Gastronomie:Heimlicher Deal

Die Gemeinde glaubte, einen Wirt für den Gasthof Lutterschmid gefunden zu haben. Doch kurz vor Vertragsabschluss wird bekannt, dass dieser die Stadt Penzberg mit ihrer Stadthalle sitzen ließ

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Als Bürgermeister Stefan Kern (CSU) letztens nach dem Richtfest für die neue Ortsmitte mit Gästen beisammen saß, wurde im kleinen Kreis eine Personalie bekannt, über die lange schon spekuliert wurde: Kern sprach Ghayda Schall als künftige Chefin des Gasthofs Brunnthal an, wie der ehemalige Lutterschmid heißen soll. Sie soll mit ihrem Mann Rudolf Schall das Gasthaus samt Hotel übernehmen. Das Wirtepaar kann beachtliche Referenzen vorweisen. Unter anderem betreibt es die noble Vereinsgaststätte "The Hamptons" beim Tennisklub Iphitos in München. Doch nun wirft ein offener Streit zwischen der Stadt Penzberg und Rudolf Schall, 53, Fragen auf, wie es um dessen Zuverlässigkeit bestellt ist.

Gastronomie: Der neue Lutterschmid gegenüber dem Rathaus: Kurz bevor mit dem Pächter alles unter Dach und Fach gebracht ist, kommen heikle Fragen auf.

Der neue Lutterschmid gegenüber dem Rathaus: Kurz bevor mit dem Pächter alles unter Dach und Fach gebracht ist, kommen heikle Fragen auf.

(Foto: Claus Schunk)

Die Querelen kommen zu einem heiklen Zeitpunkt. Die Pächter-Entscheidung ist im Grunde gefallen, aber der Vertrag ist noch nicht unterschrieben. Es geht um viel. Denn die Gemeinderäte wollen unbedingt ein glückliches Händchen bei der Wahl des Wirts beweisen. Schließlich hängt davon ab, ob die Gemeinde an ihrem Millionenprojekt Freude hat - oder wahr wird, was viele unken: dass am Ende nichts als Ärger bleibt.

Bei der Stadt Penzberg ist man verärgert darüber, dass sich der aus Pöcking im Landkreis Starnberg kommende Rudolf Schall ohne Ankündigung als Wirt der Stadthalle verabschiedet hat. Wie erst hinterher bekannt wurde, verkaufte er nach nur fünf Monaten zum 1. November 2017 seine R&G Dienstleistungs GmbH an Paula Maria Reisek. Mit der Hotel- und Restaurantfachfrau hat er schon einmal eine ähnliche Geschäftsübergabe vollzogen. Die 32-Jährige übernahm auf diese Weise das Wirtshaus in Gröbenzell von Schall. In Penzberg hielt Schall die Nachricht bewusst zurück. Reisek sei zu dem Zeitpunkt hochschwanger gewesen und er hätte der Stadt schwer erklären können, dass jemand in diesem Zustand die Stadthalle führen solle, begründet Schall seine Entscheidung. So sei er mit Reisek überein gekommen, die Rochade erst nach der Geburt bekannt zu machen. Im Nachhinein spricht er aber von einem Fehler.

Gastronomie: Rudolf Schall möchte den Gasthof Brunnthal übernehmen.

Rudolf Schall möchte den Gasthof Brunnthal übernehmen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Im Penzberger Rathaus sieht man Schalls Verhalten traurigen Höhepunkt einer - je nach Darstellung - zumindest von massiven Missverständnissen geprägten Zeit. Schall beklagt, trotz mehrerer "Brandbriefe" an die Bürgermeisterin kein Gehör gefunden zu haben. Vereine hätten die zuvor von der Stadt betriebene Halle weiter unentgeltlich nutzen wollen. Doch auf dieser Basis sei diese nicht rentabel zu betreiben. Dass Pachtzahlungen offen sind, hat nach Schalls Darstellung seine Richtigkeit. Die Summen habe die Stadt vertragsgemäß gestundet. Weil die Stadt beschlossen habe, einen Saal in der Stadthalle auf eigene Kosten auszubauen, müsse die ausstehende Pacht nachgezahlt werden. Seine Nachfolgerin hat laut Schall Teilsummen beglichen. Sie wolle in der Halle mit neuem Konzept reüssieren. Doch die Stadt warnt vor voreiligen Schlüssen und pocht gerade nach der Vorgeschichte aufs letzte Wort. Rudolf Schall will nun mit seiner Frau nach Brunnthal weiterziehen. Doch dort lässt die Verantwortlichen die Penzberger Vorgeschichte nicht kalt. Bürgermeister Kern sieht vor der entscheidenden Unterschrift noch einmal Diskussionsbedarf. Man habe sich die Pächtersuche mit öffentlicher Ausschreibung und vielen Gesprächen mit potenziellen Wirten nicht leicht gemacht, sagt er. Viele Bewerber seien früh ausgeschieden. Kern spricht von "Glücksrittern", die das anspruchsvolle Brunnthal-Projekt auch finanziell nicht im Kreuz gehabt hätten. Bei Schall hatte er einen anderen Eindruck.

Kern hat Schall als Geschäftsmann erlebt, der einen soliden Businessplan präsentierte, Erfahrung mitbringt und bereit ist, mit eigenen Mitteln in Vorleistung zu gehen. Rudolf Schall sagt, er werde in den Innenausbau des Gasthofs Brunnthal investieren. Von einer mittleren sechsstelligen Summe ist die Rede, was unter anderem ein Grund ist, warum man in Brunnthal auf den Partner baut. Schließlich dürfte er dann ein eigenes Interesse haben, dass der Gasthof läuft. Zur Formulierung des Pachtvertrags hat die Gemeinde Expertenwissen eingeholt. Angeblich ist in dem Dokument bis ins Detail alles festgelegt. Bürgermeister Kern will jetzt trotzdem erst einmal mit Penzbergs Bürgermeisterin sprechen. "Für mich ist es jetzt schwierig", sagt Kern. Alleine schon die Vorstellung schmerzt, die Pächtersuche eventuell noch einmal neu aufzurollen.

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