Entscheidung des Kreistags:Klimaschutz, die zweite Auflage

Neue ´Mobilitätspolitik" gefordert

Auch Radverkehr spielt eine wichtige Rolle im Klimakonzept des Landkreises, um die CO₂-Emissionen zu drosseln.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nach dem Scheitern der Energievision von 2006 setzt der Landkreis auf neue Ziele: Binnen 20 Jahren soll die CO₂-Emission pro Kopf um 54 Prozent reduziert werden. Umweltfreundliche Mobilität ist ein wichtiges Thema.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Der Landkreis München hat seine Klimaschutzziele neu formuliert: Er will mit seinen 29 Städten und Gemeinden die jährliche CO₂-Emission pro Kopf von 13 Tonnen im Jahr 2010 innerhalb von 20 Jahren um 54 Prozent reduzieren. 2030 sollen für jeden Einwohner im Landkreis nur noch sechs Tonnen Kohlendioxid anfallen. Der Kreisausschuss stimmte in seiner jüngsten Sitzung der neuen Fassung der Energievision zu, die unter dem Titel "Klima. Energie. Initiative 29++" die Vereinbarung von 2006 ablösen soll. "Die Grundaussagen sind neu und treffender", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU), "auch haben wir uns auf konkrete Maßnahmen verständigt, mit denen wir sofort handeln können". An diesem Montag muss noch der Kreistag darüber abstimmen.

Die bisherige Energievision des Landkreises gilt als gescheitert, da sich die einstige Zielsetzung, bis zum Jahr 2050 60 Prozent an Energie einzusparen, bereits nach zehn Jahren als kaum erreichbar herausstellte. Der rasche Bevölkerungszuwachs in der Region und die damit verbundene wirtschaftliche Entwicklung machten den Visionären von 2006 einen Strich durch ihre Rechnung. In der neuen Erklärung geht es daher ausschließlich um die Pro-Kopf-Emission von CO₂. Alle drei Jahre soll diese Zielsetzung überprüft werden. Auch das damals formulierte Ziel, von 2050 an den Energieverbrauch im Landkreis allein durch regenerative Energien zu decken, ist gestrichen worden.

Im mehreren Workshops konnte sich die Bevölkerung beteiligen

In der neuen Erklärung heißt es nun, der Landkreis wolle sich "konkrete Ziele setzen, bei deren Umsetzung wir den technischen Fortschritt berücksichtigen". Man wolle die Energiewende unter "realistischen ökonomischen Bedingungen" verwirklichen, die regionale Wirtschaftskraft stärken und eine hohe Lebensqualität im Landkreis sichern.

Dieser Fortschreibung der Energievision waren 14 Veranstaltungen und Workshops in den Gemeinden vorangegangen, um die Bevölkerung an der Neuausrichtung des gemeinsamen Klimaschutzes zu beteiligen. Aus den Ergebnissen wurde ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der nun nach und nach umgesetzt werden soll. Die Personal- und Sachkosten werden auf sieben Millionen Euro geschätzt. Dazu zählt auch die Einrichtung einer Kompetenzstelle Mobilität, Energie und Klimaschutz im Landratsamt sowie ein sogenanntes Energie-Büro für Beratung außerhalb der Behörde, das bei der Baugesellschaft München Land (BML) angesiedelt werden könnte. Inhaltlich hat die Mobilität höchste Priorität. Die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs sowie die Elektro-Mobilitätsoffensive spielen laut Landrat Göbel eine wichtige Rolle, "da kehren wir vor der eigenen Haustür."

Kritik an der Klima- und Energieinitiative 29++ gab es aus den Reihen von SPD und Grünen. Bei den Workshops seien große Erwartungen geweckt worden, findet Grünen-Fraktionssprecher Christoph Nadler, von der Beschlussvorlage habe er sich daher mehr erwartet, "die ist kraftlos, mutlos und zaghaft". Nadler fehlten vor allem die Aussagen zur Energieerzeugung. "Was ist mit der Winderzeugung?", fragte er. Der Landkreis München liege bei der Stromerzeugung weit unter dem Schnitt in Deutschland und habe hier "enormen Nachholbedarf".

"Wir können uns nicht mit einem ländlichen Landkreis vergleichen."

Auch Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) zeigte sich von dem Prozess der Fortschreibung enttäuscht, "der war minderwertig", meinte sie und gab vor allem den hinzugezogenen Experten von "Green-Energy" die Schuld. "Da hat die inhaltliche Tiefe gefehlt, ich hätte mir mehr Fachkunde erwartet", so Ganssmüller-Maluche. "Das hätten wir vor 20 Jahren schon beschließen können", merkte deren Fraktionssprecherin Ingrid Lenz-Aktas an.

CSU und Freie Wähler bezeichnen die neue Klima- und Energieinitiative hingegen vor allem als "realistisch". CSU-Fraktionssprecher Stefan Schelle betonte: "Wir können uns nicht mit einem ländlichen Landkreis vergleichen und haben auch nicht die Flächen, auf denen wir Energie produzieren können." Die Kommunen seien auf einem guten Weg, jetzt müsse noch jeder Bürger sich selbst verantwortlich fühlen. Auch der Landrat ist überzeugt: Der Landkreis werde nicht autark, was den Strom angehe, sei aber sehr gut in der Wärmeversorgung und setze sinnvoll auf örtliche Ressourcen. Göbel findet: "Man muss nicht alles schlecht reden."

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