Garching:Stadt bremst Bürgerbegehren aus

Garching: Soll der Helmut-Karl-Platz Fußgängern und Radfahrern vorbehalten bleiben? Oder soll auch Lieferverkehr erlaubt werden?

Soll der Helmut-Karl-Platz Fußgängern und Radfahrern vorbehalten bleiben? Oder soll auch Lieferverkehr erlaubt werden?

(Foto: Stephan Rumpf)

Im Garchinger Rathaus hält man das Bürgerbegehren der Grünen zum Helmut-Karl-Platz für unzulässig. In der Sache zeigt sich Bürgermeister Gruchmann kompromissbereit.

Von Gudrun Passarge, Garching

Das Bürgerbegehren der Grünen zum Helmut-Karl-Platz könnte vom Garchinger Stadtrat am Donnerstag für unzulässig erklärt werden. Wie die Fraktionssprecher von SPD, CSU und Unabhängigen Garchingern am Dienstag auf Nachfrage sagten, würden sie sich der Verwaltungsvorlage anschließen, die das Bürgerbegehren aus rechtlichen Gründen ablehnt.

Grünen-Chef Hans-Peter Adolf will im Fall einer Ablehnung auf alle Fälle klagen, schließlich habe das Landratsamt das Bürgerbegehren für zulässig befunden. Daran ändert auch nichts, dass sich Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) kompromissbereit zeigt und verspricht: "Wir werden das gesamte Thema noch mal vollumfänglich durchleuchten."

Ob Lastwagen über den Helmut-Karl-Platz an der Eisdiele vorbei fahren dürfen, um Geschäfte zu beliefern und dann über die Telschowstraße auszufahren, das hat die Garchinger in den vergangenen Wochen stark beschäftigt. Die Grünen hatten als Reaktion auf einen Beschluss des Hauptausschusses, wonach dies erlaubt werden soll, ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht. Das Ziel: den Bebauungsplan in dem Bereich so zu ändern, dass die Durchfahrt für Lkw mit einer Breite von mehr als 1,80 Meter zwischen dem Hotel König Ludwig und dem ehemaligen Schleckerladen verhindert wird.

1834 Unterschriften für das Bürgerbegehren sind gültig

Mehr als 2000 Unterschriften kamen zusammen, 1834 sind gültig, womit die Mindestzahl von 1142 weit überschritten wird. Trotzdem kommt die Stadtverwaltung zu der Einschätzung, das Bürgerbegehren sei rechtlich unzulässig. Die Grünen hätten in ihrer Begründung Tatsachen verschwiegen, wie etwa den geplanten versenkbaren Poller, der es nur einem beschränkten Personenkreis ermöglichen soll, am Hotel vorbei zu fahren. Anderes, wie etwa die Behauptung, hier dürften Zwölf-Tonner fahren, sei unrichtig, der Hauptausschuss habe darüber nicht entschieden.

"Es wird dem Bürger ein Sachverhalt vor Augen geführt, der so nicht eintreffen kann", so die Stadtverwaltung. Diese stützt sich auf die Stellungnahme einer von ihr beauftragten Kanzlei, die das Bürgerbegehren als unzulässig einstuft, auch weil der Stadt durch die Festlegung in der Fragestellung kein Planungsspielraum mehr bleibe. Ein Punkt, zu dem das Landratsamt München jedoch schreibt, es halte "die Fragestellung mit dem Ziel einer Bebauungsplanänderung für vertretbar". Das Landratsamt hat in solchen Fällen eine beratende Rolle, entscheiden muss die Kommune selbst.

"Fehler begangen, die man nicht ignorieren kann"

"Es irritiert doch, dass die Verwaltung die Stellungnahme des Landratsamts ignoriert", sagt Hans-Peter Adolf. Der Grünen-Chef im Stadtrat vermutet, die beauftragte Kanzlei habe im Sinne des Auftraggebers entschieden, nach dem Motto: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing". Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) betont dagegen, die Stadt habe sich nicht angreifbar machen wollen, deswegen die Expertise von außen, "und da wurden offenbar unzweifelhaft Fehler begangen, die man nicht ignorieren kann." Den Willen der Bürger habe er allerdings erkannt.

Wie die Parteien am Donnerstagabend entscheiden werden, zeichnet sich schon ab. "Wir werden der Verwaltung folgen", sagt etwa Fraktionschef Jürgen Ascherl (CSU). Das Bürgerbegehren der Grünen sei "nicht zeitgemäß und nicht durchführbar". Werde der Lieferverkehr untersagt, würden Geschäfte in Nachbargemeinden abwandern. Er habe zudem festgestellt, dass einige Bürger gar nicht wussten, was sie eigentlich unterschrieben hätten.

Auch bei den Unabhängigen Garchingern steht die Entscheidung fest. "Das Bürgerbegehren ist nicht zulässig", sagt Fraktionschef Peter Riedl. Ein Durchfahrtsrecht könne man nicht einfach wegnehmen und der wenige Lieferverkehr sei verkraftbar. Die Bürger für Garching sind dagegen noch in der Entscheidungsphase. "Dem Bürgerbegehren stimmen wir prinzipiell zu", sagt Fraktionssprecher Josef Euringer, "aber es muss natürlich rechtlich sauber sein". Auf jeden Fall dürfe man den Willen der Bürger nicht ignorieren, "und die haben ganz klar gesagt, sie möchten da keinen Lkw-Verkehr haben".

Bleibt die SPD, die Partei von Bürgermeister Dietmar Gruchmann. "Wir werden uns der Verwaltungsvorlage anschließen", sagt Fraktionsvorsitzender Joachim Krause. Doch das sei nur die eine Seite. Die SPD wolle das Thema grundsätzlich angehen. Dabei gehe es nicht mehr um den Antrag des SPD-Ortsvereins, den Hauptausschussbeschluss zu kippen. "Wir wollen, dass ein gesamtes Konzept für die komplette Fußgängerzone erstellt wird, die auch den Lieferverkehr regelt." Sollte die Verwaltung nicht selbst einen solchen Vorschlag machen, wolle die SPD das anstoßen. "Damit wäre der Hauptausschussbeschluss obsolet", kündigt Krause an.

Auch die Grünen halten einen Kompromiss für möglich

Grünen-Sprecher Adolf kennt die Vorstellungen der SPD noch nicht, dem Antrag des Ortsvereins, den die neue Vorsitzende Ulrike Haerendel angeregt hatte, kann er jedoch durchaus etwas abgewinnen. Den Beschluss des Hauptausschusses zu kassieren, wäre "eine gute Kompromisslösung", sagt er. "Mit dem könnten wir sehr gut leben." Sollte über ein neues Konzept diskutiert werden, dann müsse der Verkehr in der Fußgängerzone generell geregelt werden. "Und auch die Lieferzeiten muss man überdenken."

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