Brunnthal:Afghanen in der Klischeefalle

Lesezeit: 2 min

Blickt mit Empathie auf die Flüchtlinge und plädiert für bessere Integration: Hans Montag. (Foto: oh)

Hans Montag trägt in seinem neuen Flüchtlingsroman ein wenig dick auf

Von Udo Watter, Brunnthal

Schon der Prolog enthüllt, dass Hans Montag beim Verfassen seines Flüchtlingsromans "Kabir" nicht nur rein ästhetisch-literarische Motive angetrieben haben. Der Brunnthaler Autor, der auch VHS-Kochdozent ist und kulinarische Lesungen anbietet, hat ebenso ein gesellschaftspolitisches Anliegen. Er wirbt, nicht zuletzt mit Blick auf die christliche Prägung Europas, für das, was unter dem inzwischen etwas strapazierten Begriff "Willkommenskultur" firmiert. Menschen, die aus Kriegsgebieten und vor Verfolgung geflohen sind, dabei zu unterstützen, sich ein neues, sicheres Leben aufzubauen, ist für ihn ein humanitäres Gebot: "Ist es doch beschämend, dass sich unser reicher Kontinent einigelt und den Ärmsten der Armen die helfende Hand verweigert", schreibt er. Und angesichts der politischen Stimmung im Lande kann er sich nur über gewisse Volksparteien echauffieren, die sich anschicken, fremdenfeindliche "Populisten noch rechts zu überholen".

Der 75-Jährige, der als Jugendlicher aus der damaligen DDR über die grüne Grenze floh ("Das hat natürlich auch meine Empathie geweckt"), glaubt, Hilfe für Flüchtlinge zahle sich historisch gesehen immer aus. Und wer sie heute verweigere, der trage Mitschuld am Erstarken von Terrormilizen wie dem sogenannten IS: "Wie schnell der Funke des Fanatismus in den Herzen junger Menschen Nahrung findet, wenn sie ausgegrenzt werden, versuche ich, in diesem Roman zu schildern." Das 2016 erschienene Buch "Kabir" ist der zweite Teil einer (noch nicht vollendeten) Trilogie, die das Schicksal der aus Afghanistan nach Deutschland geflüchteten Familie Bakthari thematisiert. Montag wird ihn demnächst an mehreren Orten im Landkreis vorstellen und wie immer seine Lesungen mit einer Kochshow kombinieren; Auftakt ist eine von der VHS Südost organisierte Veranstaltung diesen Freitag, 13. Januar, in Neubiberg; am 9. Februar gibt es eine Benefiz-Lesung in Hofolding, bei der Spenden für Flüchtlinge erbeten werden.

Anders als seine bereits geflohene Schwester Fahima, die sich in Deutschland gut integriert hat, scheitert im zweiten Teil der Trilogie der junge Kabir nach anfänglicher Begeisterung an den Besonderheiten weltlicher Freiheiten, auch durch unglückliche, teils perfide Umstände. Er, der mit seiner Mutter und dem Stiefvater aus Afghanistan nachgekommen ist, erliegt am Ende den dunklen Verlockungen islamistischer Ideologie und wird zum Verbrecher. Montag hat keine Scheu, seine Entwicklung und die Familiengeschichte mit dramatischen Ereignissen, Neigungen und Handlungssträngen zu erklären, die nicht frei von Klischees und etwas dick aufgetragen sind. Überhaupt hat das Buch zwar einige packende Momente zu bieten und Montag beweist durchaus, dass er sich in seine Figuren hineinfühlen kann. Aber literarisch ist der Roman nicht wirklich gelungen. Die Dialoge wirken oft wenig lebensecht. Mitunter kommt Montag der Drang dazwischen, seine Figuren im moralisch richtigen Duktus eines aufgeklärten Sachbearbeiters parlieren zu lassen und generell neigt er dazu, zu viel in Dialogform erklärend zu beschreiben. Er hat fleißig recherchiert, um etwa die Atmosphäre in Flüchtlingsunterkünften angemessen beschreiben zu können und die Sprache islamistischer Extremisten einzufangen. Letztlich setzt er aber vom Plot her allzu durchschaubare Reize, und sprachlich serviert der Kochdozent Montag leider doch einen eher altbackenen Stil.

Im Januar gibt es drei "Kabir"-Lesungen mit Kochshow: diesen Freitag, 13. Januar, organisiert von der VHS Südost in Neubiberg (Tel. 089/ 44 23 89 0), Beginn 19 Uhr; am Freitag, 20. Januar, VHS Aschheim (Tel. 089/ 99 01 77 0) und am Freitag, 27. Januar, VHS Haar (Tel. 089/ 45 69 85 20).

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: