Geflügelschau:Flatterhafte Exoten

Bei der Ausstellung in Höhenkirchen-Siegertsbrunn geht es vor allem um Ästhetik und nicht zuletzt seit der Vogelgrippe um das Wohl der Tiere. Und um einen Trend: Immer mehr junge Familien wollen sich Hühner für den eigenen Garten zulegen

Von Nadja Tausche, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Von einem Ende zum anderen reiht sich Käfig an Käfig. Dort, wo sonst die Turner den Umschwung üben und die Basketballer den Dunk versuchen. Es wird gegurrt, gepickt, geflattert und geschabt - von den bunten, manchmal etwas exotisch anmutenden Protagonisten.

Es hat schon lange keine Bezirksgeflügelschau mehr im Landkreis München gegeben. Im Bezirk Oberbayern findet zwar jährlich die Veranstaltung statt. Nur eben nicht mehr im teuren Großraum München, wo die Kleintierzucht keine allzu große Rolle mehr spielt. "Wer kauft hier einen Quadratmeter mehr, um Tiere zu züchten?", fragt dementsprechend Max Michl, Vorsitzender des Verbands bayerischer Rassegeflügelzucht in Oberbayern.

Am Wochenende aber war es doch mal wieder so weit - und das aus einem ganz besonderen Anlass: Der Kleintierzuchtverein Höhenkirchen-Siegertsbrunn feiert seinen 25. Geburtstag. Und zwar mit der Bezirksgeflügelschau, 83 Züchtern und mehr als 700 Tieren.

Darunter schlichte, grau-braune Tauben, wie sie jeder von der Straße kennt. Aber auch ausgefallene mit langen, farbenfrohen Federn an den Füßen. In anderen Käfigen picken Hähne in den Spänen ihrer Käfigböden herum, sie sind schwarz, goldbraun oder auch bunt geschuppt. Im hinteren Teil der Halle sind Gänse untergebracht. Wenn sie sich strecken, sind sie mehr als einen Meter groß. In der Mitte der Höhenkirchener Mehrzweckhalle Halle teilen sich einige der Tauben einen größeren Käfig, sie flattern auf und die Sägespäne fliegen aus dem Metallgitter auf den Hallenboden. An jedem der Käfige hängt ein Schild: Darauf steht eine Beschreibung des Tieres, eine Bewertung - sowie die Rubrik "Fehler/Mängel".

Geflügelschau: Ganz schön aufgeplustert: Diese Henne besticht durch ein recht dichtes Federkleid über der Kehle.

Ganz schön aufgeplustert: Diese Henne besticht durch ein recht dichtes Federkleid über der Kehle.

(Foto: Claus Schunk)

Die Bewertungsspanne für die Tiere reicht von "ungenügend" bis "vorzüglich". Neun Preisrichter haben die Tiere am Vortag bewertet, wie Ausstellungsleiter Heinrich Hess, der Chef des örtlichen Zuchtvereins, sagt. Die Züchter der Tiere mit den besten Bewertungen bekommen einen kleinen Geldbetrag und jeweils einen Wimpel des Verbands bayerischer Rassegeflügelzucht in Oberbayern oder ein Jubiläumsband vom Kleintierzuchtverein Höhenkirchen-Siegertsbrunn selbst. Die Jugendzüchter unter den Gewinnern erhalten einen Pokal.

Die Schau zieht aber nicht nur Züchter an, sondern auch junge Familien mit Kindern. "Es ist im Moment im Trend, drei bis vier Hühner im Garten zu halten", sagt Hess. Das ist etwa der Plan von Magret Thasler. Die eigenen Eier aus dem Nest zu holen - das sei eine schöne Erfahrung für die Kinder, sagt sie. Drei Hühner will sie kaufen. Man solle immer drei der Tiere nehmen, sagt Thasler. In der Nacht, wenn die Hühner beieinander liegen, wärmen die beiden äußeren das Tier in der Mitte.

Geflügelschau: An den lang gezogenen Käfigreihen werden die Tiere von den Besuchern bestaunt - oder umgekehrt.

An den lang gezogenen Käfigreihen werden die Tiere von den Besuchern bestaunt - oder umgekehrt.

(Foto: Claus Schunk)

Je nach Rasse kostet ein Huhn Hess zufolge zwischen 20 und 60 Euro. Hat man passende Tiere für zu Hause ausgesucht, geht die eigentliche Arbeit aber erst richtig los. Kai Koppler und seine Frau haben sechs Hühner daheim. Jedes Vierteljahr müssen sie eine Lösung ins Trinkwasser mischen, um die Hühner zu impfen. Und: "Man muss jedes Huhn anmelden", sagt Kai Kopplin. Das Veterinäramt muss alle Tiere kennen, falls erneut die Vogelgrippe ausbrechen sollte.

Mit der Viruserkrankung haben sie auch beim Kleintierzuchtverein im vergangenen Jahr ihre Erfahrungen gemacht. Sie durften die Tiere zwar behalten, wie Vorsitzender Hess sagt: "Aber sämtliches Geflügel musste eingesperrt werden." Veranstaltungen mit den Tieren gab es nicht. "Vergangenes Jahr um diese Zeit war alles verboten", sagt Max Michl. Die alljährliche Bezirksgeflügelschau habe im November 2016 zwar regulär stattgefunden, aber schon am nächsten Tag seien alle weiteren Veranstaltungen untersagt worden. Heute trifft der örtliche Veterinär unter strengen behördlichen Auflagen die Entscheidung, ob eine Geflügelschau stattfinden kann.

Geflügelschau: "Ungenügend" oder "vorzüglich"? Bei der Bezirksflügelschau ist dieser Gockel Teil der 700 Tiere umfassenden Schönheitskonkurrenz.

"Ungenügend" oder "vorzüglich"? Bei der Bezirksflügelschau ist dieser Gockel Teil der 700 Tiere umfassenden Schönheitskonkurrenz.

(Foto: Claus Schunk)

Dass die Tiere gesund sind, daran haben die Züchter selber natürlich großes Interesse. "Man hat Freude an dem Tier", sagt Hess. Dass eins der Hühner zum Essen geschlachtet werde, komme eher nicht vor. Es sei auch nebensächlich, ob die Hühner viele Eier legten. "Wir wollen die schönsten Tiere rauszüchten", sagt Hess. Dafür muss man auf konkrete Eigenschaften der Tiere achten, weiß Ingolf Tritschler.

Tritschler steht vor einer Gehegereihe mit Hähnen, deren braunes Gefieder von grünen Einfärbungen durchzogen ist. Appenzeller Spitzhauben heißen sie, wie er weiß. In der Käfigreihe gegenüber betrachtet er die gleiche Rasse in Schwarz. Tritschler ist für die Veranstaltung mit seiner Familie von der schwäbischen Alb gekommen, dort züchtet er in einer Anlage etwa 90 Hühner. Er schaut sich genau um, was die anderen machen. Wenn Hühner etwa eine bessere Laufform haben als seine, dann muss er diese Tiere mit seinen Hühnern mischen. Alles muss eben passen.

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