Garching:Zebus suchen neues Zuhause

Zebus in Garching-Hochbrück, 2016

Um die Haltung der Zwergzebus in Hochbrück gibt es einen langen Streit. Christine Scherr hofft auf einen Mediatoren, der eine für alle akzeptable Lösung finden könnte.

(Foto: Lukas Barth)

Seit Jahren kämpft Christine Scherr mit den Behörden um ihre Rinder. Nun gibt es ein neues Problem: Weil die bisherige Weide als Ausgleichsfläche benötigt wird, weiß die Halterin nicht wohin mit ihren Tieren.

Von Gudrun Passarge, Garching

Das schwarze Kalb mit dem weißen Fleck auf der Stirn sucht Schutz unter den Kiefern als die Besucher kommen. Andere Zwergzebus dagegen sind neugierig, sie wollen wissen, was sich da tut. Ein idyllisches Plätzchen in Hochbrück, versteckt zwischen großen Straßen und Waldflächen, auf dem sich etwa 150 Zwergzebus tummeln. Doch die Idylle trügt. Christine Scherr ist die Verzweiflung anzusehen. Bis zum 30. Juni soll sie den Platz räumen. Aber wo soll sie hin mit den Rindern? Die Crux: Sie könne die Herde auch nicht verkaufen, weil das Veterinäramt mitentscheiden möchte, sagt Scherr. "Wir wollen dringend verkaufen, wir wären mit 40 Tieren zufrieden", betont sie.

"Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Tierhalterin Rinder verkaufen möchte", heißt es dagegen in einer Stellungnahme des Landratsamts. "Aufgrund der massiven tierseuchenrechtlichen Mängel der Haltung ist die Abgabe von Tieren in andere Bestände jedoch zuvor mit dem Veterinäramt abzustimmen." Christine Scherr ist empört. "Das ist eine Diskriminierung. Welche Mängel? Die Tiere sind gesund. Sie vergraulen uns ja alle, welcher Bauer spielt da mit, wenn er erst zum Veterinäramt muss?"

Der Streit zwischen der Rinderhalterin und dem Landratsamt währt schon seit mehr als zehn Jahren. Er ist zudem mit einem unglücklichen Erbstreit verquickt, bei dem der frühere Lebensgefährte von Christine Scherr seinen Bauernhof verloren hat. Und die Tiere damit ihre Weiden und den Stall. Seit 2014 stehen die Zwergzebus nun in Hochbrück, teils waren sie auf Grund der Stadt Garching und teils auf früherem Gelände der Bundeswehr untergebracht. Die Stadt aber brauchte ihren Grund, um dort den Fußballplatz für den FC Hochbrück zu errichten, deswegen weiden die Tiere jetzt nur noch auf etwa sieben Hektar, die vom Bund verpachtet wurden.

"Aber der Pächter braucht den Grund als Ausgleichsfläche, weil er bauen will", erklärt die 67-Jährige. Mit der großen Herde darauf würde die Untere Naturschutzbehörde die Ausgleichsflächen aber nicht als solche anerkennen. Scherr hofft nun auf einen Mediator, der vielleicht eine akzeptable Lösung finden kann für alle Beteiligten. Etwa die, dass die Weide mit weniger Rindern akzeptiert würde als Ausgleichsfläche. Wenn nicht - Scherr und ihre Tochter Marie-Sophie, 25, müssten das Gelände räumen und eine Alternative finden.

Garching: Der Forderung nach einem Unterstand ist Christine Scherr inzwischen nachgekommen.

Der Forderung nach einem Unterstand ist Christine Scherr inzwischen nachgekommen.

(Foto: oh)

Der Rechtsstreit mit dem Veterinäramt geht weiter

Doch das ist leichter gesagt als getan, denn zu den Zwergzebus gibt es eine lange Geschichte mit zahlreichen Gerichtsverfahren, die beide Seiten, Veterinäramt und die Familie Scherr, viel Nerven gekostet hat. So hat das Landratsamt Scherr verschiedene Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen und ihr die Rinderhaltung untersagt, wogegen sie sich immer noch vor Gericht wehrt. Es war von erfrorenen Rindern im Winter die Rede, von unterernährten und dehydrierten Tieren. Außerdem kreidete die Behörde der Rinderhalterin an, dass sie im Winter keinen Unterstand für ihre Tiere hatte. Der steht mittlerweile, ein stabiler Holzstand mit Dach. Scherr berichtet, dass Vertreter des Amtes daraufhin beim Verpächter nachgefragt hätten, ob er überhaupt davon wisse und ob das ohne Baugenehmigung erlaubt sei. "Erst fordern sie so einen Stand von uns und dann machen sie uns Schwierigkeiten", sagt Christine Scherr.

Die Frau ist ratlos. Sie weiß nicht, was mit ihrer Herde passieren wird Ende Juni. Sie sucht Käufer per Anzeige, aber alle Tiere auf einen Schlag zu verkaufen, hält sie für unwahrscheinlich, selbst wenn das Veterinäramt mitspielen würde. "Wir sind fix und fertig", erzählt sie. "Wir würden gerne in Ruhe unsere Tiere versorgen, aber das ist zurzeit nicht möglich." Auf dem Gelände, das momentan sehr trocken ist, lagern große Stroh- und Heubestände. Die Tiere liegen den beiden Frauen sichtbar am Herzen. "Aufgeben ist keine Option", sagt die Tochter. "Dafür haben wir bereits zu viel verloren, um jetzt aufzugeben."

Doch was passiert, wenn Scherr keine neue Weide findet? Auch das Landratsamt nimmt für sich in Anspruch, ihm gehe es in erster Linie um das Wohl der Zwergzebus. "Erstes Ziel wäre die Unterbringung der Tiere in einer geeigneten Haltung. Wir stehen in Kontakt mit möglichen Interessenten, welche eine artgerechte Haltung der Tiere gewährleisten können", erklärt eine Sprecherin. "Eine Schlachtung wäre für die Tiere in der Herde, die dafür überhaupt in Frage kommen, die Ultima Ratio."

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