Die Bundestagskandidaten:Abstimmen mit dem Einkaufszettel

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Die Unterhachingerin Katharina Graunke will für die ÖDP Präsenz zeigen. Auf einen Platz im Bundestag rechnet sie sich keine großen Chancen aus.

(Foto: Angelika Bardehle)

Als Diplombiologin engagiert sich Katharina Graunke insbesondere für das Thema Landwirtschaft. Die ÖDP-Kandidatin setzt auf natürliche Kreisläufe.

Von Irmengard Gnau, Unterhaching

Nein, eine Wohnung in Berlin hat sich Katharina Graunke noch nicht gemietet. Dafür ist die 35-jährige Diplombiologin viel zu bodenständig. "Es ist mir vollkommen klar, dass die Chancen gering sind, in den Bundestag zu kommen", sagt die Direktkandidatin der ÖDP. Bei den vergangenen Bundestagswahlen konnte ihre Partei in Bayern gerade einmal gut ein Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen, im Landkreis München hat Graunke es noch zudem mit starken Gegenkandidaten zu tun. Doch das ist für die Unterhachingerin kein Grund zu verzagen. "Es geht darum, präsent zu sein und den Leuten zu zeigen: Es gibt noch mehr Parteien als die, die im Bundestag vertreten sind", sagt sie.

Die ÖDP nimmt keine Firmen- und Verbandsspenden an, betont Graunke

Von den etablierten Parteien, ob Rot, Grün oder Schwarz, war Graunke nach und nach immer mehr enttäuscht. Bei der jüngsten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, wo sie mehrere Jahre lang im Bereich landwirtschaftlicher Nutztiere forschte, habe sie gemerkt, dass sie keine der großen Parteien mehr wählen könne, erinnert sich Graunke. In den Standpunkten der Ökologisch Demokratischen Partei hingegen fand sie sich wieder.

Der Fokus auf einen verträglichen Umgang mit Landschaft und Natur und dass die Partei als einzige Firmen- und Verbandsspenden gänzlich ausschließt, beeindruckten sie besonders. 2011 wurde sie Mitglied. "Ich dachte: Wenn du fast alles im Programm unterschreiben kannst, kannst du auch eintreten und aktiv was tun", sagt sie. Diese Aktivität hat sich nach und nach gesteigert. 2016 wurde Graunke in den Vorstand der Kreis-ÖDP gewählt. Heute lächelt die 35-Jährige, die seit 2014 als selbständige Hundeverhaltenstrainerin arbeitet und mit Mann und Hund in Unterhaching lebt, sich selbst von Wahlplakaten entgegen.

Dabei ist sie nach eigener Einschätzung eigentlich keine geborene Politikerin. "Ich bin vom Naturell her eher undiplomatisch", sagt sie und lacht. Ein grundsätzliches Interesse am Politischen hatte die Unterhachingerin aber stets. Der Kontrast zwischen dem System, das in Sozialkunde in der Schule gelehrt wird, und der Realität aber frustrierte sie spürbar dort, wo sie ihn erlebte. Was etwa über den Dieselskandal an geheimen Absprachen, Wegschauen und gegenseitigem Decken zwischen Politik und Automobilindustrie in den vergangenen Monaten ans Licht gekommen ist, darüber kann sich Graunke mit Hingabe echauffieren. Auf der anderen Seite erläutert sie engagiert ihre eigenen Schwerpunkte; Landwirtschaft und Familienpolitik sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen.

"Der Begriff Nachhaltigkeit ist gerade furchtbar in", sagt Graunke, "er wird aber häufig völlig inhaltsleer gebraucht." Dabei ist es aus ihrer Sicht ein zentrales Zukunftsthema, wie der Mensch seine Umwelt nutzt, im Bereich Energie ebenso wie in der Landwirtschaft. Dabei müssten Landwirtschaft und Naturschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen, ist Graunke überzeugt. Kleinteilige Landwirtschaft, wie es sie in Bayern noch verhältnismäßig häufig gibt, zu unterstützen und natürliche Kreisläufe zu erhalten, zählt sie als Ziele auf.

Vom Naturell her, sagt Graunke, sei sie eher undiplomatisch

Dabei nimmt sie auch den Verbraucher in die Pflicht. "Jeder Einkaufszettel ist ein Wahlzettel", sagt Graunke und rührt in ihrem Tee. Eltern und Menschen, die sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern, sollen zudem vom Staat besser unterstützt werden. Graunke fordert eine "echte Wahlfreiheit" zwischen Selbstbetreuung und der Betreuung durch Fremde in einer Einrichtung. Wer zuhause bleibt, soll für seinen Lebensunterhalt ein Betreuungsgehalt bekommen.

Man nimmt der Unterhachingerin ab, dass sie sich für diese Überzeugungen einsetzen will. Auch wenn es mit der Direktwahl am 24. September nicht klappt, will Graunke sich nicht von der Politik zurückziehen. Auch ein Sitz im Bezirkstag oder Landtag wäre für sie eine Option, sagt sie. 2018 stehen die Wahlen an. Schließlich, sagt Graunke, "nicht alles wird im Bund entschieden".

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