Feldkirchen:Stunts und Schlachtrufe

Feldkirchen: Freuen sich über den Weltmeistertitel im Cheerleading: Louisa Herrmann, Hannah Bittl, Lena Brobeil und Oliver Niesz.

Freuen sich über den Weltmeistertitel im Cheerleading: Louisa Herrmann, Hannah Bittl, Lena Brobeil und Oliver Niesz.

(Foto: privat)

Vier Sportler der Cheer Base Feldkirchen holen im Team bei der WM in Florida den Titel

Von Vinzenz Neumaier, Feldkirchen

Vier junge Sportler aus Feldkirchen tragen den Titel eines Weltmeisters. Sie waren als Teammitglieder dabei, als die deutsche Nachwuchsmannschaft bei den Cheerleading Weltmeisterschaften in Orlando/Florida die anderen Mannschaften deutlich hinter sich ließen. Louisa Herrmann, Hannah Bittl, Lena Brobeil und Oliver Niesz von der Cheer Base Feldkirchen traten im so genannten COED Junior-Team - also in einer gemischten Mannschaft - an. Wie Romy Moebius, Sprecherin des deutschen Cheerleading-Verbands, sagt, hätten beide deutsche Junior-Teams im Wettbewerb Gold gewonnen. Es sei ein riesiger Erfolg für den Sport in Deutschland, sagt Moebius.

Das Ergebnis schmälert dabei nicht, dass der WM-Modus in dieser von den USA deutlich dominierten Sportart die deutschen Teams nicht gegen die Besten antreten ließ. Laut Moebius gibt es quasi zwei WM-Turniere. Das Turnier der weniger starken Mannschaften habe Deutschland gewonnen, mit der Folge, dass man nächstes Jahr dann gegen USA und Kanada antreten müsse. Die vier Nachwuchssportler aus Feldkirchen hatten sich intensiv auf den Wettkampf in Florida vorbereitet.

Im September 2017 blickt Louisa Herrmann entschlossen in die Kamera. Eine gelbe Schleife ziert ihren langen braunen Pferdeschwanz. Kleine Perlen stecken in ihren Ohrläppchen. Louisa winkelt den rechten Arm an und lässt die Hand an ihrer Hüfte ruhen. Sie will ihren zierlichen Körper größer erscheinen lassen. Sich selbst und ihr Gegenüber beeindrucken. Langsam aber bestimmt beginnt die 13-Jährige zu sprechen. "Hallo ich heiße Louisa...ich cheer seit eineinhalb Jahren." Das Video macht einen Schnitt. Hannah Bittl, Lena Brobeil und Oliver Niesz stellen sich vor. Sie sind drei Jahre älter als Louisa, aber sie haben dasselbe Ziel: Sie bewerben sich mit diesem Video für das deutsche Nationalteam im Cheerleading. Der Sport ist eine Mischung aus Akrobatik, Turnen und einer Menge Kraft und stammt aus den Vereinigten Staaten.

Ein knappes halbes Jahr später. Ein warmer Sonntag im April. Die ersten Menschen genießen die Sonne und trinken Cappuccino im Freien. Hannah, Lena, Louisa und Oliver schleppen blaue Turnmatten durch die Gemeindehalle Feldkirchen und rollen sie aus. Die Matten dienen als Schutz, falls Louisa stürzt. Oliver, Lena und Hannah packen Louisa und hieven sie hoch. Sechs Hände umschlingen ihren linken Fuß, sie thront in über zwei Metern Höhe. Ihr rechtes Bein wandert nach oben. Louisa streckt sich soweit, bis ihre beiden Beine im 180 Grad Winkel zueinander stehen. Sie wirkt zerbrechlich wie eine Elfe und dabei biegsam wie eine Reitgerte. Was die Teenager zeigen, heißt im Cheerleading Sport "Stunt", auf Deutsch Hebefigur. Jeden Sonntag trainieren sie in der Gemeindehalle zusammen mit ihrem Heimatverein, der Cheer Base Feldkirchen.

Die nächste Übung. Alina Scholz, Trainerin bei der Cheer Base, gibt ihr Kommando: "Los." Oliver, braune Haare, hoch gewachsen, Dreitagebart stützt sich auf seinen Händen ab, dreht seinen Oberkörper in die Senkrechte, streckt seinen Rücken durch und schlägt ein Rad. Er landet auf seinen Füßen, nimmt den Schwung mit und hängt ein zweites Rad an. Alles in einer flüssigen Bewegung. In der Turnhalle riecht es nach Schweiß und süßlichem Deodorant. Louisa, Lena, Hannah und Oliver tragen T-Shirts mit der Aufschrift "Team Germany". Unter dem Schriftzug prangt der Bundesadler. Mit diesem auf dem Trikot kämpften sie sich in Orlando zum Sieg.

Für den Erfolg haben Oliver, Lena, Louisa und Hannah viel gegeben. Hinter ihnen lagen anstrengende und entbehrungsreiche Monate. Sie waren die einzigen vier Cheerleader aus Süddeutschland in der deutschen Nationalmannschaft. Ihre Mannschaftskameraden stammten aus Kiel, Hamburg oder Köln. Der deutsche Nationaltrainer sächselt. Dementsprechend weit mussten die vier zum Training fahren. Sechs Mal brachten sie ihre Eltern zum Nationaltraining und holen sie wieder ab. Egal ob nach Limburg, Wolfenbüttel oder Krefeld. Sie fuhren 500 oder 600 Kilometer zum Training. Für das Abschlusstraining mit der 27-köpfigen Nationalmannschaft quartierten sich Lena, Hannah, Oliver und Louisa am ersten Aprilwochenende in einer Jugendherberge in Grünheide im Vogtland ein. Es gab kein Handynetz. "Da war nur Wald und wir", erinnert sich Lena und lacht. Dort übten alle ein letztes Mal die Choreografie: Frühstück, Training, Mittagessen, Training, kurze Pause, Training, Abendessen und danach Training oder Teamabend. "Am Ende hatten wir miesen Muskelkater", sagt Lena.

Es lohnte sich jedenfalls. Für die Weltmeisterschaft hatten sich alle vier von der Schule befreien lassen. Die Klausuren müssen sie nachschreiben. Das ist es ihnen wert. Irgendwann wollen sie so gut sein, wie die "Top Gun All Stars", Profi-Cheerleader aus den USA.

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