Garching:Die erste Ganztagsschule wird 20 Jahre alt

Garching: Auch wenn sie ihren Schülern gerade mal den Rücken zudreht: Die Leiterin der Ganztagsschule in Garching, Marianne Riedelbauch, hat immer alle im Blick.

Auch wenn sie ihren Schülern gerade mal den Rücken zudreht: Die Leiterin der Ganztagsschule in Garching, Marianne Riedelbauch, hat immer alle im Blick.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die offene Ganztagsschule am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching war Vorreiter im gesamten Landkreis. Was als bessere Hausaufgabenbetreuung begann, ist mit 130 Kindern heute ein kleines Unternehmen.

Von Gudrun Passarge, Garching

Was den Kindern an der offenen Ganztagsschule am besten gefällt? Ein Junge zeigt auf ein Foto an der Wand: "Die Kekspause", sagt er scherzhaft. Das Mädchen dagegen überlegt kurz und findet es toll, dass sie so oft an den Bach gehen oder zu Spielplätzen. Rundherum tollen Kinder, spielen Tischtennis, bemalen Steine oder unterhalten sich. Mittendrin sitzt Marianne Riedelbauch, die Leiterin der Ganztagsschule mit einem Blick, dem nichts entgeht, trotz der Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen. Viel Lob bekommt das Awo-Team um die Leiterin Riedelbauch zu hören. Direktor Martin Eidenschink vom Werner-Heisenberg-Gymnasium nennt die Ganztagsschule eine "wahre Bereicherung", die "sinnvolle und niveauvolle Freizeitgestaltung" biete.

Riedelbauch kann sich noch gut erinnern an die Anfänge. 2001 übernahm sie die Gruppe, damals waren es 25 Kinder. "Ich war Alleinunterhalterin", sagt sie und erzählt vom Untergeschoss, in dem sie damals untergebracht waren. Der Ganztagszug am WHG war das erste Projekt in diesem Bereich, das die Arbeiterwohlfahrt im Landkreis übernahm. Heute, das berichtete der Kreisvorsitzende Max Wagmann, sind es etwa 20 an den unterschiedlichsten Schulen im Landkreis.

Inzwischen betreut das Awo-Team 130 Kinder in Garching, sieben Mitarbeiter plus zwei Oberstufenschüler gestalten mit ihnen von Montag bis Donnerstag die Zeit zwischen 13 und 16 Uhr. "Sie haben schon fast einen kleinunternehmerischen Status", stellte Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) fest, der sich ebenfalls begeistert von dem Angebot zeigte. Das sei den Kommunen auch etwas wert. Denn nicht allein die Regierung von Oberbayern zahle dafür, am WHG gibt der Zweckverband noch 25 000 Euro dazu.

Manche Kinder würden am liebsten länger bleiben

Die Kinder aus der fünften, sechsten und siebten Jahrgangsstufe haben ihren festen Tagesablauf. Die Mittagspause geht bis 13.55 Uhr, Hausaufgaben werden bis um 14.40 Uhr gemacht, dann kommt die allseits beliebte Kekspause, gefolgt von freiwilligen Lerngruppen oder einer Fortsetzung der Hausarbeit bis um 15.25 Uhr. Danach verlassen Kinder, die in Ismaning oder Unterföhring wohnen, die Gruppe, weil sie zum Schulbus müssen. Die anderen bleiben bis um 16 Uhr, "und manche lieben uns so sehr, dass wir sie dann rausschmeißen müssen und sagen, jetzt ist Schluss, wir gehen jetzt auch", erzählt Riedelbauch. Mit energischer Stimme ermahnt sie nebenher noch einen Jungen auf der Couch, der zwei andere ärgert.

Kürzlich wurde ein Fall von häuslicher Gewalt bemerkt

Von einer besseren Hausaufgabenbetreuung, wie Direktor Eidenschink die Anfänge beschreibt, zur Ganztagsschule mit 130 Kindern, das ist ein Riesensprung. Riedelbauch ist froh, dass die Gruppe seit vergangenem Jahr Räumlichkeiten im Neubau hat. Sie nutzt fünf Klassenzimmer, das Saint-Exupéry-Forum mit Cafeteria und an zwei Nachmittagen die Turnhalle.

Besonders die Turnhalle bezeichnet sie als Segen für die Kinder, "nach sechs Stunden Sitzen powern sie sich erst mal hier aus, das ist so wichtig." Ihre Arbeit habe sich geändert, stellt sie fest. "Sämtliche gesellschaftliche Phänomene kommen auch bei uns an." Kürzlich hatte sie zum ersten Mal mit einem Fall von häuslicher Gewalt zu tun. Das Kind ist inzwischen in einer betreuten Einrichtung untergebracht.

Zwei Oberstufen-Schüler helfen mit

Riedelbauch lobt die professionelle Zusammenarbeit mit dem Gymnasium, der Direktor lobt das Engagement der Einrichtung, die auch an Buß- und Bettagen ein Programm anbiete, zum Beispiel einen Zirkusbesuch oder einen Ausflug ins Museum. Möglich ist das auch dank der Hilfe der zwei Oberstufenschüler. Tim Oswald, 18, hat früher selbst die Einrichtung besucht, "ich fand's schön, weil meine berufstätige Mutter nicht daheim war, und ich hier eine Anlaufstelle hatte mit meinen Freunden."

Jeden Donnerstag ist er dabei und hat Spaß. "Es gefällt mir, den Entwicklungsprozess der Kinder zu sehen." Da fällt Marianne Riedelbauch etwas ein. Sie hat das von den Kindern selbst gemachte Eis vergessen, Schokolade, Vanille, Erdbeere. Schaut köstlich aus, schmeckt und gehört auch dazu, zur offenen Ganztagsschule.

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