Bezirksausschusswahl in München:Schwierige Zeiten

Die SPD kann sich nicht länger auf sichere Gefolgschaft verlassen.

Von Thomas Kronewiter

Die einst tiefrote Hochburg im Arbeiterviertel Milbertshofen-Am Hart steht vor schwierigen Zeiten - einerseits. Andererseits kann sich die neue SPD-Führung auch nach dem Ausscheiden des bisherigen Zugpferds Antonie Thomsen vermutlich auf die Grünen als Mehrheitsbeschaffer verlassen. Denn um Anspruch auf das Amt des oder der Vorsitzenden anzumelden, sind die Grünen nördlich des Petuelparks nicht stark genug geworden. Für die nunmehr fünf Grünen hat sich die Befreiung aus der vor sechs Jahren selbst gewählten Verbindung mit der ÖDP dennoch sehr gelohnt: Fraktionschefin Jutta Koller kann auf vier Mitstreiter zählen - so viele Grüne gab es in Milbertshofen noch nie.

Aber auch die ÖDP hat nicht gebüßt für ihr Bündnis mit den Freien Wählern, wenngleich Leo Meyer-Giesows Euphorie über das Abschneiden als "viertstärkste Fraktion" im Bürgergremium ein wenig überzogen wirkt. Denn dahinter kommt nur noch FDP-Mann Claus Wunderlich, der künftig wieder als Einzelkämpfer den Wadlbeißer geben darf und vermutlich so wie in den vergangenen Jahren isoliert bleibt. Der erstmals in den Bezirksausschuss gewählte Freie Wähler Karl Ilgenfritz, hinter Rosemarie Buchner (ÖDP) auf Rang drei zurückgefallen, hat zudem noch Ambitionen, wie sich im Hinblick auf die Europawahl schon andeutet.

Die CSU ist im traditionellen Arbeiterviertel nicht Fisch noch Fleisch: Künftig einer mehr, sind die elf Schwarzen definitiv zu schwach, um in dem von Mai 2014 an um zwei Mandate größeren Bezirksausschuss ein entscheidendes Wort sprechen zu können - Sprecher Erich Tomsche hat sich auch "ein bissel mehr erwartet". Eine Neuauflage des grün-schwarzen Spontan-Bündnisses, wie schon einmal 1996, dürfte die personell sehr konservative Ausrichtung der CSU-Fraktion wohl verhindern: Denn dass sich Jutta Koller (Grüne) und Thomas Schwed (CSU) auf eine gemeinsame Position verständigen, zum Beispiel was die notwendigen sozialen Aktivitäten in Milbertshofen angeht, wird sich kaum jemand vorstellen können, der die Sitzungen des Bürgergremiums im Kulturhaus regelmäßig verfolgt. CSU-Fraktionschef Erich Tomsche will gleichwohl mit allen Fraktionen reden, sieht aber als Ausgangslage für die politische Arbeit der kommenden sechs Jahre im Grunde klare Mehrheitsverhältnisse: "Es ist eigentlich alles wie gehabt."

Innerhalb der SPD-Fraktion wird es bis zur konstituierenden Sitzung am 14. Mai noch reichlich Diskussionen geben. Dass Spitzenkandidat Fredy Hummel-Haslauer nur das achtbeste Stimmenergebnis erreicht hat, wird seinen Anspruch auf das Amt des Vorsitzenden nicht unbedingt untermauern. Allerdings fehlt der SPD zwar nicht der eine oder andere Alternativkandidat, der dafür auch in Frage käme, aber vielleicht der Mut, gegen den alten Hasen Hummel-Haslauer den Hut in den Ring zu werfen. Nicht von ungefähr haben die Genossen dem alten Fahrensmann Hummel-Haslauer schon vor Monaten die Führung des Bürgergremiums angetragen - sofern es das Wahlergebnis am 16. März denn hergeben würde. Die scheidende Vorsitzende Antonie Thomsen (SPD) hofft jedenfalls auf eine "fruchtbare, dem Stadtteil dienende Arbeit" - wie auch immer der neue Vorstand zusammengesetzt sein werde.

Dass sich die SPD nicht länger auf sichere Gefolgschaft verlassen kann, zeigt sich nirgendwo deutlicher als in ihrer Hochburg.

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