Biberschäden:Verbissener Revierkampf zwischen Mensch und Tier

Biber

Vor allem im Norden des Landkreises ist der Biber daheim, aber auch nahe dem Georgenstein in der Isar bei Baierbrunn sowie in der Würm.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die Klagen über Schäden durch Biber im nördlichen Landkreis München häufen sich. Landwirte fordern von der Naturschutzbehörde eine härtere Gangart.

Von Bernhard Lohr

Wie groß war die Freude. Als vor zwei Jahren am Isarkanal in Pullach ein Biberbau entdeckt wurde, begrüßte der damalige Bürgermeister frohgestimmt, dass sich nach mehr als 100 Jahren das Nagetier angesiedelt habe. Damit sei in den Isarauen wieder ein natürliches Gleichgewicht hergestellt worden. Das würde man im südlichen Landkreis wohl heute noch so unterschreiben. Im Norden sicher nicht. Dort häufen sich wieder einmal Klagen über die Biber. Landwirte machen Druck und fordern, aktiv die Zahl der Biber zu reduzieren.

Der Biber lässt keinen kalt. Sobald im Landkreis über die erst seit den frühen Neunzigerjahren wieder ansässige Spezies diskutiert wird, wird es emotional. Naturschützer schätzen den Baumeister für seine Biberburgen und -dämme, die in angestauten Wasserflächen Lebensräume für viele Arten schaffen. Er ist folglich in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie aufgeführt und gesetzlich streng geschützt. Wer Biber fängt, tötet oder deren Bauten zerstört, bekommt es direkt mit dem Strafrecht zu tun. Viele Fischer und Landwirte sehen allerdings in ihm einen Feind, der schuld ist, wenn Grundstücke vernässen oder Uferränder abbrechen. Die Gemeinde Ismaning erlebt, wie der Biber in bewohntes Gebiet vordringt.

Bauernobmann spricht von großen Problemen

Anton Stürzer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, spricht folglich von "ganz großen Problemen", gerade im Raum Ismaning, Garching und Aschheim. Die Schäden seien immens, sagt er und beklagt, dass nach seinen Eindruck die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt seltener als etwa die Behörde in Freising Genehmigungen zur Entnahme von Bibern erteilt, wie es im Fachjargon heißt. Biber können dann gejagt oder gefangen und getötet werden.

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(Foto: SZ-Grafik)

Jörg Spennemann, Abteilungsleiter Umwelt- und Verkehrsrecht im Landratsamt, zeigt sich offen für ein Gespräch mit den Landwirten. Dass sich die Praxis im Umgang mit dem Biber im Raum München von der in Freising unterscheidet, stellt er in Frage. Zudem gibt er zu bedenken, dass Naturschützer ein rigideres Vorgehen gegen den geschützten Biber gerichtlich anfechten könnten und damit in der Vergangenheit Erfolg gehabt hätten.

Biberberater Peter Martin hält Klagen für übertrieben

Peter Martin ist im Auftrag des Landkreises im nördlichen Landkreis als ehrenamtlicher Biberberater tätig. Er beobachtet die Entwicklung der Biber in ihren Revieren, gleicht aus bei Konflikten und hilft bei Problemen. Sein Aufgabenfeld ist vielfältig. Er will nicht behaupten, dass Dinge bewusst aufgebauscht würden. Aber er habe erlebt, sagt er, dass sich angeblich anrichtete Schäden als viel harmloser herausgestellt hätten als zunächst gesagt.

So wie Anfang Juni vergangenen Jahres, als sich ein junger Biber auf einem Grundstück nahe der Isarauen in Ismaning verirrte. Die Aufregung war groß. Doch Martin stellte um den Gartenteich einen provisorischen Zaun auf, trieb den Biber mit Hilfe eines Besens durch das verbliebene Loch in eine leere Papiertonne. Nach zehn Minuten habe er ihn gehabt, sagt Martin. Dann brachte er den Biber mit seinem Wagen mit einem Transport "erster Klasse", wie er sagt, - einen Apfel gab es als Fahrtverpflegung und im Radio liefen die Brandenburgischen Konzerte - an einen Ort, an dem er keinen Schaden anrichtet.

In einem anderen Fall habe es geheißen, Biber hätten 1000 Bäume angenagt, sagt Martin. Tatsächlich seien es fünf Bäume gewesen. Dennoch habe er einen Elektrozaun aufgestellt, um weitere Schäden zu vermeiden. Martin legt Wert darauf, den Ausgleich der Interessen zu suchen und er ist überzeugt, den oft hinzubekommen. Gerade in Ismaning ist das eine anspruchsvolle Aufgabe.

Allein in Ismaning leben zwölf Biberfamilien

54 besetzte Biberreviere mit maximal sechs Tieren werden im Landkreis gezählt, alleine zwölf davon befinden sich auf Ismaninger Gemeindegebiet. Und weil dieses nicht nur die Isar durchfließt, sondern dazu auch viele kleine Bäche und Kanäle bewohntes Gebiet durchziehen, kommen sich Mensch und Tier oft ins Gehege. Biber machten sich am Schloss breit. Und sie trieben sich sogar am Rathaus herum, sagt Ulrich Hilberer, Leiter des Umweltamts. Schwierig wird es ihm zufolge, wenn der Biber bewohntes Gebiet erobert. Dann wächst im Rathaus die Sorge, dass Bäume kippen und womöglich Menschen zu Schaden kommen. Es gebe Bereiche, da passe der Biber hin, und andere, in denen habe er nichts verloren. "Das ist unser Kampf."

Sobald es für Menschen gefährlich wird oder großer Schaden droht, handelt das Landratsamt nach eigener Aussage sofort. So war es, als in Oberschleißheim eine Tankstelle überflutet zu werden drohte, und als am Schloss Kanäle dicht waren. Doch vor der Entnahme von Bibern steht die Prävention. In den vergangenen sechs Jahren habe man in Ismaning 2000 Bäume eingezäunt, sagt Hilberer, gefährdete Uferbereiche habe man mit Steinen verstärkt. Bäume werden gesichert, Drainagen in Biberdämme eingebaut, die Kontrolle der Reviere wird intensiviert. An 15 Biberrevieren im Landkreis geschieht das alles derzeit. Nur in Oberschleißheim, so heißt es, habe eine "Entnahme" Vorrang. Manchen Bauern und Fischern, die sich um ihre Fischbestände sorgen, ist das zu wenig.

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