Feldkirchen:Fünf Schwarze sind sich nicht mehr grün

Feldkirchen: Die Liste derer, die künftig für die CSU im Feldkirchner Gemeinderat reden, ist mittlerweile relativ überschaubar.

Die Liste derer, die künftig für die CSU im Feldkirchner Gemeinderat reden, ist mittlerweile relativ überschaubar.

(Foto: WOR)

Politische und persönliche Differenzen führen in Feldkirchen zum Austritt von drei Gemeinderäten aus Fraktion und Partei. Vermittlungsversuche scheitern

Von Martin Mühlfenzl, Feldkirchen

Ob es Streit in der einst aus fünf Mitgliedern bestehenden Gemeinderatsfraktion der Feldkirchner CSU gegeben hat? Nein, sagt Herbert Vanvolsem, Ortsverbandsvorsitzender und noch immer für die CSU im Gemeinderat. "Zum Streiten hätten wir uns ja zum Beispiel in Fraktionssitzungen treffen müssen." Nein, sagt auch Reinhard Mulzer, bis vor kurzem CSU-Fraktionschef im Gemeinderat und Parteimitglied: "Streit gab es keinen. Wie auch? Es gab keine Kommunikation."

Miteinander haben sie in der Feldkirchner CSU in den vergangenen Monaten offensichtlich nicht gesprochen. Aber reicht das, um drei von fünf Gemeinderäten nicht nur zum Austritt aus der Fraktion, sondern gleich aus der Partei zu bewegen und eine neue Bewegung im Ort zu gründen?

Aufstellungsversammlung eines Bürgermeisterkandidaten der CSU Feldkirchen

Reinhard Mulzer, 53, verlässt nach 20 Jahren die CSU.

(Foto: Florian Peljak)

Der Ortsverbandsvorsitzende erfährt zufällig von den Austritten

Klar ist, dass ein derartiges Vorgehen nicht nur die Partei und Bürger in Feldkirchen beschäftigt. Wie sehr es im dortigen Ortsverband tatsächlich mit der Kommunikation gehapert haben muss, zeigt die Reaktion des CSU-Kreisvorsitzenden Florian Hahn. "Ich habe davon auch erst nach Weihnachten erfahren", sagt der Bundestagsabgeordnete.

"Ich hatte keine Chance, als Moderator einzugreifen." Mit dem Landtagsabgeordneten Ernst Weidenbusch hat Hahn nach eigenen Worten mehrmals Kontakt mit den Abtrünnigen aufgenommen - allerdings ohne Erfolg. Dennoch gibt sich Hahn überzeugt: "Sie fühlen sich mit der CSU noch verbunden." Hahn glaubt an eine andere Erklärung für die Austritte: "Da spielten persönliche Gründe zwischen den Akteuren eine Rolle. In Feldkirchen menschelt es halt auch."

Herbert Vanvolsem erfuhr vor Hahn und zufällig von den Austritten - bei einem Anruf in der Kreisgeschäftsstelle der CSU am 23. Dezember. "Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet", sagt der Ortsverbandsvorsitzende. Wenn man in einem Team zusammenarbeitet und irgendetwas nicht passt, dann spricht man doch darüber." Mit ihm persönlich seien aber weder Reinhard Mulzer noch Georg Mermi oder Christian Wurth in Kontakt getreten, die nun die neue Fraktion Bürgervereinigung Feldkirchen bilden. So jedenfalls beschreibt es Vanvolsem.

Der Fraktionschef sagt, er sei aus dem Ortsverband ausgeschlossen worden

Mulzer sieht das grundlegend anders. Von Seiten des Ortsverbands habe keine Kommunikation mit den Gemeinderäten stattgefunden. Alleingänge der Partei hätten ihn immer wieder überrascht. "Das habe ich Herbert auch so gesagt. Ich habe ihm auch meine Hilfe angeboten, als er mein Nachfolger als Ortsverbandsvorsitzender wurde", sagt Mulzer. Geärgert habe ihn, dass die Gemeinderäte nicht - wie in den Jahren zuvor - kooptierte Mitglieder des Vorstandes waren: "So haben wir aus dem Ortsvorstand nichts mehr mitbekommen."

Nun ist es das eine, die Fraktion zu verlassen. Aus der Partei auszutreten, die wie im Falle Mulzers zwei Jahrzehnte lang eine politische Heimat bot, aber ist etwas anders. Bei seiner Entscheidung, das deutete Mulzer bereits vergangene Woche in einer ersten Reaktion an, hätten auch bundes- und landespolitische Gründe eine Rolle gespielt. Konkret benennt der ehemalige Fraktionschef die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. "Ich kann das ,Wir schaffen das' und ,Wir brauchen keine Obergrenze' nicht mehr hören", sagt Mulzer.

Warum aber bleibt er nicht jener Partei treu, die gerade diese Obergrenze bei der Zuwanderung fordert? "Weil der bayerische Löwe in Berlin nichts durchsetzt, sondern nur laut brüllt. Das ist doch bei der Maut auch so. Ich bin dafür, aber die Umsetzung ist ein Desaster." Hinzu kämen die andauernden Personalquerelen in der CSU, die Scharmützel zwischen Seehofer und Söder: "Wir wollen das nicht mehr", sagt Mulzer.

Mit Abspaltungen hat die CSU so ihre Erfahrungen

Sein ehemaliger Parteikollege Herbert Vanvolsem macht nach dem Abgang des Trios nun in einer Zwei-Mann-Fraktion mit Ulrich Rüßmann weiter. Dieser Status bleibt ihnen. Vielleicht, sagt Vanvolsem, sei dieser Bruch ja auch eine Chance für einen Neuanfang. "Wir wollen weiter Themen setzen. Uns für den Ort einsetzen. Das ist doch die Aufgabe eines Gemeinderats", sagt er. In diesem Punkt ist er sich mit Herbert Mulzer einig. Der sagt: "Parteien spielen auf dieser Ebene keine so wichtige Rolle. Wir wollen etwas voranbringen."

Einen möglichen Grund für Mulzers Abgang will Vanvolsem aber doch noch nachschieben. "Vielleicht", sagt er, "war die Frustration nach seiner Niederlage als Bürgermeisterkandidat 2014 gegen Werner van der Weck doch zu groß. Vielleicht hat er sich deswegen nicht mehr so in die CSU Feldkirchen eingebracht."

Mit Abspaltungen hat die CSU im Landkreis in jüngster Zeit ihre Erfahrungen. Im Zuge der Kür eines Bürgermeisterkandidaten spalteten sich vor der Kommunalwahl 2014 in Pullach namhafte CSU-Gemeinderäte und -mitglieder ab und gründeten die Vereinigung Wir in Pullach (WIP). Die errang kurz darauf fünf Sitze im Gemeinderat. So viele wie die CSU. Auch dort menschelt es noch immer.

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