Bürgerversammlung:Brunnthal bleibt daheim

Lutterschmid Ortsmitte Brunnthal

Plan F mit Neubauten für Gasthof, Hotel und Festsaal sowie (unten im Bild) einem Mietshaus wird umgesetzt.

(Foto: Skizzen: Eck/Hogaplan)

Ortsmitte, Wohnungsbau und anderes mehr: Es hätte viele Gründe gegeben, die Bürgerversammlung zu besuchen. Doch nur 18 Zuhörer wollen von Bürgermeister Stefan Kern direkt erfahren, wo die Gemeinde in den nächsten drei Jahren 18,7 Millionen Euro investiert

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Es nieselt, die Temperaturen liegen im einstelligen Bereich, es ist frisch, dunkel und ungemütlich. Wer nicht unbedingt muss, geht am Montagabend in Brunnthal nicht mehr vor die Tür. Eine Frau huscht kurz vor 19.30 Uhr am Gemeindehaus noch schnell zum Briefkasten. Gemeinderat Helmut Vorleitner junior ist schnellen Schrittes unterwegs Richtung Schulgebäude. Er hat es eilig, Bürgermeister Stefan Kern hat schon mit seinem Bericht begonnen. Er zelebriert sozusagen das Hochamt des Bürgermeisters in seiner Kommune. In Brunnthal-Ort ist Bürgerversammlung. Und die Reihen sind leer.

18 Personen verlieren sich im Mehrzweckraum der Schule, der mit vielleicht 60 Plätzen gar nicht so üppig bestuhlt ist. An die Hälfte der Anwesenden sind Gemeinderäte oder Gemeindemitarbeiter, die anderen acht sind einfach Bürger. Und eine junge Frau ist sogar gekommen, die Bürgermeister Kern noch gar nicht kennt. Sie wird von ihm am Ende der relativ kurzen Versammlung dafür auch persönlich angesprochen und freundlich in den Restabend verabschiedet. "Schön, dass sie gekommen sind." Dabei hätte es durchaus gute Gründe gegeben, gerade diesmal in die Bürgerversammlung zu kommen.

Seit kurzem ist klar, wie sich die Ortsmitte in Brunnthal weiter entwickeln soll. Der Gemeinderat hat im Juli und jetzt im Oktober nochmal Beschlüsse gefasst, denen zufolge gegenüber dem Rathaus als Neubau ein Gasthof mit Hotel und einem Gebäude mit Gewerbeflächen entstehen wird, bezahlt aus Steuermitteln der Gemeinde. Überraschend beschlossen die Gemeinderäte dieser Tage, den neben dem mittlerweile abgerissenen Gasthof Lutterschmid stehenden und kürzlich erworbenen Bungalow kommenden Herbst abreißen zu lassen, und dort ein zweigeschossiges Gebäude hinzustellen, in dem Mietwohnungen für Brunnthaler Bürger entstehen sollen.

Bürgermeister Kern berichtete, dass die Gemeinde alleine dort zwei Millionen Euro in den Wohnungsbau stecke. 8,5 Millionen Euro fließen in den Bau von Gasthof, Hotel und auch einem neuen Saal, der Platz für 200 Brunnthaler bieten wird - also für gut zehn Mal so viele Personen wie zur Bürgerversammlung gekommen sind. Nach dem Zeitplan, den Bürgermeister Kern nannte, könnte die erste Bürgerversammlung im Multifunktionssaal Ende 2018 stattfinden. Dann sollen Gasthof, Hotel, Festsaal, Gewerbebau und dazugehörende Tiefgarage fertiggestellt sein. Kern stellte das Raumprogramm vor, sprach von 32 Doppelzimmern fürs Hotel , davon, dass eine Bankfiliale dort einziehen könne und ein Friseursalon. Auf Wunsch der Frauen-Union soll es auf dem zur Kreuzung und zum Rathaus hin offenen Platz einen Bauernmarkt geben. Vieles ist mittlerweile ziemlich festgezurrt. Nur wie das Ensemble aussehen soll, ist noch unklar.

Der unlängst von den Planern des Büros Eck/Hogaplan vorgelegte Entwurf missfiel der Mehrheit: zu modern, zu viel Glas, so lautete die Kritik. Es bestehe der Wunsch, sagte Kern in der Bürgerversammlung, mehr Holz an der Fassade zu bekommen, ein weiter überstehendes Vordach, so wie es üblich sei im Alpenvorland. Ein "traditionellerer Look" sei das Ziel. Das solle mehr an einen "Stadl erinnern als an einen Industriebau", sagte Kern.

Ein Punkt, der im Gemeinderat in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen auslöste, waren die Kosten. Aus Reihen der Bürger kam dazu am Montagabend keine Frage, obwohl Kern die - ohne den Wohnungsbau - nicht ganz unerhebliche Kostensteigerung von sechs auf 8,5 Millionen Euro für das Ortsmitte-Ensemble verkündete. Kern rechtfertigte die Mehrausgaben trotzdem und verwies vor allem darauf, dass auch größer gebaut werde. Ein großes Problem sei das alles nicht, sagte Kern. 13 Millionen Euro habe die Gemeinde auf der Bank liegen, außerdem könne man die höheren Kosten wohl über die Jahre mit Gewinnen aus Baulandausweisungen wieder hereinholen.

Dennoch: Unendlich sind die Möglichkeiten in Brunnthal auch nicht. Das zeigte Kerns Verweis auf die laufende Ausgaben- und Einnahmenbilanz, bei der man - Abschreibungen in Höhe von zwei Millionen Euro inklusive - gerade so auf eine schwarze Null kommen werde. Und das bei einem über die Ortsmitte hinaus durchaus ehrgeizigen Investitionsprogramm bis zum Jahr 2018. So muss der Brunnen in Otterloh verlegt werden, der Bauhof wird Kern zufolge womöglich für 550 000 Euro sogar neu errichtet. In den Lärmschutzwall an der A 8 fließen noch zwei Millionen Euro, und viel Geld auch in den Ausbau von Geh- und Radwegen. 18,7 Millionen Euro will Brunnthal in drei Jahren investieren. Bei 5681 Bürgern, Stand September 2015, steuert jeder einzelne 3291 Euro bei. Es hätte also für jeden Grund genug gegeben, sich am Montagabend noch mal vor die Tür zu begeben.

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