Fahrtraining in Oberschleißheim:Korrekter als die Großen

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15 Kilometer pro Stunde erreichen die kleinen Autos, mit denen die Kinder unterwegs sind. (Foto: Stephan Rumpf)

Auf einem privaten Platz in Oberschleißheim üben Kinder in Miniautos mit Rasenmähermotor die Verkehrsregeln ein. Wer zu viele Fehler macht, muss aufs Bobbycar umsteigen.

Von Johanna Mayerhofer

"Papa ich will noch mal", ruft Leander mit strahlendem Gesicht, während er den Sicherheitsgurt öffnet und aus dem Fahrersitz eines Oldtimers klettert. Der Neunjährige hat sich nicht etwa unerlaubterweise Papas Auto für eine Spritztour ausgeliehen - an diesem Tag manövriert er unweit der Oberschleißheimer Ruderregatta-Anlage ein grünes Auto mit einer Spitzengeschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde über einen Parcours.

Vor Stopp-Schildern und roten Ampeln hält er vorschriftsgemäß an. "Er fährt korrekter, als ich das mit meinem Auto tue", sagt Vater Ralph Knieling, der das Mini-Auto abseits des Parcours mit seinen Blicken verfolgt. Auf dem neu eröffneten Verkehrsübungsplatz in Oberschleißheim fühlt sich sein Sohn "wie die Großen" - und merkt schnell: Als Autofahrer braucht man viel Geduld.

Das Konzept stammt aus Finnland

"Ich wollte früher immer Polizistin werden", erinnert sich Monika Baldrian, Geschäftsführerin des Oberschleißheimer Verkehrsübungsplatzes. Vor einem Jahr begab sich die gelernte Finanzbuchhalterin auf die Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung - und stieß bei ihrer Recherche auf das in Finnland beheimatete Jumicar-Konzept. "Es war perfekt für mich. Ich liebe es zu organisieren und die Arbeit mit Kindern", sagt die zweifache Mutter aus Feldmoching.

Mit sechs Mitarbeitern eröffnete Baldrian Mitte Mai den Platz, der bayernweit der erste seiner Art ist. Kinder von sechs bis 14 Jahren können mit der Fahrt in motorisierten Miniautos Verkehrsregeln und Sicherheit im Straßenverkehr trainieren. Seit der Eröffnung geben nicht nur motorbegeisterte Jungen auf dem Übungsplatz gerne Gas. "Die Mädchen fahren vor allem gerne zu zweit, da lässt es sich gut schnattern", sagt Baldrian.

Überholen ist auf dem ganzen Platz verboten

"Und was bedeutet das?", fragt Alexandra in die Runde, während sie auf ein rundes Schild mit einem schwarzen und einem roten Auto deutet. "Nicht überholen!", rufen ihr Jule, Leonard und Leander einstimmig zu. "Genau, und das gilt auf dem ganzen Gelände, wir sind nicht auf einer Rennbahn", mahnt die Jumicar-Verkehrshelferin die drei Würzburger, die heute unter realistischen Bedingungen ihre Verkehrstauglichkeit trainieren wollen.

Mit fragendem Blick deutet Alexandra auf das nächste Schild, das auf einem großen Plakat abgebildet ist. Die drei Fahranfänger prägen sich alle aufgemalten Schilder der Reihe nach ein. Anschließend dürfen sie in die hintereinander aufgereihten Fahrzeuge steigen. Sicherheit geht vor: Mit Helm ausgerüstet legen die Kinder ihre Sicherheitsgurte an. Rechts Gas, links Bremse, mit dem Lenkrad steuern - bei Jule muss mit einem Kissen im Rücken nachgeholfen werden, dann kann auch die Sechsjährige wie ihr Bruder Leander und Freund Leonard die Pedale mit den Füßen erreichen.

Die Kinder lieben das Motorengeräusch

Anfangs noch etwas zaghaft drehen die Kinder schon bald routiniert ihre Runden auf dem Platz - die auf die Höhe der Autos angepassten Verkehrsschilder immer im Blick. Begleitet werden sie auf ihrer Fahrt von authentischem Motorengeräusch. Die zehn Autos des Verkehrsübungsplatzes, darunter Oldtimer und Jeeps in den Farben Grün, Blau, Gelb und Rot, sind mit Rasenmähermotoren ausgestattet. "Die Motoren verbrauchen sehr wenig Sprit, wir müssen maximal einmal die Woche nachtanken", sagt Baldrian. Ein Elektroantrieb sei gerade in der Testphase. "Das Geräusch ist aber für die Kinder schon ausschlaggebend."

"Ich habe mich an alle Regeln gehalten", sagt Leonard stolz nach seiner ersten Autofahrt. Sind Fahrer weniger vorbildlich unterwegs, steht für wiederholte Verkehrssünder am Eingang des Übungsbereiches ein kleines Gefährt bereit. "Wer dreimal hintereinander gegen Verkehrsregeln verstößt, muss auf das Bobbycar umsteigen", sagt Baldrian. Umgekehrt wartet in der Mitte des Platzes für die erfahrenen Fahrer ein roter Sportwagen - mit ein klein wenig mehr PS unter der Motorhaube.

Die Siebenjährige ermahnt ihre Mutter, wenn sie im Auto mitfährt

Auch die kleine Christine steigt an diesem Vormittag in ein Miniauto. Die Siebenjährige ist Jumicar-Wiederholungstäterin. Mit ihrer Klasse der Grundschule Feldmoching war sie schon einmal auf dem Übungsplatz. Vor allem die Schilder habe sie gut gelernt. Das hat auch ihre Mutter Lydia Pagnin zu spüren bekommen: "Bei orangen Ampeln macht sie mich jetzt immer darauf aufmerksam, dass ich ja rechtzeitig bremse."

In Zukunft möchte Übungsplatz-Geschäftsführerin Monika Baldrian noch mehr Schulen und Einrichtungen für die alternative Verkehrserziehung auf dem Gelände gewinnen - und Schüler auf kommende Autofahrstunden vorbereiten. "Was man einmal gelernt hat, vergisst man so schnell nicht."

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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