Garching:Bedenklicher Boom

Seit zehn Jahren verteilt der "Garchinger Tisch" Essen an Bedürftige. Dass die hohe Nachfrage seine Notwendigkeit bestätigt, freut die Initiatoren gar nicht

Von Laura Zwerger, Garching

Jede Woche sammeln sie Essen ein, bringen es in die Räume der Pfarrei und teilen es an Bedürftige aus: Der "Garchinger Tisch" feiert heuer sein zehnjähriges Bestehen, 32 ehrenamtliche Helfer werden dafür am Sonntag in der katholischen Pfarrei St. Severin geehrt.

Das Projekt wurde 2006 von der Caritas Schleißheim-Garching, der Stadt Garching und der Pfarrei ins Leben gerufen. "Viele Leute kamen nach der Einführung der Hartz-IV-Gesetze auf uns zu und suchten Hilfe", erzählt Claudia Mammach, Fachdienstleiterin der Caritas im Landkreis. Außer der Münchner Tafel und dem 2004 in Unterföhring gegründeten Projekt "Mahlzeit" der dortigen Nachbarschaftshilfe, gab es noch keine Essensausgaben im Landkreis; diese sollten erst in den folgenden Jahren ihre Arbeit aufnehmen.

Seit zehn Jahren werden in Garching jeden Freitag Essensrationen an rund 130 bedürftige Anwohner in einem Raum der Pfarrei St. Severin verteilt, darunter etwa 30 Kinder und 40 Senioren. Ein Anrecht auf die Spenden haben alle Garchinger Bürger, die auf Grund eines geringen Einkommens Sozialleistungen beziehen.

Sie können sich jeden Freitagvormittag beim "Garchinger Tisch" Lebensmittel abholen, die von Geschäften der Stadt gespendet wurden. "Besonders der Einzelhandel in Garching ist sehr großzügig", lobt Mammach. Vom Discounter bis zum kleinen Bäcker oder dem lokalen Bauern bekomme der Garchinger Tisch regelmäßig Essensspenden. Welche Art von Lebensmitteln sie von den über 15 Spendern erhalten, das hänge dabei von der jeweiligen Saison ab.

Ziel der Essensausgabe ist jedoch nicht, dass Menschen vor dem Verhungern gerettet werden müssen. "Das ist ein Irrglaube, bei uns verhungert niemand", stellt Mammach klar. Vielmehr gehe es darum, dass sich Bedürftige durch die Essensspenden Geld einsparen können, welches sie dann für eine Fahrkarte, Kleidung oder Schulmaterial verwenden können. Durchschnittlich 30 Euro spare eine Einzelperson wöchentlich durch die Essensspende des "Garchinger Tisches", bei Familien summiere sich der Betrag sogar auf bis zu 50 Euro.

"Hier geht es letztendlich um die Umverteilung von Nahrung, welche der eine zu viel und der andere zu wenig hat", sagt Mammach. "Etwas zu ersetzen ist nicht unser Ziel - das würden wir gar nicht schaffen." Daher werden generell auch keine Lebensmittel außer Grundnahrungsmittel wie Milch, Mehl, Reis oder Nudeln zugekauft; zu Ostern, Kirchweih oder zum Schulanfang gebe es allerdings teils zusätzliche Geschenke, wenn großzügige Spenden von Unternehmen oder Privatpersonen eingingen. Auch beteiligt sich der "Garchinger Tisch" immer wieder an gesellschaftlichen Aktionen wie Schulausflügen oder Nikolausfeiern.

Dass das Projekt seit nun zehn Jahren erfolgreich läuft, sieht Mammach allerdings weniger als einen Grund zum Feiern: "Eigentlich ist es kein Erfolg - es wäre uns viel lieber, es bräuchte die Einrichtung nicht mehr."

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