Forstwirtschaft:Schwarz-grün

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Bei einer Begehung des Forstenrieder Parks betont Minister Helmut Brunner die Bedeutung der Wälder am Stadtrand und ruft die Eiche als "Zukunftsbaum" aus

Von Jürgen Wolfram, Landkreis

Für Staatsminister Helmut Brunner (CSU), verantwortlich für das Ressort Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, und Forstbetriebsleiter Wilhelm Seerieder sind ihre Bestände "Hotspots der Biodiversität" oder ein "Geschenk der Waldhistorie". Dem Biotopbaum Eiche kommt eine überragende Bedeutung beim Aufbau klimatoleranter, standortgerechter Mischwälder rund um München zu. Erst recht gilt dies für die Umsetzung des regionalen Naturschutzkonzeptes des Forstbetriebes München, am Montag naturnah vorgestellt im Forstenrieder Park.

Entwickelt werden soll ein Netz hochwertiger Flächen und Strukturen, von denen Menschen, Tiere und Pflanzen gleichermaßen profitieren. Die Voraussetzungen für einen Erfolg dieser "maßgeschneiderten" Strategie bewertet Forstminister Brunner als günstig, denn Grünwalder und Perlacher Forst oder auch der Forstenrieder Park sowie andere Reviere am Rande Münchens befänden sich dank beispielhafter Führung des Forstbetriebes schon jetzt in ausgezeichneter Verfassung.

Bei allen Bemühungen um eine naturnahe Waldbewirtschaftung warnte Brunner davor, vom Prinzip des Schützens und Nutzens abzuweichen. Ganze Flächen aus der Hege durch Forstfachleute herauszunehmen, wie gelegentlich gefordert, führe unweigerlich in den Urwald, der alles andere wäre als klimastabil: "An jeden Hektar Wald werden die verschiedensten berechtigten Forderungen gestellt. Die Menschen schätzen ihn als Erholungsraum, Sägewerke sind auf ihn angewiesen, für die Bauwirtschaft werden Holzkonstruktionen und -dämmungen immer wichtiger." Wälder nicht zu bewirtschaften, stünde auch im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen, auf die sich die Staatengemeinschaft kürzlich erst in Paris verständigt habe, denn: Jeder Kubikmeter Holz als Baustoff oder Energieträger verhindere den Ausstoß von mehr als einer Tonne CO₂ aus fossilen Quellen. "Sofern nicht mehr genutzt wird als nachwächst, stimmt die Rechnung", erklärte Brunner. Bayern habe sich in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen, verfüge aus gutem Grund über die größten Holzreserven in Mitteleuropa.

Im Staatswald stünden vor allem die regionalen Naturschutzkonzepte für einen intelligenten Naturschutz, der allen Ansprüchen gerecht werde. Denn diese würden auf die besonderen Verhältnisse der Region zugeschnitten, so Brunner. Von größter Bedeutung seien stadtnahe Wälder, was sich im Konzept des Forstbetriebes München exzellent widerspiegele. Der Gesellschaft den Wald "als Multitalent" zu vermitteln, seine einzigartige Komplexität noch besser zu kommunizieren und die Notwendigkeit der Durchforstung offensiv zu erklären, seien vorrangige Zukunftsaufgaben. Vertreter des Bundes Naturschutz empfahlen in diesem Zusammenhang dringend, die Schulen in solche Bemühungen einzubeziehen. Denn Waldkunde sei dort bisher nahezu unbekannt.

Etwa zwei Drittel der Wälder des Forstbetriebes München sind von Nutzbäumen wie der Fichte geprägt. Wilhelm Seerieder bezeichnete diese als "relativ naturfern". Die Zeichen stünden deshalb auf Diversifizierung, ablesbar am Vorbau mit Buchen und neuerdings auch wieder Tannen. Wegen ihrer einzigartigen Habitatsqualität und ökologischen Reichweite sei jedoch die Eiche der "Zukunftsbaum" im Wald, unverzichtbar als idealer Rückzugsort für seltene Käfer- und Pilzarten. Im Rahmen einer einjährigen Untersuchung habe man an Eichen 236 verschiedene Holzkäfer identifiziert, von denen 88 auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen. Leider sei die Verjüngung der Bestände wegen Verbissproblemen nur mit Einzäunungen möglich. Man werde dies aber sukzessive ändern, kündigte der Forstbetriebsleiter an.

Das Naturschutzkonzept ist, wie staatlicher Waldbau generell, auf sehr lange Zeiträume ausgelegt und um Interessenausgleich bemüht. Das war nicht immer so: Raubbau, Beweidung, die Priorisierung der Hofjagd oder auch Kriegsreparationshiebe setzten etwa dem Forstenrieder Park in früheren Jahrhunderten erheblich zu. Davon habe sich das Gebiet gut erholt, konstatierte Brunner.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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