Einsatz an der Côte d'Azur:Ottobrunner Feuerwehr hilft in Mandelieu-La Napoule

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Die Ottobrunner Feuwerwehr hilft in der Partnerstadt. (Foto: privat)

Sieben Freiwillige unterstützen nach den schweren Überschwemmungen in Südfrankreich die Einsatzkräften in der Partnerstadt.

Von Tobias Krone, Mandelieu-La Napoule/Ottobrunn

Als Eduard Klas, erster Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ottobrunn, am Sonntagvormittag im Radio von der Naturkatastrophe an der Côte d'Azur erfährt, merkt er auf: Immer wieder fällt der Ortsname "Mandelieu-La Napoule". Es ist die Partnerstadt Ottobrunns. Hier haben die Überschwemmungen nach den gewaltigen Regenfällen bisher wohl am meisten Schaden angerichtet. Etwa 18 Stunden später starten Klas und sechs Ottobrunner Kameraden ihre Spezialpumpen vor einer Tiefgarage in der südfranzösischen Partnergemeinde. Sie könnten damit Leben retten.

In einer bisher einmaligen Aktion ist die Freiwillige Feuerwehr Ottobrunn ihrer Partnergemeinde nahe Cannes zu Hilfe geeilt: Keine vier Stunden dauerte es, bis die sieben Feuerwehrleute in zwei Fahrzeugen ihre Fahrt nach Frankreich antreten konnten. Montagfrüh um 2 Uhr kamen sie an. "Die Franzosen machen große Augen" über die gute Ausstattung der Deutschen, sagt Eduard Klas am Telefon. Die Kollegen in Mandelieu-La Napoule seien zwar gut für das Bekämpfen von Waldbränden ausgerüstet, aber nicht für den Überschwemmungsfall. So kamen die Spritzen und Pumpen der Ottobrunner sofort zum Einsatz. "Die französischen Kollegen sind heilfroh, dass wir da sind", sagt Klas im Gespräch mit der SZ. Im Hintergrund ist das laute Dröhnen der bayerischen Pumpen und Stromaggregate zu hören.

Die Situation ist auch am Montagvormittag noch dramatisch. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in der Tiefgarage, die die Ottobrunner auspumpen, noch fünf Menschen vermisst. Die Anwohner vermuteten, dass sie in die Tiefgarage geeilt waren, um ihre Autos vor den Wasser- und Schlammmassen zu retten - und es nicht mehr hinausgeschafft hätten.

Das Ausmaß der Katastrophe sei enorm. "Alte Leute haben uns erzählt, dass es so eine Schlammlawine bei ihnen noch nie gegeben hat", sagt Klas. "Das Wasser kam so überraschend wie eine große Welle. Autos wurden durch die Luft gewirbelt und liegen jetzt in Hauseingängen." Erdgeschosswohnungen in der Wohnanlage, in der die Ottobrunner Pumpen gerade laufen, seien vollständig zerstört worden.

Die südfranzösische Mittelmeerküste leidet unter den Schäden des Unwetters, seit am Samstagabend die Niederschlagsmenge zweier Durchschnittsmonate in nur drei Stunden vom Himmel regnete. Die Partnergemeinde Ottobrunns ist besonders schwer betroffen. Die Feuerwehrleute aus Deutschland sind mit ihrer Pumpe an einem Hotspot beschäftigt. Sie tauchten daher am Montagmittag bereits auf Fernsehbildern des privaten französischen Nachrichtensenders LCI auf.

Die Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen funktioniere bestens, sagt Klas: Zwar beherrsche nur einer aus der deutschen Truppe die französische Sprache, "aber mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch" hätten sie sich bisher gut verständigen können. Einige alte Bekanntschaften zwischen den Ottobrunner Feuerwehrmännern und den Kameraden aus Mandelieu-La Napoule hätten bereits bestanden: Regelmäßig besuchten die Feuerwehrleute der Partnergemeinden einander. So konnten die Deutschen auch schnell telefonisch nachfragen, ob sie in Frankreich gebraucht würden.

Klas lobt seine Truppe, die am Sonntagmittag spontan "Schlafsack und ein bisschen Waschzeug" eingepackt und die Reise angetreten habe. Auch ihre Arbeitgeber hätten ihnen für ihren Einsatz am Mittelmeer freigegeben: "Normalerweise würde ich jetzt an meinem Schreibtisch bei Airbus sitzen", sagt der Feuerwehrkommandant, während durch sein Handy das Knattern eines Hubschraubers zu hören ist. Gerade seien Rettungstaucher aus Nordfrankreich an der vollgelaufenen Tiefgarage eingetroffen. Sie wollten nach den Vermissten in der Tiefgarage suchen, sagt Klas.

Daheim in Ottobrunn, wo die Freiwillige Feuerwehr insgesamt 130 Mitglieder zählt, könnten sie den Auslandseinsatz der sieben Mitglieder verkraften, sagt zweiter Kommandant Klaus Ortmeier. Auch die mitgenommenen Geräte, eine Schmutzwasserpumpe, zwei Tragkraftspritzen und ein Lichtmast für großflächige Beleuchtung, könne man kompensieren. Im Notfall würden die benachbarten Feuerwehren im Münchner Süden aushelfen.

Am Montagnachmittag gegen 14 Uhr dann die traurige Nachricht: Trotz ihrer spontanen Einsatzbereitschaft kommt die Hilfe der Ottobrunner Feuerwehrmänner für mindestens einen Menschen zu spät. In der Tiefgarage in Mandelieu wird einer der Vermissten tot aufgefunden - am Steuer seines Wagens. Die Überschwemmung muss ihn beim Versuch, aus der Falle herauszufahren, getroffen haben, der Anwohner ertrank offenbar noch im Auto.

Gegen 15 Uhr steht fest, dass am Dienstagmorgen weitere sieben Ottobrunner Feuerwehrmänner nach Frankreich fahren, um ihre übermüdeten Kameraden dort abzulösen.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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