Flüchtlingsunterkünfte:Kein Platz für Deutschkurse

Flüchtlingsunterkünfte: In den Feel-Home-Häusern (hier in Taufkirchen) sollen Asylbewerber selbständig wohnen.

In den Feel-Home-Häusern (hier in Taufkirchen) sollen Asylbewerber selbständig wohnen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Feel-Home-Unterkünfte für Asylbewerber erhalten viel Lob für ihren hohen Wohnstandard. Gemeinschaftsräume für Deutschkurse und andere Angebote der Helferkreise sind im Konzept nicht vorgesehen. Ein Mangel, kritisieren Ehrenamtliche.

Von Irmengard Gnau und Stefan Galler

Ob es um Sprachkurse geht, die Unterstützung bei Behördengängen oder das Zurechtfinden am neuen Wohnort: Die Helferkreise leisten einen großen Beitrag dazu, die ankommenden Asylbewerber in den Landkreiskommunen aufzunehmen. Hunderte Bürger engagieren sich ehrenamtlich. Für ihre wertvolle Arbeit sind auch die zuständigen Behörden dankbar, wie nicht zuletzt Landrat Christoph Göbel (CSU) immer wieder betont. Für ihre Angebote brauchen die Helfer jedoch eine gewisse Infrastruktur - insbesondere geeignete Räume. Diese aber sind in den Unterkünften nicht immer vorgesehen.

"Gemeinschaftsräume sind ein entscheidendes Plus", fasst Yvonne Meininger vom Helferkreis Asyl in Ismaning ihre Erfahrung zusammen. Dort findet Sprachunterricht statt, die Freiwilligen können Beratungsgespräche führen, Hausaufgabenbetreuung oder gemeinsame Freizeitaktionen anbieten und so Kontaktmöglichkeiten für die Asylbewerber schaffen.

Wenn sie zu den Kursen weit fahren müssen, kommen die Flüchtlinge häufig nicht

Liegen solche Sozialräume allerdings weit von den Unterkünften - die sich nicht selten am Ortsrand befinden - entfernt, so die Erfahrung der Ehrenamtlichen, stelle der Transport einen großen logistischen Aufwand dar. Und damit auch ein Motivationshemmnis. Den Ismaninger Helfern macht es deshalb Sorge, dass bei der Feel-Home-Unterkunft für 224 Menschen, die der Privatinvestor, das Büro Ehret und Klein, in den kommenden Monaten östlich der Bundesstraße B 471 bauen will, Gemeinschaftsräume für die Arbeit der Ehrenamtlichen bisher nicht vorgesehen sind.

„Hohe Bleibeperspektive“

Er schaue interessiert darauf, "was die europäischen Staaten entscheiden", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) am Montag im Kreisausschuss in Bezug auf den Gipfel in Brüssel. An eine schnelle Lösung der Asylthematik glaubt er indes nicht. "Es wäre falsch, wenn wir sagen würden, wir müssen keine weiteren Anstrengungen unternehmen", so Göbel. 3000 der aktuell im Landkreis untergebrachten rund 5000 Flüchtlinge leben in Traglufthallen und Notunterkünften. Das könne kein Dauerzustand sein.

Deshalb sei es so wichtig, dass die Gemeinden weiterhin dabei helfen, potenzielle Grundstücke zu finden und mit dem Landkreis zusammenzuarbeiten. "Es herrscht weiterhin eine aktive Kooperation", so Göbel, der dies "bemerkenswert" findet: "In anderen Gegenden ist die Stimmung seit den Vorfällen von Köln an Silvester ganz anders." Er spüre bei Informationsveranstaltungen zu geplanten Asylbewerberunterkünften "viel Angst" in der Bevölkerung, doch diese weiche meist einer "hohen Akzeptanz, sobald die Unterkünfte in Betrieb gehen".

Generell bestehe für die Flüchtlinge, die dem Landkreis München zugewiesen werden, "eine hohe Bleibeperspektive". Damit meint der Landrat die Tatsache, dass die Schutzsuchenden fast ausschließlich aus Krisengebieten kommen und die Chancen auf eine Anerkennung gut stünden. Senegal sei eines der wenigen als sicher geltenden Herkunftsländer, aus denen noch immer Flüchtlinge in den Landkreis kämen.

Grünen-Fraktionschef Christoph Nadler wollte dann noch wissen, inwiefern die in den Haushaltsverhandlungen beantragten Stellen für die Stabsstelle Asyl im Landratsamt bereits besetzt seien. Göbel sprach von einer "Ausschreibungs- und Einstellungswelle", die jetzt anläuft. "Ich hoffe auf schnelle Besetzungen, die Überlastungsanzeigen im Haus häufen sich." stga

Feel-Home-Häuser gibt es im Landkreis bereits in Taufkirchen, Haar und Gräfelfing, weitere sind in Oberhaching, Ottobrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, und Planegg geplant. Jedes der modular aufgebauten Holzhäuser besteht aus vier Wohnungen für je acht Personen, mit Küchenzeile und Bad. In den Unterkünften in Haar, Taufkirchen und Gräfelfing steht je eine Wohnung als Büro für den Sicherheitsdienst und die Sozialbetreuer des Landratsamts, die regelmäßig Ortsbesuche machen, zur Verfügung.

Die Helfer tun sich schwer, Kontakt zu den Bewohnern aufzubauen

Für die Helferkreise sind hingegen keine eigenen Flächen vorgesehen. "Unglücklich", findet das auch Walter Albrecht vom Asylhelferkreis in Taufkirchen. Die Ehrenamtlichen täten sich schwer, Kontakt zu den Bewohnern der neuen Feel-Home-Häuser aufzubauen, erklärt er, unter anderem, weil es keine festen Besprechungsräume gebe, die sie regelmäßig nutzen können.

Auch bei einem Treffen der Helferkreise kürzlich wurde die Raumsituation thematisiert. Albrecht hofft nun, dass das Landratsamt eine Lösung findet. Der Landrat setzt jedoch andere Prioritäten, wie er in der Sitzung des Kreisausschusses am Montag verdeutlichte: "Klarerweise brauchen die Helferkreise Räume", sagte Göbel und betonte, dass man differenzieren müsse: "Dabei handelt es sich aber nicht um Gemeinschaftsräume in den Unterkünften." Es sei wichtiger, größere Wohnungen zu schaffen, schließlich "hoffen wir, dass die Familien bald auf eigenen Beinen stehen und dann brauchen sie möglichst viel Raum".

Die Pressestelle des Landratsamtes unterstreicht die Aussagen: "Beim Konzept der Feel-Home-Unterkünfte steht das selbständige Wohnen im Fokus", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. "Die in Großunterkünften für Gemeinschaftsnutzung vorgesehenen Flächen werden beim Feel-Home-Konzept den einzelnen Wohneinheiten zugeschlagen."

Landrat Göbel regte an, verstärkt "vorhandene Gebäude in den jeweiligen Gemeinden" für Zusammenkünfte der Helferkreise zu nutzen, beispielsweise Bürgerhäuser. In vielen Kommunen ist das bereits gängige Praxis. Doch nicht alle Gemeinden haben geeignete Räumlichkeiten oder der Weg von den Unterkünften dorthin ist weit. Helferkreise setzen sich daher für Räume direkt an den Unterkünften ein. Die Diskussion ist noch nicht zu Ende: Inwieweit Gemeinschaftsflächen künftig in die Wohnkonzepte integriert werden sollen und wer dafür die Kosten trägt, damit werden sich die Kreisgremien demnächst befassen, heißt es aus dem Landratsamt.

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