Garching:Behörden geben BMW Entwarnung

Garching: Wo einst dicke, meterhohe Bäume standen, wurde auch Kart gefahren. Heute entsteht auf dem Gelände in Garching ein Auslieferungszentrum von BMW.

Wo einst dicke, meterhohe Bäume standen, wurde auch Kart gefahren. Heute entsteht auf dem Gelände in Garching ein Auslieferungszentrum von BMW.

(Foto: oh)

Auf dem Gelände der ehemaligen Kartbahn in Garching, wo der Autohersteller sein Auslieferungslager errichtet, schlummert eine Altlast. Laut Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt geht davon aber keine Gefahr aus.

Von Sabine Wejsada, Garching

Der Anblick ist trostlos: Von den großen Bäumen auf dem Gelände der zum Jahresende geschlossenen Kartbahn in Garching-Hochbrück sind nur noch die zerteilten dicken Stämme übrig, die wegen ihrer Ausmaße davon zeugen können, wie mächtig die Gewächse waren. Die Bäume standen einem Projekt im Weg, das BMW an der Mallertshofener Straße plant. Der Automobilhersteller wird dort ein Auslieferungslager für Neuwagen errichten. Während es für die umgeschnittenen Bäume Ersatzpflanzungen geben soll, wird von der seit 1962 auf dem Gelände beheimateten Kartbahn nichts mehr übrig bleiben.

Bereits im vergangenen Dezember hatte sich der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss des Garchinger Stadtrats mit dem Vorhaben von BMW einverstanden erklärt. Teilweise bleiben die befestigten Flächen der Kartbahn erhalten, ansonsten wird der Boden neu verfüllt und mit Rasengittersteinen ausgelegt. Die westliche Rampe dient als Anschluss an das bereits bestehende Auslieferungslager des Münchner Fahrzeugherstellers. Nach Aussagen der Garchinger Bauverwaltung ist mit dem Landratsamt München abgestimmt worden, dass ein Verbleib des Bahnkörpers kein Problem darstelle. "Der künftige Autoabstellplatz wird durchgehend wasserdurchlässig gebaut. Somit versickert das Niederschlagswasser großflächig und nicht punktförmig", heißt es dazu aus dem Rathaus.

Doch das Grundstück an der Mallertshofener Straße ist laut Altlastenrecherche eine Verdachtsfläche, weil es früher zur Kiesausbeute genutzt und wiederverfüllt wurde, ehe dort in den Sechzigerjahren die Kartbahn entstand. Laut Garchinger Bauverwaltung ist davon auszugehen, dass die Fahrbahn und die anderen versiegelten Flächen wie eine Sperrschicht funktionieren. Eine Gesamtsanierung des 22 000 Quadratmeter großen Areals kommt wohl nicht in Betracht, da in solchen Fällen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewährleistet wäre, wie es in den Unterlagen aus dem Bauamt heißt. In Garching wundert sich so mancher über diese Einschätzung - und mutmaßt, dass diese wohlwollende Betrachtung unter Umständen am Bauherren - der Firma BMW - liegen könnte.

Weitere Analysen sollen folgen

Die Kreisbehörde wie auch das hinzugezogene Wasserwirtschaftsamt weisen diesen Verdacht von sich. "Die Entscheidung über einen Bauantrag richtet sich danach, wie ein Sachverhalt nach der herrschenden Rechtslage zu beurteilen ist. Die Person des Antragstellers ist hierfür völlig irrelevant", heißt es aus dem Landratsamt. Und auch das Wasserwirtschaftsamt München trägt den Verbleib des Fahrstreifens der Kartbahn mit, wie Stephanie Winkelmann, Abteilungsleiterin für den Landkreis München, sagt.

Der Grundstückseigentümer sei früh auf das Wasserwirtschaftsamt zugekommen, um den Boden prüfen zu lassen, berichtet Winkelmann. So habe man in einer sogenannten orientierenden Altlastenuntersuchung diverse Bohrungen auf dem Gelände vorgenommen. Erste Ergebnisse liegen nun vor: "Ein bisschen was ist sichtbar", sagt die Fachfrau, was jedoch auf die Kartbahn und weniger auf den Müll im Untergrund zurückzuführen sei. Eine größere Sache dürfte dies nicht sein, sagt Winkelmann, Gefahr für das Grundwasser gehe davon nicht aus. Unter Umständen müsse der Bauherr aber "den Oberboden abziehen". Weitere Analysen sollen folgen.

Das Wasserwirtschaftsamt ist im Garchinger Ortsteil Hochbrück in der Vergangenheit immer wieder gefragt gewesen. Wegen der früheren Kiesgruben stand der Bereich öfter im Fokus der Behörde. "In den Sechziger- und Siebzigerjahren ist bei der Verfüllung nicht besonders auf eine Umweltverträglichkeit der eingebrachten Materialien geachtet worden", so Winkelmann. Ihr Kollege Andreas Scholz, beim Wasserwirtschaftsamt Fachbereichsleiter für Grundwasser und Altlasten, sagt, in Hochbrück sei vor allem Bauschutt zur Grubenverfüllung verwendet worden. Und das sei eher unproblematisch.

Bisher habe es im Landkreis keinen Sanierungsfall gegeben

Im Altlastenkataster, das vom Landratsamt geführt wird, ist der Garchinger Ortsteil als Verdachtsfläche ausgewiesen. Scholz erklärt, wie die Untersuchung funktioniert. Zunächst gibt es seinen Worten zufolge eine historische Erkundung, in der Luftbilder ausgewertet und, falls vorhanden, Zeitzeugen befragt werden. Danach folgt die Untersuchung des Bodens: Fachleute bohren dabei bis zur unbelasteten Schicht, der Untergrund wird meterweise untersucht und mit festen Grenzwerten verglichen. Gibt es einen Verdacht, schließt sich eine Detailuntersuchung an, um das Ausmaß der Verunreinigung zu ermessen. Die Experten erkunden dabei "verschiedene Wirkungsgrade", wie Scholz erklärt: Zum Beispiel wie sich eine Belastung des Bodens auf das Grundwasser auswirken kann oder ob die Stoffe im Boden die Gesundheit des Menschen gefährden können. Letzteres muss geklärt werden, wenn etwa ein Spielplatz auf einer Verdachtsfläche entstehen soll.

Schlummern im Boden für Grundwasser und Menschen gefährliche Altlasten, steht eine Sanierung an - mit Bodenaushub, Absaugungen und einer Reinigung des Grundwassers. Im Landkreis habe es bisher keinen derartigen Fall gegeben, sagt Scholz, aber vor mehr als 15 Jahren in München. Als das alte Gaswerk an der Dachauer Straße abgerissen wurde, kamen im Untergrund des 200 000 Quadratmeter großen Geländes toxische Teerrückstände zum Vorschein. Der Boden musste ausgetauscht, 300 000 Tonnen Erde, Kies und Abbruchmaterial mussten in komplizierten Verfahren gereinigt werden. Man habe sogar den Grundwasserstrom absperren müssen, erinnert sich Scholz, das Wasser musste Aktivkohlefilter durchlaufen.

Auf dem Gelände der früheren Kartbahn sind solche Schritte nicht nötig, wie Stephanie Winkelmann vom Wasserwirtschaftsamt sagt. Es werde ja nur eine Stellfläche auf einer Kiesschicht mit Rasengittersteinen errichtet. Diese lasse sich schnell wieder entfernen, sollten sich neue Erkenntnisse ergeben. "Beim einem mehrstöckigen Haus täte man sich da schwerer", so Winkelmann.

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