Das E-Bike als Dienstfahrrad:Strom unterm Sattel

Das E-Bike als Dienstfahrrad: Bürgermeister Stefan Kern ist selbst passionierter Radler. Jetzt setzt er sich für Pedelecs im Rathaus ein.

Bürgermeister Stefan Kern ist selbst passionierter Radler. Jetzt setzt er sich für Pedelecs im Rathaus ein.

(Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde Brunnthal möchte über ein Leasing-Modell E-Bikes oder Pedelecs für Beschäftigte anbieten. Doch was in Unternehmen gang und gäbe ist, ist für Kommunen in Bayern nicht ohne weiteres möglich.

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Die Gemeinde Brunnthal möchte ihren Beschäftigten günstig zu einem Dienstfahrrad, einem E-Bike oder Pedelec verhelfen, das auch privat genutzt werden kann. Der Gemeinderat fasste einen Beschluss, ein entsprechendes Leasingmodell zu nutzen. Doch damit hat die Gemeinde wohl ihre Kompetenzen überschritten.

Wie der Bayerische Gemeindetag erklärt, ist es weder für Beamte noch für Angestellte nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes möglich, Gehaltsansprüche in Sachwertleistungen umzuwandeln und derart abzugelten. Dies sei "rechtlich nicht zulässig", sagt Georg Große Verspohl, Jurist und Referent für Personal und Organisation am Gemeindetag.

So klar die Regelung laut Justitiar auch ist, sie ist nicht in Stein gemeißelt. Denn sie wurde beispielsweise in Baden-Württemberg schon durch den Gesetzgeber geändert, um Kommunen zu ermöglichen, den Gebrauch von Dienstfahrrädern zu fördern. Und auch in Nordrhein-Westfalen ist in vielen Kommunen das E-Bike der Renner. Als Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) davon in einer Fachzeitschrift las, dachte er sich: Das machen wir auch.

Grundsätzlich ist das seit einem Erlass der Finanzbehörden aus dem Jahr 2012 möglich, als das so genannte Dienstwagenprivileg mit seinen steuerlichen Anreizen auf Dienstfahrräder ausgeweitet wurde. Seitdem wächst der Markt kräftig. Viele Unternehmen nutzen das. Mehr als 200 000 Diensträder sind Schätzungen zufolge in Deutschland auf den Straßen. Und die Tendenz ist stark steigend, auch dank Anbietern wie die Leaserad GmbH aus Freiburg im Breisgau, die Firmen und Kommunen in Baden-Württemberg bei der Abwicklung helfen. Erst vor kurzem habe sich die Stadt Freiburg dem Leaserad-Modell angeschlossen, sagt Pressesprecherin Rita Leusch. In Bayern hält sie eine Umsetzung derzeit noch für "sehr schwierig". Bisher habe man keine einzige Kommune aus Bayern unter den Vertragspartnern.

Fahren wie mit Rückenwind

Brunnthals Bürgermeister Kern ist bekennender Fan von E-Bikes und Pedelecs. Er sagt, "das ist wie ständig mit Rückenwind fahren". Und er könnte mit dem Dienstrad-Beschluss des Gemeinderats jetzt Vorreiter in Bayern werden. Wobei er sich schon auch bewusst ist, dass er sich auf rechtlich unsicheres Terrain begibt. Mit der Personalleitung, sagt Kern, habe er komplizierte Absprachen getroffen. Die Sache ist mit dem Tarifrecht schwer zu vereinbaren. Und dann sind da noch weitere Fragen, wie die, ob Kommunen, die von Steuereinnahmen leben, mit Dienstfahrrädern ein Steuersparmodell unterstützen dürfen. Auch die Gewerkschaften sehen die Leasing-Modelle kritisch, weil Mitarbeiter Sozialabgaben auf Kosten der Rentenansprüche drücken.

Dennoch glaubt Kern an das Leasing-Modell für Dienstfahrräder. Schließlich beruhe es auf Freiwilligkeit. Keiner werde zu irgendetwas gezwungen. Und was in Nordrhein-Westfalen möglich sei, sollte doch den Mitarbeitern in Bayerns Kommunen nicht vorenthalten werden. Kern hält auch die Steuerersparnis für attraktiv: Eine kurze Rechnung zeigt, dass bei einem Rad im Wert von 2000 Euro und einem Gehalt von 4000 Euro etwa 50 Euro im Monat vom Gehalt einbehalten und als Leasingrate verrechnet würden. Nach der so genannten Ein-Prozent-Regel wären 20 Euro monatlich als geldwerter Vorteil zu versteuern. Auf der anderen Seite sinken durch die Abzüge vom Brutto das zu versteuernde Einkommen und die Höhe der Sozialbeiträge.

Ob jetzt in Brunnthal bald der Bauamts-Mitarbeiter mit dem E-Bike zur Baustelle nach Faistenhaar braust und Bürgermeister Kern bald auf dem Dienstrad zum 80. Geburtstag fährt, steht angesichts der Vorbehalte in den Sternen. Kern sagt, er werde noch abwarten und die Lage sondieren. Er legt sich noch nicht fest, ob er es auf einen Konflikt ankommen lassen will. Georg Große Verspohl, Justitiar beim Bayerischen Gemeindetag warnt, Mitarbeiter könnten nach Jahren Gehaltsanteile, die in das Leasing-Geschäft geflossen seien, rückfordern mit dem Argument, diese seien unrechtmäßig einbehalten worden.

Dienstwagen für den Landrat

Die öffentliche Hand sei zurückhaltend bei Leasing-Modellen, sagt Große Verspohl. Dienstwagen gebe es nur für stark herausgehobene Positionen wie etwa Landräte. Eine Änderung dieses in diesem Punkt strikten Dienstrechts freilich hält Große Verspohl für nicht ausgeschlossen, gerade mit Blick auf die Förderung von grundsätzlich ja sinnvollen Dienstfahrrädern. Das Finanzministerium müsste dafür als zuständige Stelle tätig werden.

Bürgermeister Kern jedenfalls würde gerne zeigen, dass es auch in dörflichen Gegenden mal ohne Auto gehen kann. Die Umwelt würde geschont. Und es würden nicht zuletzt Parkplätze für Autos am Rathaus nicht mehr benötigt. Der Aspekt spielt in Kerns Überlegungen keine geringe Rolle. Denn gegenüber dem Rathaus entsteht das neue Ortszentrum mit Gasthof, Hotel, Gewerberäumen und Wohnungen.

Ein Teil der benötigten Stellplätze wurde auch am Rathaus ausgewiesen. Es wird also langsam eng mit dem Parken in Brunnthals Mitte. Bis zu sieben Pedelecs könnten auf einem Parkplatz abgestellt werden, ist auf der Homepage der Freiburger Leaserad GmbH zu lesen.

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