Konzert:Feldkirchen statt Hollywood

Seit bald 15 Jahren bringt Kerstin Staudinger mit ihren "Joyful Gospel Singers" inspirierende Chorklänge in den Landkreis

Seit September proben sie wieder, die "Joyful Gospel Singers" aus Feldkirchen. Wie jedes Jahr stehen kurz vor Weihnachten Konzerte an. Wer die Sängerinnen schon einmal erlebt hat, allen voran die Chorleiterin Kerstin Staudinger, der weiß, woher das "Joyful" rührt. Denn klar, es geht um Musik, um Glauben, um Bewegung; aber vor allem geht es um das Schöne im Leben, die Freude - um die "gute Nachricht", wie Gospel übersetzt lautet.

Auf den ersten Blick klingt das Leben von Kerstin Staudinger gewöhnlich. Ehefrau, Mutter zweier Kinder, singt gern - und war lange Zeit Hausfrau. Doch dass hinter der 43-Jährigen eine ganz besondere Persönlichkeit steckt, merkt man, wenn man mit ihr spricht und in ihre Biografie eintaucht. Auch wenn sie seit 25 Jahren in Feldkirchen lebt - ihr englischer Akzent verrät schnell, dass sie ihre Wurzeln woanders hat. Staudinger ist halb Engländerin, halb Deutsche, in Afrika geboren, lebte auf Jamaika, in Malaysia, in Papua-Neuguinea. "Ich habe es geliebt, ich liebe die Tropen, die Mentalität", schwärmt sie. Weil ihr Vater als Unternehmer weltweit unterwegs war, kam sie als Kind viel herum. Damals habe sie immer gesagt, sie wolle niemals einen Deutschen oder Engländer heiraten, weil diese so reserviert seien. Stattdessen wollte sie nach Hollywood gehen und Schauspielerin werden. Doch dann kam alles anders. Die Familie zog nach England, um der Tochter eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Nach ihrem Abitur ging sie als Au Pair nach Heimstetten und lernte dort ihren jetzigen Mann kennen. Seither lebt Staudinger mit ihrer Familie in Feldkirchen. Als ihre beiden Töchter im Kindergarten waren, wuchs der Gedanke, einen Gospelchor zu gründen. Mütter seien oft so fixiert auf die Kinder, dass sie sich selbst vergessen, empfand Staudinger. Mit Konzerten auf Benefiz-Basis, so die Idee, könnten die Mütter etwas für sich selbst und zugleich etwas für andere tun. Auf einen Aushang im Feldkirchner Kindergarten meldeten sich überraschend viele Mütter. 2002 fand das erste Konzert statt - ein großer Erfolg. "Meine Frau ist komplett anders", sie habe viel für ihr Leben gewonnen, habe der Ehemann einer Sängerin ihr danach gesagt, erzählt Staudinger. Insgesamt singen 20 Frauen im Chor.

Innerhalb von drei Monaten werden die Lieder einstudiert. Besonderen Wert legt die Chorleiterin darauf, dass die Sängerinnen die Texte auswendig können und die englischen Wörter richtig aussprechen. Auch sich richtig zur Musik zu bewegen, ist Staudinger wichtig: Die Frauen sollen Ausstrahlung haben, "das muss rüberkommen in den Gesichtern." Beim Auftritt selbst soll schließlich alles ganz locker ablaufen, kleine Fehler, findet Staudinger, machten sympathisch. Auch sie selbst sorgte bei einem der ersten Konzerte für Erheiterung. "Ihr seid alle ganz tolle Meerschweinchen!", lobte sie ihren Chor. Die Leute im Publikum schauten irritiert. Meerschweinchen? Ein Übersetzungsfehler. Sie meinte: Versuchskaninchen.

Staudinger unterwirft sich nicht dem Druck, professionell sein zu müssen. Notenlesen kann sie nicht, beim Dirigieren ist sie Autodidaktin und Gesangsunterricht hatte sie einmal eineinhalb Jahre lang. Mit ihren Benefizkonzerten will die Chorleiterin vor allem Menschen eine Freude machen. "Ich will Trost und Hoffnung spenden, die Menschen emotional erreichen", sagt sie

Die "Joyful Gospel Singers" treten am 27. und 28. November in der evangelischen Kirche sowie am 11. und 12. Dezember im Rathaus Feldkirchen auf. Einnahmen gehen an die Innere Mission Feldkirchen und die Lichtblick-Seniorenhilfe Aschheim.

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