Garchinger Geschichte:Vorläufer der U-Bahn-Station

Garchinger Geschichte: Bis 1867 verkehrten am Gasthof zur Post Postkutschen auf dem Weg von München nach Landshut, wie es in einer alten Ansichtskarte festgehalten ist. Nachdem diese eingestellt wurden, mussten sich die Garchinger lange Jahre von Milchbauern mit in die Stadt nehmen lassen, ehe viel später die erste Buslinie eingerichtet wurde.

Bis 1867 verkehrten am Gasthof zur Post Postkutschen auf dem Weg von München nach Landshut, wie es in einer alten Ansichtskarte festgehalten ist. Nachdem diese eingestellt wurden, mussten sich die Garchinger lange Jahre von Milchbauern mit in die Stadt nehmen lassen, ehe viel später die erste Buslinie eingerichtet wurde.

(Foto: Förderverein Garchinger Geschichte)

An der Postwirtschaft in Garching machten von 1785 bis 1867 Kutschen zwischen München und Landshut Halt. Napoleons Truppen sollen sie abgebrannt haben. Jetzt ist ein verschollenes Wirtshausschild aufgetaucht

Von Gudrun Passarge, Garching

Von München über Garching nach Landshut in siebeneinhalb Stunden - für Menschen im 18. und frühen 19. Jahrhundert muss das eine echte Schnellroute gewesen sein. Die natürlich auch andersherum möglich war, also von Norden in Richtung Süden. Zum Beispiel reiste Johann Wolfgang von Goethe auf dem Weg nach Italien durch Garching. Seit 1785 gab es dort die Poststation der Familie Fuhrmann, auch Fürmann geschrieben. Eine Einrichtung, die bis 1867 Bestand hatte. Aus dieser Zeit stammt ein Wirtshausschild, das lange verschollen war und jetzt wieder aufgetaucht ist.

Die Postwirtschaft in Garching war eine klassische Tavernwirtschaft mit dem Privileg, Gäste dort übernachten zu lassen. Sie war Teil eines stolzen landwirtschaftlichen Anwesens mit Stall, einer Schmiede und einer Wagnerei. In den Anfängen waren die Bediensteten noch im Erdgeschoss des Gebäudes untergebracht. Ein zweiter Bau stand auf der anderen Straßenseite gegenüber, zunächst ein kleines Häusel, 1860 dann von der Grundfläche her schon in der heutigen Größe. Die alte Poststation brannte 1809 ab.

Ortschronist Michael Müller hat Napoleon und mit ihm verbündete Truppen in Verdacht, etwas damit zu tun zu haben. Sie hätten 1809 auch die große Mühle in Dachau an der Amper angezündet. "Es liegt nahe, dass sie hier den gleichen Unfug gemacht haben", sagt Müller. Napoleon war übrigens ein prominenter Übernachtungsgast in Garching. Im Gasthaus zur Post konnte er allerdings nicht schlafen, da es ja abgebrannt war, aber er fand Quartier beim Bauern nebenan.

Garchinger Geschichte: Bis 1867 verkehrten am Gasthof zur Post Postkutschen auf dem Weg von München nach Landshut, wie es in einer alten Ansichtskarte festgehalten ist. Nachdem diese eingestellt wurden, mussten sich die Garchinger lange Jahre von Milchbauern mit in die Stadt nehmen lassen, ehe viel später die erste Buslinie eingerichtet wurde.

Bis 1867 verkehrten am Gasthof zur Post Postkutschen auf dem Weg von München nach Landshut, wie es in einer alten Ansichtskarte festgehalten ist. Nachdem diese eingestellt wurden, mussten sich die Garchinger lange Jahre von Milchbauern mit in die Stadt nehmen lassen, ehe viel später die erste Buslinie eingerichtet wurde.

(Foto: Förderverein Garchinger Geschichte)

Das Wirtshaus und die Poststation wurden wieder aufgebaut, diesmal aber in klassizistischem Stil. Michael Müller hat recherchiert, dass um 1839 herum die Kutschen sechsmal täglich in Garching hielten, drei in jede Richtung: um 6 Uhr, um 12 Uhr und um 22 Uhr in der Nacht. Wie Müller berichtet, blieb die Station lange in der Hand der Fürmanns, mit Höhen und Tiefen. Es müssen im Dorf angesehene Leute gewesen sein, die etwas mitzureden hatten. Die Familie stellte sogar einen Abgeordneten im Landtag. Aber es gab auch mal einen Sohn, der das Anwesen herunterwirtschaftete, hat Müller herausgefunden.

Als dann das endgültige Aus für die Poststation kam, hielten zwar keine Kutschen mehr hier, aber die Post wurde nach wie vor verteilt. Garchinger, die nach München wollten, blieb nur noch die Möglichkeit, mit den Bauern mitzufahren, die ihre Milch auf den Markt brachten. Milch war damals die Haupteinnahmequelle der Landwirte, denn die kargen Felder gaben nichts her, wie Müller sagt. Doch wer mitfahren wollte, musste früh aufstehen, da die Milchkutscher schon um sechs in der Früh in München sein mussten. Später dann gab es die Buslinien nach München.

Um die alte Postwirtschaft ranken sich einige wilde Geschichen. Während der Räterepublik übernachteten Soldaten im Haus, später gab es heiße Diskussionen zwischen Nazis und ihren Gegnern im Wirtshaus. Überliefert ist eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Anhängern des von den Nationalsozialisten als Bürgermeister eingesetzten Friedrich Cornelius, der bei den Bauern auf wenig Gegenliebe stieß. Sie forderten seine Ablösung, und tatsächlich musste der Bürgermeister das Feld räumen. Sein Nachfolger wurde 1935 Albert Schmid.

Garchinger Geschichte: Das historische Wirtshausschild hing einst am Gasthof zur Post.

Das historische Wirtshausschild hing einst am Gasthof zur Post.

(Foto: Förderverein Garchinger Geschichte)

1923 wurde das Gesindehaus aufgestockt, es kamen fünf Wohnungen dazu und der Bau nahm seine heutige Form an. Es gab den Pferdestall und die Schmiede mit ihrem "böhmischen Gewölbe". Zu dieser Zeit hatte die Wirtschaft schon ihre Besitzer gewechselt. Heute gehört das alte Wirtshaus einer Brauerei. Die Schmiede und die Wagnerei im Gesindehaus bleiben bis in die Siebzigerjahre erhalten. In den Wohnungen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg Flüchtlinge einquartiert.

Das Gebäude verfiel zusehends, berichtet Müller, der noch Leute kennengelernt hat, die in dem Haus lebten. Am längsten blieb eine türkische Familie, die sich mit Händen und Füßen gewehrt habe auszuziehen. Erst als einer von ihnen durch den Badezimmerboden gebrochen sei, machten sie das Haus frei. Die Kommune kaufte das Gebäude, als es "praktisch schon nicht mehr bewohnbar war", wie Müller sagt, und veräußerte es schließlich an die Augustinerbrauerei, die es wieder hergerichtet hat. "Die Schmiede blieb dabei so erhalten, wie sie war", sagt Müller voller Anerkennung.

Müller, wie auch der Vorsitzende des Geschichtsvereins Rudi Naisar, freuen sich, dass nun das alte Schild der Tavernwirtschaft wieder aufgetaucht ist. Wenn es auch im jetzigen Archiv unter dem Dach des Garchinger Augustiners nicht ganz an der richtigen Stelle ist. Sie setzen sich dafür ein, dass der Postillon wieder an gewohnter Stelle in sein Horn bläst.

Naisar hat den Vorschlag gemacht, eine Replik des Schildes am heutigen griechischen Lokal aufzuhängen, also an die Stelle, wo es jahrzehntelang gehangen hat. Vermissen wird den schnellen Kutscher jedoch niemand mehr. Mit der U-Bahn haben die Garchinger schon vor Jahren einen guten Tausch gemacht.

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