Garching:Diakonie soll neues Kinderhaus übernehmen

Garching: Die Arbeiterwohlfahrt betreibt in Garching das Kinderhaus Regenbogenvilla. Nun soll die Diakonie den Zuschlag für die nächste Einrichtung erhalten.

Die Arbeiterwohlfahrt betreibt in Garching das Kinderhaus Regenbogenvilla. Nun soll die Diakonie den Zuschlag für die nächste Einrichtung erhalten.

(Foto: Rumpf)

Garchinger Stadträte entscheiden sich im Hauptausschuss gegen das günstigere Angebot der Arbeiterwohlfahrt

Von Gudrun Passarge, Garching

Arbeiterwohlfahrt oder Diakonie? Bei der Diskussion über die Trägerschaft für das geplante Kinderhaus Untere Straßäcker haben sich die Stadträte im Hauptausschuss nach einer kontroversen Diskussion mehrheitlich für die Diakonie ausgesprochen. Sie folgten damit dem Vorschlag der Verwaltung: "In der Abwägung zwischen dem kostengünstigsten Träger (Awo) und einem möglichst breit aufgestellten Angebot der Kindererziehung sieht die Verwaltung daher bei der Diakonie die Trägerschaft für das nächste Garchinger Kinderhaus am vorteilhaftesten angesiedelt."

Das geplante Kinderhaus Untere Straßäcker mit zwei Kinderhort- und zwei Kindergartengruppen ist immer für Debatten gut. In heißen Redeschlachten hatten sich die Stadträte in früheren Sitzungen bereits über die optimale Ausrichtung des Gebäudes gestritten und die Pläne des Architekten verworfen. Nun ging es um den Träger, der bei der Neuplanung und Ausgestaltung des Gebäudes miteinbezogen werden soll. Wie Cornelia Otto erläuterte, sie ist im Rathaus zuständig für den Bereich Kinder und Jugendliche, sind sieben potenzielle Träger angeschrieben worden, drei haben sich dem Stadtrat vorgestellt: die Arbeiterwohlfahrt, die Johanniter und die Diakonie Jugendhilfe Oberbayern. Otto bescheinigte allen drei Bewerbern "gleichwertige Bewertungen aus sozialpädagogischer und organisatorischer Sicht".

Die Awo kenne man ja bereits, bei den anderen Bewerbern habe die Verwaltung in den Gemeinden nachgefragt, die bereits Erfahrungen mit diesen Trägern hätten. Bei der Diakonie hebt die Sitzungsvorlage besonders die langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Asylbewerbern und minderjährigen Flüchtlingen hervor sowie ein eigenes konzipiertes Fortbildungsprogramm für Mitarbeiter in diesem Bereich. Auch in Garching würden die minderjährigen Flüchtlinge von der Diakonie betreut.

Doch Teile der SPD, die beiden Grünen sowie auch Armin Scholz von den Bürgern für Garching wollten die Beschlussvorlage der Verwaltung nicht akzeptieren. Nihan Yamak (SPD) kritisierte besonders das Arbeitsrecht der Kirchen, bei dem sie bezweifelte, ob es überhaupt EU-konform sei. Auch Scholz nannte es einen Staat im Staate: "Ich kann nicht verstehen, dass Kirchenrecht über Arbeitnehmerrecht steht." Er verwies auf Neuried, das seines Wissens nach in einem Vertrag mit einem kirchlichen Träger diese Rechte für Arbeitnehmer eigens garantiert habe. Ingrid Wundrak (Grüne) blies ins gleiche Horn. "Ich bin für eine Trennung von Kirche und Staat." Gerade in einem Ort wie Garching mit so vielen Nationalitäten sei Neutralität "ganz, ganz wichtig" und die sehe sie nur bei der Awo garantiert. Außerdem bringe es Synergieeffekte, wenn die Awo ein zweites Haus in Garching betreibe. Dritter Bürgermeister Walter Kratzl (Grüne) sagte, die Awo sei die einzige glaubensoffene Einrichtung und die billigste noch dazu.

Werner Landmann, der die Entscheidung für die Diakonie schließlich zum Anlass nahm, aus der SPD auszutreten und sich der Grünen-Fraktion anzuschließen, störte sich am meisten an dem von der Verwaltung vorgebrachten Pluralitätsgebot. Landmann ist stellvertretender Kreisvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, betonte jedoch, er könne mit abstimmen, weil er keinerlei persönlichen Vorteil von der Entscheidung hätte. Er schlüsselte die Verteilung der Trägerschaften in den Kinderbetreuungseinrichtungen auf. Von mehr als 20 in Garching betreibe die Arbeiterwohlfahrt lediglich drei. Die restlichen wären in Händen von kirchlichen Institutionen oder der Nachbarschaftshilfe. "Die Trägervielfalt bliebe also auf jeden Fall erhalten, egal, wer den Zuschlag erhält", sagte Landmann. Er betonte auch noch einmal, dass die Awo das günstigste Angebot abgegeben habe, angesichts der Haushaltslage wundere er sich, dass dieses Thema keine Rolle spiele. Aber Cornelia Otto und Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) betonten, dass sich diese Zahlen noch angleichen würden, da die Berechnungen der Bewerber von außerhalb sich auf exemplarische Zahlen der Stadt bezogen, während die Awo die Verhältnisse in der Stadt schon kenne. "Es ist völlig normal in einer Wettbewerbsgesellschaft, wenn andere zum Zuge kommen", sagte Gruchmann. "Die Awo hat das vorletzte Kinderhaus gekriegt, jetzt wär' mal jemand anders dran."

Für den Vorschlag der Verwaltung plädierte auch Bastian Dombret (FDP). Er fand, die Vorteile würden bei der Diakonie überwiegen. Zum einen erhoffte er sich bei der Diakonie andere Netzwerke und eine zusätzliche Chance, Erzieher zu gewinnen, zum anderen schloss er sich dem Argument an, sie verfüge über eine große Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen, "das wiegt relativ schwer". Die CSU hatte ohnehin kein Problem mit dem Beschlussvorschlag. "Wir können damit sehr gut leben. Wir werden gegen die Awo und für die Diakonie stimmen", kündigte Salvatore Disanto an. Gegen die Diakonie sprachen sich Yamak, Landmann, Scholz, Kratzl und Wundrak aus. Jetzt hat der Stadtrat das letzte Wort.

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