Garching:Aus zwei mach eins

Garching: Studenten unter sich: Das moderne Gebäude der Mathematik-Fakultät. Künftig soll sich das universitäre Leben mehr nach außen öffnen.

Studenten unter sich: Das moderne Gebäude der Mathematik-Fakultät. Künftig soll sich das universitäre Leben mehr nach außen öffnen.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • In Garching existieren zwei Welten. Die eine ist das Leben im Hochschul- und Forschungszentrum . Die andere das Leben in der Gemeinde selbst.
  • Die Garchinger Bevölkerung, das Rathaus und auch die Leitung der verschiedenen Institute möchten das seit langem ändern.
  • Architekten und Städtepläner präsentierten daher den Kommunalpolitikern ihren "Masterplan Science City Garching", der die Bebauung des Hochschul- und Forschungszentrums langfristig festlegen soll.

Von Cathrin Schmiegel, Garching

In Garching existieren zwei Welten. Die eine ist das Leben im Hochschul- und Forschungszentrum - voll von Studenten, Lehrpersonal und hochqualifizierten Spezialisten mit wenig Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Die andere das Leben in der Gemeinde selbst mit ein wenig mehr Optionen. Berührungspunkte zwischen beiden gibt es wenige, die Realität geht eher in Richtung einer hermetischen Abriegelung denn eines symbiotischen Miteinanders. Die Garchinger Bevölkerung, das Rathaus und auch die Leitung der verschiedenen Institute möchten das seit langem ändern. Am Donnerstagabend wagten Vertreter eines Teams aus Architekten, Städtebauern, Verkehrsplanern und Landschaftsarchitekten im Garchinger Stadtrat einen Vorstoß.

Sie präsentierten den Kommunalpolitikern ihren "Masterplan Science City Garching", der die Bebauung des Hochschul- und Forschungszentrums langfristig festlegen soll. Auch hier war man sich einig: "Wir wollen den Campus für Garchinger öffnen", sagte Ute Schneider, Leiterin des zuständigen Architekturbüros. Mit der Zielrichtung des Entwurfs waren die Stadträte zufrieden. Widerworte gab es wenige.

Auf Modernisierung reagieren

Schneider und Mark Michaeli, Städtebauer und Inhaber des Lehrstuhls für Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land an der Technischen Universität, legte eine Strategie zur Planung vor, die allerdings nur die Grundstrukturen einer möglichen Entwicklung aufzeigte. Mit dem Masterplan sollen Varianten zur Gestaltung dargestellt werden. Die sehen eine verdichtete, kompakte Anlage vor, wenn der Campus weiter wächst, und die Fakultäten auf Modernisierungsvarianten reagieren müssen.

Auf dem Gelände im Garchinger Norden haben derzeit etwa Institute der Technischen Universität, der Max-Planck-Gesellschaft, der Ludwig-Maximilians-Universität und der Fraunhofer Gesellschaft einen Standort. Drei weitere Fakultäten seien nach dem neuen Planungsstand möglich, sagte Michaeli. "Der Plan ist ein Rahmen- und Regelwerk, der vorgibt, an was sich die Architekten künftig halten müssen, um eine Nachverdichtung effizient zu lösen."

Prädestiniert sei dafür ein L-förmiger Bau, der bereits bestehende Elemente integrieren kann. Auf diese Weise soll im Westen ein neuer Campusteil entstehen. Der "Campus West" soll als neuer Standort für die Fakultät Elektrotechnik und Informatik fungieren. Mit der Anlage würde sich so außerdem ein neues Zentrum ergeben, das alle Campusteile miteinander verknüpft. Der sogenannte "Circle" hätte gleich mehrere Vorteile: Die zentrale Mitte würde mit Kommunikationszentren und Freiflächen zum belebten Platz, die Wege von den verschiedenen Fakultäten zu zentralen Punkten würden kurz gehalten.

Privileg für Radfahrer und Fußgänger

Auch wenn man so schneller von A nach B käme, soll das Verkehrsaufkommen so gering wie möglich gehalten werden. Schneider und Michaeli greifen dabei von zwei Seiten an: sie wollen zentrale Parkplätze schaffen, vorwiegend untergeschossig, und das Netz für Fahrradfahrer ausbauen. "In unserem Masterplan existiert eine klare Privilegierung von Radfahrern und Fußgängern", sagte Michaeli. "Wir planen Routen, die teils nur für Räder zugänglich sind."

Um auch die direkte Zufahrt zur Isar zu ermöglichen, sind die Architekten derzeit mit dem Max-Planck-Institut im Gespräch. An dem neuen "Science Park Garching" wird der öffentliche Nahverkehr dennoch nicht ignoriert. Eine Zufahrt für Busse wird möglich bleiben, für den Weg von dem Ost- in den Westteil könnte den Leuten ein Shuttle zur Verfügung stehen.

"Erst einmal nichts einzuwenden"

Die Resonanz auf die planerischen Feinheiten war bei den Stadträten am Donnerstag sehr positiv. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) hatte "erst einmal nichts einzuwenden". Die Stadträte ebenso wenig: Ingrid Wundrak von den Grünen betonte lediglich noch einmal die Wichtigkeit des Radverkehrs und den öffentlichen Zugang zu den Sportanlagen, Florian Baierl (Unabhängige Garchinger) merkte an, dass die Busse am Campus derzeit nicht ausreichen würden und Joachim Krause (SPD) erfragte den Planungsstand für eine zukünftige Energieversorgung. Michaeli verwies bei dem letzten Punkt an die Institutsleiter, die sich des Themas annehmen werden. Der Masterplan mache dabei keine Vorgaben. "Er ist so ausgelegt, dass er in Zukunft nichts verhindert", sagte Michaeli.

Einen wesentlichen Punkt dagegen wollen die Planer mit ihren Ausführungen nicht dem Zufall überlassen: die Belebung des Campus und dessen Öffnung für die Gemeinde Garching. Die Grünflächen sollen künftig auch der Bevölkerung zur Verfügung stehen, auch für die sportliche Betätigung. Zudem sind mehr Events geplant. Das bevorstehende Wochenende mit der Nacht der Wissenschaften und dem Garnix-Festival könnte in die Zukunft weisen. Schneider will jedenfalls weg von dem bestehenden "9-bis-17-Uhr-Betrieb". Die nächsten Wochen soll in den Fraktionen über den vorgestellten Plan diskutiert werden. Würde er realisiert, könnte das Hochschul- und Forschungszentrum ein Knotenpunkt für Wissenschaft und Gesellschaft werden. Und die Parallelwelt Campus wäre passé.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: