Garching:Fast so viele Helfer wie Flüchtlinge

Die Stadt erwartet demnächst bis zu 200 Asylbewerber im sogenannten Containerhotel am Echinger Weg. Um sie wollen sich 196 Bürger aus dem Ort kümmern. Bis Jahresende könnte sich die Zahl der Schutzsuchenden verdoppeln

Von Gudrun Passarge, Garching

Das neue Containerhotel in Garching ist noch nicht voll belegt, aber es stehen 196 Menschen bereit, um den Flüchtlingen zu helfen. Das berichtete Cornelia Otto, die Leiterin des Bereichs Bildung und Soziales, dem Garchinger Stadtrat in dessen jüngster Sitzung. Ende Januar waren circa hundert Flüchtlinge am Echinger Weg untergebracht, aber das ändert sich wöchentlich. Otto geht davon aus, dass bald an die 200 Menschen dort leben werden, darunter auch 20 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Die Stadt reagiert auf die steigenden Anforderungen, indem sie den Helferkreis neu strukturiert. Ansprechpartner im Rathaus ist künftig der 29 Jahre alte Sozialpädagoge Christopher Redl.

In Garching gab es über einen längeren Zeitraum zwei Helferkreise, einen kirchlichen, der von der Pfarrei St. Severin ausging, und einen von der Stadt initiierten, den Ingrid Stanglmeier, Redls Vorgängerin, ins Leben gerufen hatte. Stanglmeier ist zum Jahreswechsel in Rente gegangen, steht aber ihrem Nachfolger noch zur Seite und bekleidet einen Job auf 450-Euro-Basis. "Ich kenne alle Helfer, ich kenne alle Flüchtlinge, teils habe ich eine Vertrauensbasis aufgebaut. Das würde wegbrechen, wenn ich von einem Tag auf den anderen nicht mehr da wäre", sagt Stanglmeier.

Redl hat schon damit begonnen, sein neues Amt auszufüllen. Er sieht es als dringlichste Aufgabe an, den neu zusammengeführten Helferkreis zu strukturieren. Dazu sollen etwa zehn verschiedene Arbeitskreise gebildet werden, zu Themen wie Kinderbetreuung, Schulkinder, Deutschkurse und Alltagsorientierung. Geplant ist, zunächst zweimal im Monat Treffen für alle Beteiligten zu organisieren. "Wir sehen uns hier als Schnittstelle, Vermittler und wesentliches Verbindungsglied zwischen Landratsamt, Helferkreis, Kooperationspartnern und Garchinger Einrichtungen und Bildungsinstitutionen", hatte Otto in ihrem Bericht geschrieben. Diese Treffen böten die Möglichkeit, sich eng abzusprechen und wenn nötig auch auf Veränderungen zu reagieren. Redl selbst sagt dazu, sein Ziel sei es, dass sich die Gruppe "gut aufgehoben, gut beraten und gut informiert fühlt".

Otto hatte viele Zahlen in ihrem Bericht, die allerdings nur eine Momentaufnahme bieten, weil sich das Bild wöchentlich ändert. So erfuhren die Stadträte etwa, dass eine Familie aus Albanien und ein junger Mann aus Senegal bereits abgeschoben wurden. Umgekehrt leben im Containerhotel eine Familie aus Syrien und auch ein Mann aus Eritrea, die bereits ihre Anerkennung haben. Stärkste Gruppe der Asylbewerber waren im Januar Nigerianer (23) gefolgt von Senegalesen (15), Somaliern (4) und Syrern (4). 70 Prozent der Flüchtlinge sind Männer, 60 Prozent nähmen regelmäßig an Deutschkursen teil, 20 Prozent der Schutz suchenden Frauen und Männer seien Analphabeten. Die Kinder aus der Unterkunft gingen teils in den Kindergarten, wobei Otto einräumte, dass nicht alle Platzwünsche befriedigt werden konnten, und teils in die Schule. "Dabei wird das Alter offensichtlich falsch angegeben. Erstaunlich viele sind am 1.1. geboren", berichtete Otto. Die Schule müsste deswegen erst prüfen, ob das Kind schon schulreif sei.

Christopher Redl Garching Asyl

Sozialpädagoge Christopher Redl koordiniert die Arbeit der freiwilligen Helfer. Der 29-Jährige ist Nachfolger von Ingrid Stanglmeier, die einen der beiden Helferkreise initiiert hatte.

(Foto: privat)

Bei den bisher 16 unbegleiteten Flüchtlingen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren kommen sieben aus Afghanistan, drei aus Pakistan, drei aus Eritrea, zwei aus Libyen und einer aus Syrien. Die Jugendlichen werden von der evangelischen Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen betreut und besuchen größtenteils eine Übergangsklasse an der Mittelschule, die mittlerweile drei solcher Klassen eingerichtet hat. Ein Jugendlicher wurde allerdings vom Unterricht ausgeschlossen, weil er wegen physischer und emotionaler Besonderheiten nicht in der Lage war, am Unterricht teilzunehmen, wie Otto berichtete.

Auf Nachfrage von Ulrike Haerendel (SPD) sagte Otto, die Flüchtlinge würden sich mit den Sozialbetreuern regelmäßig zu Bewohnermeetings treffen. Dort würden ganz alltägliche Dinge wie Mülltrennung oder Energiesparen besprochen, aber auch Themen wie das Zusammenleben, Gleichberechtigung von Frau und Mann und Integration ins Garchinger Leben kämen zur Sprache. Im neuen Containerhotel gibt es im Erdgeschoss auch Räume, die von den Helfern für Kinderbetreuung oder Deutschkurse genutzt würden oder aber als Treffpunkt der Bewohner dienen könnten. Demnächst werden dort zwei Computer installiert, die von der Agenda 21 gespendet wurden.

Bastian Dombret (FDP) wollte wissen, ob der Platz ausreicht für die Anzahl an Asylbewerbern, die Garching aufnehmen soll. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sprach von 445 Menschen bis zum Ende des Jahres, "aber die Frage ist, ob diese Zahl erreicht wird". Denn derzeit würden nur kleine Kontingente an der Grenze durchgelassen, ",man will vermeiden, dass auf einen Schlag 10 000 Menschen hier ankommen." Garching könne im Containerhotel und den Containern daneben etwa 300 Menschen aufnehmen. Doch wenn das Containerhotel voll belegt sei, wäre es sinnvoll, Holzhäuser auf dem Gelände aufzustellen für zusätzliche Flüchtlinge. Die Einheiten sind für je 48 Bewohner ausgelegt. "Das geht innerhalb von einer Woche", sagte der Bürgermeister. In diesen Wohnunterkünften dürften auch Fehlbeleger bleiben, die bereits eine Anerkennung haben. "Aber die Stadt wird sich bemühen müssen, noch andere Wohnungen anzumieten", sagte Gruchmann.

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