SZ-Schulratgeber:Hochbegabt und hochsensibel

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Wer ein hochbegabtes Kind hat, stellt häufig fest. Im Schulalltag bleibt oftmals keine Zeit, den Schülern die nötige Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Anders in Oberhaching. Hier werden Gymnasiasten mit besonderen Fähigkeiten gefördert - durch Beratung, Workshops und Exkursionen.

Von Jasmin Kohl, Oberhaching

"Mein Kind ist hochbegabt." Dieser Satz mag zunächst beneidenswert klingen - hochbegabte Schüler benötigen jedoch auch besondere Aufmerksamkeit und Förderung. Dinge, für die im Schulalltag oft keine Zeit ist. Am Gymnasium Oberhaching gibt es daher seit zwei Jahren einen "Begabungsstützpunkt", der sich um die Bedürfnisse von leistungsstarken Schülern und Hochbegabten kümmert. Die beiden Lehrer Anke Gruber und Stefan Tradt betreuen den Stützpunkt.

Die Idee, leistungsstarke Schüler zu fördern, ist in Oberhaching nicht neu. Schon seit mehr als sechs Jahren existiert das "Spezialistenprogramm" für leistungsstarke Schüler. Um sie zu fördern, organisierte Tradt Workshops und Exkursionen. Mit dem Begabungsstützpunkt wurde dieses Programm ausgebaut und fördert nun neben den leistungsstarken auch gezielt hochbegabte Schüler.

Doch wie erkennt man eigentlich eine Hochbegabung? "Grundsätzlich gibt es nicht das eine Kennzeichen, das auf Hochbegabung schließen lässt", weiß Gruber. Hochbegabte verfügten über ein ganz individuelles Potenzial an Fähigkeiten, das in einem oder mehreren Bereichen zu herausragenden Leistungen führe.

Unterfordert und gelangweilt

Als "Underachiever" bezeichnet man dagegen hochbegabte Schüler, deren schulische Leistungen weit unter ihren kognitiven Fähigkeiten liegen, weil sie sich im Unterricht unterfordert fühlen und langweilen. "Diese Schüler benötigen besondere Aufmerksamkeit, da es im schlimmsten Fall dazu kommen kann, dass sie Interesse und die Freude an der Schule und am Lernen verlieren", sagt Gruber. Das soll das Programm des Begabungsstützpunkts verhindern.

Als staatliche Schulpsychologin bietet Gruber individuelle Beratungsgespräche für Eltern und Schüler an. So werden Stärken und Schwächen des hochbegabten Schülers besprochen, um eine geeignete Förderung zu finden. Ist der Schüler nicht bereits auf Hochbegabung getestet, berät Gruber auch über verschiedene Test-Möglichkeiten. Arbeitsverhalten, Anstrengungsbereitschaft und Motivation werden dabei überprüft.

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Über das Schuljahr verteilt organisiert der Begabungsstützpunkt rund 14 Exkursionen und Workshops, die den Teilnehmern Einblicke in verschiedenste Bereiche geben. So bastelten die Schüler schon Teleskope oder Roboter. Auch eine Schreibwerkstatt und ein Workshop zum Klavierbau stehen auf dem Plan. Die Exkursionen führen oft ins Deutsche Museum, so auch eine Veranstaltung zum genetischen Fingerabdruck. Sechs Schüler aus den Klassenstufen acht bis elf wurden dabei zunächst theoretisch in die Thematik eingeführt, bevor sie selbst einen fiktiven Mord mittels DNA-Analyse aufklären durften. Viele Workshops werden von Eltern oder Lehrern abgehalten. Teilnehmerkosten gibt es dank dem Förderverein des Gymnasiums Oberhaching keine. Wöchentlich organisiert der Begabungsstützpunkt außerdem Japanisch- und Chinesischkurse.

Derzeit nehmen 115 leistungsstarke und sechs hochbegabte Schüler das Programm wahr. Wenn es noch freie Plätze gibt, stehen die Veranstaltungen auch anderen interessierten Schülern mit guten Leistungen offen. "Da die Veranstaltungen jedoch innerhalb der Unterrichtszeit stattfinden, müssen die Teilnehmer in der Lage sein, den verpassten Lernstoff eigenständig nachholen zu können", sagt Tradt.

Die Lustlosigkeit überwinden

In Workshops werden Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein der Schüler spielerisch aufgebaut, gezielte Lerntipps gegeben oder Strategien aufgezeigt, wie Lustlosigkeit überwunden werden kann. "Dadurch, dass die Workshops in der Gruppe stattfinden, entsteht auch ein starkes Zugehörigkeitsgefühl", sagt Gruber. Das gebe den Teilnehmern Halt. Bei der Übung "Vertrauenswippe" stellen sich zwei Schüler einander gegenüber. Ein Dritter stellt sich mit geschlossenen Augen in ihre Mitte. Er lässt sich dann wie ein Pendel nach vorn und nach hinten fallen und wird dabei von den anderen beiden aufgefangen und von Neuem angestoßen.

Nach und nach vergrößern die beiden Außenstehenden den Abstand zum Schüler in ihrer Mitte, sodass auch die Abstände zwischen dem Fallenlassen und dem Auffangen größer werden. "Das erfordert ein hohes Maß an Vertrauen", sagt Tradt. Gerade in den Bereichen Persönlichkeitsbildung und Kreativität sehen Tradt und Gruber noch Ausbaubedarf und wollen daher das Programm entsprechend anpassen.

Dem Begabungsstützpunkt Oberhaching gehören auch die Gymnasien in den benachbarten Gemeinden Neubiberg, Unterhaching und Ottobrunn an. Dort finden eigene Förderprogramme statt, leistungsstarke und hochbegabte Schüler dieser Gymnasien können sich aber auch für die Veranstaltungen am Gymnasium in Oberhaching anmelden.

© SZ vom 27.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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