Garching:Sommer, Sonne, Schall im Schilf

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Die Idee einiger Abiturienten hat sich zu einem Festival mit Musik, Kunst und Kulinarik am Garchinger See entwickelt.

Von Anna Hordych, Garching

Auf der Tanzfläche zwischen Tausenden von Elektrofans geben sich zwei Mädels große Mühe, eine Honigmelone zu zerkleinern. Die Cocktailschalen sind ein Renner auf dem Festival "Schall im Schilf", sie werden mit bunten Strohhalmen versehen und zu zweit, zu dritt oder im Alleingang geleert. Also wären da nicht die lateinamerikanisch anmutenden Technobässe, die Sommerhitze, die leichte, lockere Kleidung - allein die gelben Südfrüchte würden an diesem Samstag dafür sorgen, dass man sich an die Karibik erinnert fühlt.

9000 Besucher haben sich am Wochenende auf den Weg zum Garchinger See gemacht. In langen Kolonnen laufen sie von der U-Bahn-Station Richtung Festival, an Wiesen und dicht bewachsenen Maisfeldern entlang, um nach einer Viertelstunde Fußweg die Absperrungen zu erreichen. 4000 Besucher mehr als im Vorjahr treten durch die Sicherheitskontrollen. Und auch das Gelände wächst mit - getanzt, gegessen und gebadet wird 2017 auf einem erweiterten Festivalareal. Da erstaunt es umso mehr, dass die Veranstaltung vor sieben Jahren als improvisierte Abiturientenfeier begann, zu der man "seinen eigenen Kasten Bier mitbrachte und keinen Eintritt zahlen musste", wie sich Katrin Gottschling aus Garching erinnert. Die Idee war, eine Naturkulisse spontan durch Musik zu beleben und dieses Konzept ist über die Jahre geblieben.

Die elf Organisatoren aus Garching, von denen die meisten noch studieren, halten nach wie vor an dem Vorsatz fest, sich am Festival nicht zu bereichern, sondern es "aus Spaß an der Sache" auf die Beine zu stellen. Mitgründer Leo Ehrecke betont, das neunzigköpfige Team um die alte Clique sei "familiär strukturiert". Weil die Ausgaben für Strom und Technik, für Sicherheitspersonal, für Kunst, Deko und DJ Gagen trotzdem hoch sind, haben sie "letztes Jahr eine finanzielle Nullrunde hingelegt". Darum sind die Ticketpreise diesmal auf 30 Euro gestiegen. Weil sich aber der soziale Grundgedanke hinter dem Open-Air-Festival nicht verändert hat, bleiben Musikfans wie Katrin dabei. Die 26-Jährige hat sich mit ihren Freundinnen auf einem Holzpodest neben einer kleineren Tanzfläche niedergelassen und beobachtet das Treiben vor dem DJ-Pult. Ein paar Dutzend Leute bewegen sich zu Hip Hop. Rundherum hängen Lampions in den Bäumen und nur schwach dringt der Sound der größeren zweiten Bühne bis hier herüber. "Hinter der Laube" haben die Veranstalter die Area betitelt. Zum ersten Mal gibt es neben House und sehr minimalistischer Elektromusik noch diese dritte Fläche, wo alternativer Trip-Hop auf kolumbianischen Cumbia trifft.

Tanzen in der kleinsten Disco der Welt

Wer trotz des ausladenden Areals den Spaß im kleinen Format sucht, der geht am besten für ein paar Minuten in die "Gabbazelle". Das winzige Häusle bietet nur zehn Leuten Platz. Die wohl kleinste Disco der Welt erfreut sich großer Beliebtheit. Organisator Leo Ehrecke hält es für "unmöglich, in der Hütte zu tanzen", stattdessen gehe es hier um "Reizüberflutung".

Vor der Hauptbühne bietet sich vor Einbruch der Dunkelheit ein besonderes Spektakel; vier leuchtende Prismen bilden die Kulisse für die abstrakt gehaltenen Elektroklänge, die unter der Regie von DJ Gerd Janson über Tausende Köpfe hinwegschallen. Inmitten der tanzenden, wippenden, gestikulierenden Zuhörer ragt eine überdimensionale Metallspinne mit blinkenden Beinen hervor. Noch stärker wirkt das ausgefeilte Dekor, als um 22 Uhr ein Feuerwerk einsetzt. Ein Hauptaugenmerk des Festivals liegt eben abgesehen von den DJs, den Foodtrucks und den Bars unübersehbar auf der visuellen Kunst.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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