Energievision:Der Landkreis versucht den Neustart beim Klimaschutz

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Statt zu sinken, ist der Energieverbrauch im Landkreis in den vergangenen Jahren gesunken. (Foto: dpa/dpaweb)

Die Energievision von 2006 ist gescheitert: Nun wagt sich der Landkreis mit der Beteiligung von Bürgern sowie Unternehmen und einem Jugendkongress an eine Neuauflage.

Von Benjamin Köster, Landkreis

Während in Paris Spitzenpolitiker auf der Klimakonferenz debattieren, zerbrechen sich auch im Landkreis München die Verantwortlichen die Köpfe über die Themen Energie und Klimaschutz. Klar ist, dass das ehrgeizige Ziel der Energievision, den Energieverbrauch im Landkreis um 60 Prozent zu senken, gescheitert ist. Eine Neuentwicklung der Energievision von 2006 muss also her - mit Beteiligung von Bürgern und Firmen in Form von verschiedenen Workshops und einem Jugendkongress.

Einstimmig war der Beschluss des Kreistages, über alle Fraktionsgrenzen hinweg waren sich die Kommunalpolitiker einig, dass der Landkreis Energie sparen solle. Um 60 Prozent sollte der Verbrauch sinken, die verbleibenden 40 Prozent sollten komplett durch regenerative Energien abgedeckt werden. Das war im Jahr 2006 - die Energievision des Landkreises München war geboren. Keine zehn Jahre später herrscht wieder Einigkeit zwischen den Kreistagsfraktionen: Die Energievision ist gescheitert.

Statt den Energieverbrauch um 60 Prozent zu senken, ist er allein in den Jahren 2005 bis 2010 um stolze 25 Prozent gestiegen. In Bezug auf die Energievision heißt es daher im integrierten Klimaschutzplan des Landkreises München von 2013, dass "das Ziel der 60-prozentigen Verbrauchsreduktion im Landkreis selbst bei einer sehr optimistischen Annahme nicht umzusetzen ist".

Der Landkreis und die Kommunen haben nur geringen Einfluss auf den Verbrauch

Die Gründe für dieses Scheitern sind vielfältig. Zum einen sei die Bevölkerungsentwicklung ausschlaggebend, zum anderen die Produktivitätssteigerung im verarbeitenden Gewerbe, erklärt Landratsamtssprecherin Christina Walzner. Außerdem könnten der Landkreis und seine Kommunen ohnehin nur zwei Prozent des Energieverbrauchs direkt beeinflussen. Viel schwerer wiegt aber wohl ein anderer Grund. "Wesentliche Akteure - Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger, Vereine - konnten bisher noch nicht zur Beteiligung an der Umsetzung der Energievision gewonnen werden", sagt Walzner.

Ohne Beteiligung von Bürgern und Wirtschaft geht es wohl nicht, das hat man beim Landkreis gemerkt. Im kommenden Jahr soll die Energievision nun weiterentwickelt werden - und dieses Mal wird dabei auf eine breite Beteiligung gesetzt. Bei einem Jugendkongress, mehreren Workshops und verschiedenen Freilichtinstallationen sollen sich Bürger und Unternehmen des Landkreises "mit ihren konkreten Ideen und Möglichkeiten einbringen", wie es in einer Pressemitteilung heißt. Wer vorher mitgestaltet, zieht auch später mit, so ist offenbar nun die Rechnung des Landkreises.

Aber auch inhaltlich dürfte sich die neue Energievision deutlich von ihrer Vorgängerin abheben. "Ein Mehr an Energieverbrauch kann völlig unproblematisch sein, wenn wir auch diesen Anteil dann zu 100 Prozent regenerativ decken", hatte Landrat Christoph Göbel (CSU) bereits im Frühjahr gesagt.

Vorbild ist ein Landkreis in Nordrhein-Westfalen

Wie so etwas funktionieren kann, zeigt der Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen, der seine Energie bis zum Jahr 2050 vollkommen autark erzeugen will. Steinfurt wurde dem Landkreis München im Regio-Twin-Projekt der Bundesregierung zugeteilt, bei dem Landkreise, die im kommunalen Klimaschutz noch nicht so viele Erfahrungen gesammelt haben, von solchen beraten werden, die auf diesem Feld bereits weiter sind.

Seit Juni ist der Landkreis München jetzt dabei, kürzlich war eine Delegation aus dem Münchner Umland in Steinfurt, um sich zu informieren. Und die Steinfurter haben offenbar nicht das Problem der fehlenden Unterstützung in der Bevölkerung. Zahlreiche Menschen beteiligen sich als Botschafter für das dortige "Energieland 2050".

Preis für engagierte Privatleute

Es zeigt sich: Der Landkreis wird darauf angewiesen sein, dass die Bürger die Energievision mittragen. Wie die Energiewende im Kleinen aussieht, zeigen Angela und Matthias Graw aus Ismaning. Die Familie hat im Jahr 2013 ihr Doppelhaus energetisch sanieren lassen. Unter anderem wurde eine Fotovoltaikanlage zur Stromgewinnung installiert, außerdem eine thermische Solaranlage für Warmwasser und zur Heizungsunterstützung.

Darüber hinaus wurden die Außenwand neu gedämmt und mehrere Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Dadurch konnten Energieeinsparungen von 67 Prozent bei der Heizwärme und 48 Prozent beim Strom erreicht werden. "Sehr gute Energieverbrauchswerte", wie Walzner betont. Der Landkreis hat den Eheleuten Graw daher den Energiepreis 2015 in der Kategorie Haushalt verliehen.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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