Berlinale:"Schauspieler können nicht zuhören"

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Manuel Castillo Huber vermittelt die in Europa unbekannte Meisner-Technik. Auch 2018 ist er in Ottobrunn zu sehen

Von Udo Watter

Das Ottobrunner Publikum hat ihn im Herbst als Ross in der Inszenierung von Albees "Die Ziege oder wer ist Sylvia" kennen gelernt. Als Mitglied der TAT-Kreativ-Akademie von Bernd Seidel wird er auch 2018 im Wolf-Ferrari-Haus spielen, wenn der Regisseur seine neue Inszenierung zeigt. Der gebürtige Münchner Manuel Castillo Huber, der viel in Spanien arbeitet, ist jetzt auf der Berlinale zu sehen, im Film "La Enfermedad del Domingo - Die Sonntagskrankheit" von Ramón Salazar. Ein Gespräch über Schauspielkunst und die richtige Technik.

SZ: Sie sind gerade gut im Geschäft, im Film wie auf der Bühne. Ottobrunn, Madrid, Berlin, es läuft.

Castillo Huber: Ich freue mich jetzt auf die Berlinale, wo wir am 2o. Februar unseren Film präsentieren. Ramón Salazar, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet habe, ist ein toller Regisseur, auch wenn ich diesmal nur eine kleinere Rolle habe.

Worum geht es in dem Film?

Eine Tochter, die von ihrer Mutter verlassen wurde, trifft diese 30 Jahre später auf einem Charity-Bankett für die High Society. Ich bin der Protokollchef.

Macht es für Sie einen großen Unterschied, ob sie vor der Kamera oder auf der Bühne agieren?

Nicht wirklich. Ich liebe meine Arbeit, egal wo. Es geht dabei immer um Leidenschaft, darum, aus sich selber heraus Dinge für die Rolle herauszuholen. Für mich als Schauspieler ist es wichtig, quasi unabhängig zu sein, auch vom Regisseur.

Sie sind ja nicht nur Schauspieler, sondern geben auch Kurse in der Meisner-Technik, benannt nach Sanford Meisner, die im Gegensatz zum Method Acting von Lee Strasberg steht. Können Sie diese Methode genauer beschreiben?

Ottobrunn, Madrid, Berlin - Manuel Castillo Huber kommt viel rum. (Foto: pressefoto)

Schauspieler haben - einfach gesagt - zwei Probleme: Sie können nicht zuhören. Und sie sind zu selbstbewusst, zu verkopft. Bei der Meisner-Technik, die Stars wie James Franco, Steve McQueen oder Diane Keaton geprägt hat, gilt es, aus seinen Instinkten heraus zu arbeiten. Nach dem Motto "Acting is reacting" soll man lernen, besser zuzuhören, vom Partner profitieren. Man soll sich bessere Instrumente aneignen, welche die Situation für einen übersetzen. Im Idealfall taucht man von Null auf Hundert ins Jetzt ein.

Könnten Sie das konkretisieren?

Man agiert aus seiner Vorstellungskraft heraus. Im Gegensatz zum Method Acting, wo die Leute versuchen, aus der persönlichen Erinnerung heraus zu arbeiten, diese aber für die spezielle Rolle zu nutzen, um sich in einen anderen Menschen zu verwandeln. Ich mag die Meisner-Technik, die in Europa noch ziemlich unbekannt ist, weil man dabei nicht vorgibt, jemand anders zu sein. Man könnte sagen: weil man dabei nicht lügt. Man bleibt dieselbe Person. Aber nicht falsch verstehen: Es gibt keine perfekte Technik.

Wie wirkt sich das auf die Arbeit mit dem Regisseur aus?

Ein guter Regisseur, muss gute Gründe haben, für das was er will und fordert. Und er muss die Fähigkeit haben, das deutlich zu machen. Mir hilft die Meisner-Technik, genau das für mich, aber unter Umständen auch für andere, besser zu übersetzen.

Wie ist in diesem Sinne die Zusammenarbeit mit Bernd Seidel, der seit vielen Jahren in Ottobrunn inszeniert?

Mit Bernd ist es toll. Er arbeitet viel mit Emotionen. Während der ersten Entwicklungsphase lässt er das Ensemble häufig improvisieren. Man wird bei ihm nicht steif im Kopf, man darf Affekte zulassen. Man gibt sich gegenseitig Impulse.

Er holt also nicht mit fragwürdigen, autokratischen Methoden alles aus seinen Schauspielern heraus, wie es zum Selbstverständnis mancher Regisseure gehört - eine Unart, die gerade im Zuge der "Mee Too-Debatte" thematisiert wird.

Zunächst einmal: Die "Mee Too-Debatte" ist wichtig, und dies gilt nicht nur für die Filmbranche. Was mich als Schauspieler betrifft: Ich schätze an einem Regisseur, wenn er jeden mit dem gleichen Respekt behandelt und das Team stärkt. Bernd Seidel macht das. Mit seinem intelligenten Humor bringt er das Beste aus uns heraus.

Bald werden Sie die Proben für das neue Stück beginnen, das dann in Ottobrunn uraufgeführt wird. Worum geht's?

Um zwei Männer, die sich nach einem Unfall in einer Sphäre zwischen Tod und Leben befinden. Und nur einer darf zurück. Patrick Gabriel, den das Ottobrunner Publikum ja auch gut kennt, spielt den anderen Mann.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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