Digitale Werkstatt:Pokémon aus Polylactiden

Digitale Werkstatt: Schüler der Unterstufe lernen und arbeiten am Einplatinen-Computer im Maker Space.

Schüler der Unterstufe lernen und arbeiten am Einplatinen-Computer im Maker Space.

(Foto: Claus Schunk)

Schüler des Neubiberger Gymnasiums stellen über 100 Mädchen und Jungen Zukunftsweisendes her

Von Cristina Marina, Neubiberg

Während andere Kinder sich meist damit zufrieden geben, auf ihren Smartphones nach virtuellen Pokémons Ausschau zu halten, stellen die Neubiberger Gymnasiasten ihre eigenen mit dem 3D-Drucker her. Seit zwei Jahren arbeiten die Schüler gemeinsam an einer offenen digitalen Werkstatt - dem sogenannten Maker Space. Die jüngeren werden dabei von den älteren unterstützt. Jetzt wurde die Werkstatt offiziell eröffnet.

Die Idee hatte der Medienpädagoge Christopher Müller: Fünft- bis Zwölftklässler sollten sich kreativ und auf dem neuesten Stand der Technik austoben. Er schlug das Thema 3D-Druck für das Projektseminar in der Oberstufe vor. Etwa fünfzehn Schüler wählten es - laut Schulleiter Reinhard Rolvering fünfmal mehr als in anderen Wahlkursen.

Die Oberstufenschüler diskutierten lange darüber, was sie machen wollten, sagt Raphael Ruban, der heute in die 12. Klasse geht. Denn das Projekt sollte "nicht nur zur eigenen Belustigung da sein". Allmählich entwickelte sich daraus die Werkstatt, die unter anderem über drei 3D-Drucker und mehrere Drohnen verfügt.

Diese Ausstattung zu bekommen war kein ganz leichtes Unterfangen, sagt Müller. Gerade bei den 3D-Druckern gab es wegen der hohen Kosten Bedenken. Schließlich gelang es ihm, Sponsoren für seine Idee zu finden: Infineon, der Förderverein sowie der Elternbeirat beteiligen sich.

Bei der Eröffnung am Freitag präsentierten Schüler der Unter- und Mittelstufe, was sie eigenständig in die Praxis umsetzen konnten. Ein Junge hat eine LED-Matrix erstellt, also eine Anzeigetafel, wie sie auch in Läden für die Werbung verwendet wird. In leuchtend roten Buchstaben erscheint darauf ein Lauftext, der heller oder dunkler werden kann. Ein anderer Schüler hat mittels Einplatinen-Computer ein Liedstück programmiert, das er nun den Besuchern vorspielt. Doch es dreht sich nicht alles um Elektrotechnik: In der Werkstatt werden auch Animationsfilme und Kurzfilme gedreht, mitunter gar gehäkelt.

Etwas selbst zu erschaffen, was andere gebrauchen können: "Es geht darum, dass am Computer Gegenstände entstehen, die dann von der digitalen in die reale Welt übertragen werden", erzählt Christopher Müller. Er erinnert sich an eine Fünftklässlerin, die einen eigenen Handy-Ständer entwickelte: mit nur zwei Dreiecken und dem Buchstaben U. "Sie hatte keine Anleitung dafür. Alles hat sie sich selbst überlegt und ausgemessen", sagt er.

Die damalige Fünftklässlerin heißt Nina von Hummel. Sie geht nun in die 7. Klasse und hat zusammen mit ihrer Mitschülerin Luisa drei Kurzfilme gedreht. Beide Mädchen interessierten sich für Technik, erzählen sie. Luisa wollte ihrem Vater zum Geburtstag etwas Besonderes schenken und stellte ihm am 3D-Drucker einen Glücksbringer her: einen Stern, auf dem "Papa" eingraviert ist. "Er war schon etwas baff", sagt sie stolz. "Ich glaube, er wusste nicht so viel über 3D-Druck."

"Vor drei Wochen hat ein Schüler mir erklärt, wie dieser Einplatinen-Computer funktioniert. Ich fand es ganz witzig, dass auch ein Schüler dem Lehrer etwas beibringen kann", sagt Christian Herdt, Mitglied der Schulleitung des Gymnasiums.

Über 100 Neubiberger Schüler machen in der digitalen Werkstatt freiwillig mit. Betreut wird sie von den Oberstufen-Schülern: Sie schreiben Anleitungen, halten Kurse, übernehmen die Aufsicht. Insgesamt ist der Maker Space an fünf Nachmittagen geöffnet. Circa ein Zehntel aller Schüler des Gymnasiums nutzen die Gelegenheit. Mithilfe des 3D-Druckers entstehen dann gelbe und grüne Pokémon-Figuren, kleine Roboter oder sogar Raumschiffe, aber auch Materialien für den Unterricht: das Kolosseum in Rom oder Zellmodelle. "Ein wunderbares Projekt", sagt Schulleiter Rolvering. "Ich bin eigentlich immer noch davon überwältigt, wie gut es läuft". Das bestätigen auch die Elft- und Zwölftklässler. Für Raphael Ruban ist es ein besonderes Ereignis: "Immer, wenn man nach der Mittagspause den Maker Space aufsperrt, rennen zwanzig Kinder in den Raum. Es ist schön, ihre Begeisterung zu sehen."

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