Brunnthal:Janosch und der liebe Gott

Tiger, Bär und sogar Wondrak: Die Galerie Kersten in Brunnthal zeigt eine Werkschau des Ausnahmekünstlers.Die 200 Exponate haben eins gemeinsam: Sie sind herzerfrischend geistreich

Von Daniela Bode, Brunnthal

Janosch sitzt an einem Tisch und signiert mit einer Engelsgeduld Bücher und Bilder. "Schreiben Sie irgendwas Witziges", sagt ein Besucher. "Schreiben Sie irgendwas Ironisches", bittet ihn ein anderer. Er tut es, sichtlich mit Freude. Der Künstler und Autor, dessen Figuren der kleine Tiger und der kleine Bär heute wie gestern Kinder und Erwachsene begeistern, wählt in der Galerie Kersten in Brunnthal für jeden in der Schlange etwas Geistreiches.

Wie viel sich der 84-Jährige einfallen lassen kann, dazu hat der Betrachter derzeit in der Galerie die Gelegenheit. Eine umfangreiche Werkschau zeigt Grafiken und Unikate, die das facettenreiche Schaffen des Künstlers widerspiegeln. Das Interesse ist riesig - mehr als 300 Besucher sind zur Vernissage gekommen. Schon bei der Rede des Galerie-Inhabers Holger Weinstock zieht der Künstler seine Fans in den Bann. Immer wieder unterbricht er die Rede mit witzigen Einwürfen. "Stimmt das überhaupt?", fragt er etwa.

Mehr als 200 Werke von Janosch sind ausgestellt. "Es sind ältere Bilder dabei, ganz neue - es ist eine schöne und umfassende Schau", sagt Weinstock. Es finden sich genauso Grafiken aus den Siebzigerjahren wie Zeichnungen seiner neuesten Figur Wondrak, die im Zeit-Magazin erscheinen. Die Figur sieht Janosch sehr ähnlich und hat für jede Weltfrage eine gewitzte Antwort parat. Die Galerie zeigte bereits vor zwei Jahren Werke des Künstlers, da konnte er aber nicht kommen. "Es hat uns besonders gefreut, dass er dieses Mal kommen konnte", sagt Weinstock.

Kaum ein Werk gesehen, freut sich der Betrachter auf das nächste. Stimmen doch viele wegen der humoristischen Details vergnüglich, thematisieren Alltagssituationen, äußern aber auch Kritik an der Gesellschaft. Eine Farbradierung zeigt etwa den kleinen Tiger. Er steht mit gefalteten Händen vor einem Bett. Dort sitzt ein Schweinchen und klimpert mit den Augen. "Ach, du kleines Nudelschwein, darf ich dein Makaroni sein?", fragt der Tiger. Stil und Themen sind unverwechselbar. Die Linien sind zittrig, in den Bildern finden sich immer wieder sprechende Tiere, fliegende Wesen und die Perspektiven driften in alle Richtungen. Eine Komposition vieler bekannter Figuren findet sich beispielsweise in der hochformatigen Farbradierung "Kater Mikesch und seine Freunde".

So vertraut einem bei vielen Bildern der Stil vorkommt, so überraschen einen andere Werke, die man nicht gleich dem Künstler zuordnen würde. Etwa das großformatige Ölgemälde auf Leinwand "Mein Vater lockt einen blauen Vogel mit der Kraft der Gedanken in eine Falle". Anders als in den Farbradierungen wirken die Figuren eher flächig als filigran. Oder "Der Soldat Dieter Brinkmann im Dienst". Ein in Mischtechnik entstandenes Unikat zeigt einen Mann mit roter Kappe und grüner Uniform mit Orden und einem Kreuz, das Fragen aufwirft. Himmel und Hölle sind hineingeschrieben. Das Bild ist das Werk in der Ausstellung, das Janosch am besten gefällt. Wegen der "Kunstmalerei an dem", sagt er.

Wie die meisten seiner Werke sind auch viele in der Galerie Kersten an einem Tisch auf der Insel Teneriffa entstanden. Denn dort lebt der in Oberschlesien geborene Künstler seit mittlerweile 1980. Im Jahr 1953 zog er nach München, wo er an der Akademie der Bildenden Künste sein Kunststudium wegen "mangelnder Begabung" nach einigen Semestern abbrechen musste. 1960 erschien sein erstes Kinderbuch, es folgten zahlreiche weitere wie "Oh, wie schön ist Panama". Mit mehr als 150 Büchern, vielen Illustrationen und Filmen wurde Janosch in ganz Deutschland bekannt. Er erhielt diverse Preise, darunter der deutsche Jugendbuchpreis Bilderbuch und 1993 das Bundesverdienstkreuz.

Janoschs Schaffenskraft scheint ungebrochen. Zahlreiche Werke entstanden auch in den vergangenen Jahren. Was ihn inspiriert? "Alkohol", sagt er. Und noch etwas? "Gott, schreiben Sie Gott", sagt er. Selbst für den Sohn der Reporterin lässt sich der Künstler am Ende noch etwas Witziges einfallen, das er ihm in sein Buch schreibt.

Die Ausstellung in der Galerie Kersten dauert noch bis zum 31. Oktober. Geöffnet ist sie montags bis freitags von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 13 Uhr und sonntags von 13 bis 16 Uhr .

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