Garching:Kochen für den Schwimmkurs

Einweihung Ismaninger Hallenbad

Das Ismaninger Schwimmbad ist gut frequentiert. Auch Schulen halten hier ihren Schwimmunterricht ab. So fahren etwa die Fünftklässler des Garchinger Gymnasiums einmal die Woche ins Hallenbad.

(Foto: Florian Peljak)

Weil es in Garching kein Bad gibt, lernen viele Kinder in ihrer Grundschulzeit nicht, sich über Wasser zu halten. Durch ein zusätzliches Angebot versucht das Werner-Heisenberg-Gymnasium, diesen Mangel auszugleichen.

Von Gudrun Passarge, Garching

Deutschland auf dem Weg zum Nichtschwimmer-Land: Noch nie sind so viele Menschen ertrunken wie 2016, und neue Studien gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte der Kinder im Grundschulalter nicht richtig schwimmen können. Die Grünen im Garchinger Stadtrat nehmen das zum Anlass, nach einem Lehrschwimmbecken in der Grundschule zu fragen, die im Neubaugebiet Kommunikationszone entstehen soll. Bisher fehlt ein Schwimmbad in Garching. An den Garchinger Schulen gibt es teilweise sehr kreative Lösungen für dieses Problem.

Normalerweise sollten Kinder spätestens nach ihrer Grundschulzeit schwimmen können. Doch nicht überall findet Schwimmunterricht statt. Laut Edeltraud Feirer, Rektorin an der Grundschule in Hochbrück und interimsweise auch an der Grundschule-West, müssen beispielsweise die Kinder in Hochbrück ohne Schwimmunterricht auskommen. Dabei würde die Rektorin das gerne anders haben. Wenn sie "die nötigen Lehrkräfte hätte und es nicht zu weit weg wäre", dann könnte sie sich das durchaus vorstellen. In Garching-West dagegen fahren die Kinder der 3. Klassen mit dem Bus einmal in der Woche zum Unterricht ins Oberschleißheimer Hallenbad. Weil es aber zu viele wären, um sie alle mitzunehmen, fährt jedes Kind nur alle 14 Tage zum Schwimmen.

Tatsächlich lernen wohl nicht alle Kinder schwimmen in ihrer Grundschulzeit. Das stellen auch die Mittelschule und das Werner-Heisenberg-Gymnasium fest. "Wir hätten einen Riesenbedarf", sagt etwa die Rektorin der Garchinger Mittelschule, Tatjana Pringsheim. Bei ihren Fahrten ins Schullandheim stelle sie immer wieder fest, dass viele Kinder nicht schwimmen können und "dann nicht mitdürfen ans Wasser". Sie hätte gerne ihre Schüler nach Ismaning geschickt, "aber da waren keine Kapazitäten frei", erzählt sie.

Von Nichtschwimmern in der 5. Klasse kann auch Martin Eidenschink berichten. Der Direktor des Werner-Heisenberg-Gymnasiums lässt diese Fähigkeit schon bei der Einschreibung abfragen und teilt die Klassen entsprechend ein. Hintergrund ist: Alle 5. Klassen haben pro Woche zwei Stunden Schwimmunterricht in Ismaning. Aber die Nichtschwimmer tun sich natürlich schwer, mit ihren Klassenkameraden mitzuhalten. Anfangs habe er sich noch gewundert, wenn Schüler immer wieder ihre Schwimmsachen vergessen hatten oder an dem Tag krank waren. Aber dann hat er bemerkt, dass sie eben nicht schwimmen konnten. Für Eidenschink ist das nicht akzeptabel: "Das ist doch so wichtig, dass sie es wenigstens als Überlebenstaktik kennen, schlichtweg, dass sie nicht ertrinken."

Noten gibt es erst im zweiten Halbjahr

Seit vier Jahren etwa bietet die Schule deswegen einen Extra-Kurs für die Nichtschwimmer an, mal nehmen fünf, mal neun Schüler daran teil. Ein eigens dafür engagierter Schwimmlehrer bringt es ihnen in zehn Doppelstunden bei. "Das Geld dafür erwirtschafte ich selbst", sagt Eidenschink. Beim Sommerfest der Schule kocht er seine mittlerweile berühmten Bavette alla Puttanesca oder auch Minestrone und Gemüseomelett. Ein kleines Schülerteam hilft ihm dabei, gemeinsam verkaufen sie davon Hunderte Portionen. Mit dem Erlös finanziert Eidenschink den Nichtschwimmerkurs. Nach dem Kurs könnten die Kinder meist problemlos am normalen Schwimmunterricht teilnehmen, berichtet er, und Noten gibt es erst im zweiten Halbjahr, also wenn die Nichtschwimmer ihren Kurs schon hinter sich haben.

Nicht alle Schüler haben so viel Glück. Tatjana Pringsheim berichtet von einem ihrer Schüler, der nach Ismaning wechselte und da plötzlich Schwimmunterricht hatte. Doch der Siebtklässler stellte sich quer und verweigerte den Unterricht. Die Schule fragte bei ihr nach und sie sprach mit dem 15-Jährigen. Der Grund war, "dass er sich tierisch geschämt hat" dafür, dass er nicht schwimmen konnte.

Die Grünen fordern nun eine umfassende Bestandsaufnahme. Wie viele Kinder erhalten Schwimmunterricht, gibt es genügend Lehrkräfte mit Zusatzqualifikation, haben die Nachbargemeinden noch Kapazitäten für Garching frei? Sie fragen, was es kosten würde, ein Lehrschwimmbecken in die Grundschule zu integrieren. Den Hinweis, dass möglicherweise ein Investor ein großes Bad in Garching bauen könnte, wollen sie nicht akzeptieren. Auch für Schwimmunterricht in einem Spaßbad müsste die Kommune sicherlich zahlen. "Die Stadt sollte sich auch nicht in eine wirtschaftliche Abhängigkeit begeben", heißt es im Antrag.

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