Explodierende Schulbaukosten:Hochgerechnet

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Das vor sechs Jahren eröffnete Gymnasium in Höhenkirchen kostete noch 34 Millionen Euro, das schicke Grünwalder schon 60 und das neue Kirchheimer soll sogar 88 Millionen Euro teuer werden. Ein Überblick.

Von Christina Hertel

Geschätzt 88 Millionen Euro könnte das neue Kirchheimer Gymnasium kosten - so teuer war noch kein anderer vergleichbarer Schulneubau im Landkreis München. Zumindest, wenn es bei dieser ersten Schätzung bleibt. Wie viel es am Ende genau wird, ist momentan nämlich schwer zu sagen. In der ersten Prognose enthalten, ist zum Beispiel ein Risikopuffer von mehreren Millionen Euro. Trotzdem wirft das Bauprojekt die Frage auf: Werden Schulen im Landkreis immer teurer? Wird überall so viel Geld ausgegeben wie hier? Und warum scheint der Kostenanstieg kein Ende zu finden? Ein Vergleich von sechs Schulen.

Grünwald

Dass eine Schule gar nicht schicker sein kann, dachten wohl viele, als 2014 das Grünwalder Gymnasium eröffnet wurde. Es gibt sogenannte "Think Tanks" - Gruppenarbeitsräume hätte man dazu früher vielleicht gesagt. Heute haben die nicht nur einen hipperen Namen, sondern auch eine Ausstattung, die dazu passt: Sitzsäcke, Holztische, alles in einem großen Glaskasten. Mit im Preis von fast 60 Millionen Euro ist das Hausmeisterhaus, ein eigenes Gebäude für die Mensa, eine Tiefgarage, und eine Bibliothek enthalten. Das Grundstück ist insgesamt 54 000 Quadratmeter groß. Die Bruttogeschossfläche mit Tiefgarage und Hausmeisterhaus beträgt 26 400 Quadratmeter, für jeden der 524 Schüler also im Schnitt 36 Quadratmeter. Allerdings wollen inzwischen so viele das Grünwalder Gymnasium besuchen, dass schon jetzt, drei Jahre nach der Eröffnung, der Platz eng wird. Gerade wird eine Erweiterung geplant - bis jetzt werden die Kosten auf fast 22 Millionen Euro geschätzt.

Garching

Eigentlich klingt es nach einer Schule, die viel zu bieten hat: vier Sporthallen, Schülercafeteria, Mensa mit Küche, Kicker- und Tischtennisraum, Bibliothek, Aula und noch dazu einen Veranstaltungssaal sowie ein Theatron in den Außenanlagen. Das ist das Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching. Gekostet hat es allerdings nur halb so viel, wie für das Kirchheimer Gymnasium geplant ist: nämlich 47 Millionen Euro. Dabei ist es ebenfalls für 1200 Schüler ausgelegt. Die Bruttogeschossfläche beträgt 19 600 Quadratmeter. Der erste Bauabschnitt war im September 2013 fertig, der zweite ein Jahr später. Probleme gibt es seitdem aber auch: In den Klassenzimmern wurden wegen der starken Wärmedämmung erhöhte Kohlendioxidwerte festgestellt. Gesundheitsschädlich sollen die zwar nicht sein, geärgert haben sich Eltern, Schüler und Lehrer aber trotzdem.

Trudering

Das Gymnasium Trudering gilt als die modernste Schule Münchens. Es ist sogar so beliebt, dass Eltern in der Vergangenheit getrickst haben sollen, um für ihre Kinder einen Platz zu ergattern - zum Beispiel in dem sie eine falsche Adresse, näher an dem Standort der Schule, angaben. Platz ist in dem Gymnasium, das im Herbst 2013 in Betrieb genommen wurde für 1000 Schüler und 100 Lehrer. Es gibt flexible Lernzonen, Neben- und Vorbereitungsräume, etwa für Gruppenarbeiten. Außerdem hat das Gymnasium eine Mensa, eine Aula, eine Dreifachsporthalle mit Tribüne für etwa 500 Personen. Außergewöhnlich sind die Freiflächen. Statt einfach bloß einen gepflasterten Pausenhof gibt es auch noch einen grünen Aufenthaltsbereich mit Bäumen und Sitzgelegenheiten. Und auf einer weiteren Rasenfläche stehen Spielelemente. Die Bruttogrundfläche der Schule beträgt etwa 23 000 Quadratmeter , die Nutzfläche ist etwa 17 000 Quadratmeter groß. Gekostet hat all das 68 Millionen Euro.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Besonders ist beim Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn das Finanzierungsmodell: Die Schule, die im August 2011 eröffnete, wurde in öffentlich-privater Partnerschaft verwirklicht. Das heißt: Investoren, in diesem Fall die Bayern LB und der Baukonzern Hochtief, planten, finanzierten, bauten und bewirtschaften die Schule für die öffentliche Hand. Der Vorteil für die Kommunen und den Landkreis: Sie mussten die Investition von damals 34,2 Millionen Euro nicht auf einen Schlag alleine bezahlen, sondern können das gestückelt tun. Der Nachteil: Der Vertrag hat eine lange Laufzeit von 25 Jahren, solange sind Kreis und Kommunen an den Investor und Betreiber gebunden. Kritisiert wird auch das komplizierte, undurchsichtige Vertragskonstrukt. Momentan ist die Schule nicht ganz voll. Sie ist für 960 Schüler ausgelegt, hat momentan aber nur 761. Als Extras gibt es eine Mensa, Bibliothek, Dreifachturnhalle und eine Aula.

Ottobrunn

Eine Schlussrechnung für die Kosten des Ottobrunner Gymnasiums gibt es bis jetzt noch nicht. Auf 38,5 Millionen Euro beläuft sich der Stand momentan, eine neue Dreifachturnhalle wird allerdings gerade noch gebaut. Es wird also noch etwas dazukommen. Dass die Kosten trotzdem geringer sind als bei anderen Projekten liegt daran, dass nicht alle Gebäudeteile neu errichtet wurden - die Mensa zum Beispiel blieb bestehen. In Betrieb genommen wurden die neuen Baukörper im April 2016. Hogwarts nannten die Schüler ihr neues Gymnasium schon während der Planungen, weil es je nach Jahrgangsstufe getrennte Häuser hat. Außerdem gibt es eine Aula und einen Theaterraum. Momentan besuchen die Schule 1100 Jugendliche, Platz wäre für 1250.

Nürnberg

Dass die Dinge außerhalb von Oberbayern etwas anders laufen, sieht man, wenn man zum Beispiel nach Nürnberg blickt: Dort soll bis 2021 ein Zentrum für etwa 1850 Schüler aus Gymnasium, Realschule und Mittelschule entstehen. Bertolt-Brecht-Schule heißt der Komplex. Bis jetzt rechnet die Stadt mit Kosten von etwa 135 Millionen Euro. Die Bruttogeschossfläche beträgt etwa 40 000 Quadratmeter, pro Schüler bleiben etwas mehr als zwölf Quadratmeter . Mit im Preis enthalten sind eine Mensa, eine Schülerbibliothek und ein Lernzentrum für die Mittel- und Oberstufe, eine Aula und sieben Sporthallen. So viele braucht das Schulzentrum, weil es eine Eliteschule des Sports und des Fußballs ist. Außerdem gibt es fünf Innenhöfe, die Tageslicht in das gesamte Gebäude bringen sollen und die auch als Ruhe- und Präsentationszonen genutzt werden können.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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