aller drei Gemeinderäte sowie die Ernennung eines neuen Geschäftsführers.

Vor neun Jahren wurde die AFK-Geothermie GmbH gegründet. Gesellschafter sind die Gemeinden Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim, alle drei zahlen gleichhohe Einlagen, sind also gleichermaßen finanziell beteiligt. Bis jetzt wurden etwa 5000 Haushalte an die Geothermie angeschlossen, etwa 60 Kilometer Leitungen verlegt. Für den Kirchheimer Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden Maximilian Böltl (CSU) eine Erfolgsgeschichte: "Wir können voll und ganz zufrieden sein."

Für Unternehmen ist die Geothermie attraktiv

Dort, wo das Netz ausgebaut wurde, seien immer mehr Anschlüsse dazugekommen als zunächst gedacht - vor allem in den Gewerbegebieten, weil Geothermie immer in Verbindung mit einem Glasfaseranschluss angeboten wird. Für viele Unternehmen, so Böltl, sei das attraktiv. Doch tatsächlich gibt es auch bei der AFK ein Problem: den günstigen Ölpreis.

"Momentan geht der Netzausbau langsamer voran", sagt Manfred Durner, der Geschäftsführer der AKF-Geothermie. Von 2013 bis 2018, so hatten es die Kommunen beschlossen, sollten jedes Jahr drei Millionen Euro für den Ausbau bereitgestellt werden. Das Geld kommt zur Hälfte aus eigenem Kapital, zur Hälfte aus einem Darlehen. Durner vermutet, dass bis 2018 nicht alle Mittel aufgebraucht sind.

Etwa zwei Jahre länger könnte noch Geld für den Netzausbau übrig sein. Der Grund: "Die Heizölpreise sind zurzeit niedrig und das macht es schwieriger, Kunden für die Geothermie zu gewinnen", sagt Durner. Ein Problem, mit dem auch andere Kommunen zu kämpfen haben. In Baierbrunn etwa sind Großkunden wegen der günstigen Öl- und Gaspreise momentan nicht an Geothermie interessiert.

Böltl rechnet mit zehn Millionen Euro für weitere Bohrungen

Schwierig ist die Akquise für die AFK-Geothermie derzeit auch deshalb, weil nicht klar ist, wie es mit dem Projekt weitergeht. "Ich kann nicht für etwas werben", sagt Geschäftsführer Durner, "was ich möglicherweise bald nicht mehr zur Verfügung stellen kann." Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim müssten sich erst dafür entscheiden, noch einmal zu investieren. Böltl rechnet mit zehn Millionen Euro für weitere Bohrungen und mit noch einmal genauso viel für den Netzausbau. Bis Ende März soll laut dem Aufsichtsratsvorsitzenden eine Entscheidung darüber getroffen sein: "Wir brauchen Planungssicherheit für unsere Neubaugebiete."

Gerade wird der Bereich südlich von Heimstetten und Feldkirchen untersucht, ob er für Bohrungen in Frage kommt. Aus Böltls Sicht spricht viel dafür, das Projekt weiter voranzutreiben: "Die Zinsen sind niedrig und die Bohrungen günstiger als früher." Klar ist allerdings auch: Die drei Gemeinden müssen sich diesen Schritt leisten können - und wollen.

Noch trägt sich das Unternehmen nicht von selbst. Mit Rückflüssen rechnet Böltl erst im Jahr 2030. Doch für ihn ist eine Entscheidung über die Geothermie nicht nur eine finanzielle: "Es ist auch ein Umweltprojekt." Genauso wird das in Aschheim gesehen. "Deshalb positionieren wir uns für weitere Bohrungen", sagt der Geschäftsführer der Gemeinde, Christian Schürer.

Die SPD fordert eine Sondersitzung aller Gemeinderäte

Den Kirchheimer Gemeinderat Marcel Prohaska (SPD) stört jedoch die Informationspolitik des Geothermieunternehmens. "Um eine Entscheidung zu treffen, bräuchten wir konkrete Zahlen." Seine Fraktion habe den Eindruck, nur dann informiert zu werden, wenn weiteres Geld fließen soll. Die Kirchheimer Sozialdemokraten fordern deshalb gemeinsam mit der SPD-Fraktionen aus Aschheim und Feldkirchen eine Sondersitzung aller Gemeinderäte.

Das geht aus einer gemeinsamen Presseerklärung hervor. Darin sprechen sie sich außerdem dafür aus, einen neuen Geschäftsführer zu ernennen. Manfred Durner ist 70 Jahre alt und war früher Geschäftsleiter der Gemeinde Aschheim. Die AFK hätte er eigentlich nur interimsmäßig leiten sollen, hat diese Position nun aber schon seit mehr als zwei Jahren inne. Er selbst sagt, dass er das Amt so lange ausführen werde, bis sich jemand anderes gefunden habe.

SPD-Gemeinderat Prohaska hat noch einen weiteren Kritikpunkt: die Akquise. "Wir haben den Eindruck, dass gerade bei der Netzverdichtung nicht allzu viel passiert." In einem regelmäßigen Zeitraum, so fordert er, sollte das Unternehmen durch die bereits erschlossenen Gebiete ziehen und aktiv die Haushalte ansprechen, die noch nicht angeschlossen sind, um das Netz zu verdichten. Die Unzufriedenheit - wenn auch nur über die Informationsweitergabe - kann der Aufsichtsratsvorsitzende Böltl nachvollziehen. "Ich verstehe die Ungeduld." Doch zunächst müsse man abwarten, was bei der Suche nach einem weiteren Bohrgebiet herauskomme.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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