Bauvorhaben:Kleine Teile, große Träume

Bauvorhaben: Im Erdgeschoss des s-förmigen Gebäudes wird ein öffentliches Café einziehen. Den Bahngleisen abgewandt, soll die begrünte Dachterrasse die Mitarbeiter zum Verweilen während der Pausen einladen.

Im Erdgeschoss des s-förmigen Gebäudes wird ein öffentliches Café einziehen. Den Bahngleisen abgewandt, soll die begrünte Dachterrasse die Mitarbeiter zum Verweilen während der Pausen einladen.

(Foto: Claus Schunk)

Das Nanotechnologie-Unternehmen Attocube feiert Richtfest für den neuen Firmensitz in Haar. Im Juni 2018 soll zunächst ein Teil der 300 Mitarbeiter einziehen - die Gemeinde sieht es als Gewinn

Von Anna Reuß, Haar

"Als Ausländer wusste ich bis vor Kurzem nicht einmal, was ein Richtfest ist", sagt Khaled Karraï. Am Freitag feierte das Unternehmen Attocube, dessen Mitgründer der Experimentalphysiker ist, in Haar Richtfest für ihren neuen Firmensitz. Und Karraï, der für diesen Brauch eine sperrige Definition im Internet gefunden hatte, wies dabei auf einen formalen Fehler hin: "Da das Gebäude keinen Dachstuhl hat, haben wir heute genau genommen Deckenfest."

Zehn Monate nach dem Spatenstich besteht der künftige Sitz des Nanotechnologie-Unternehmens noch aus sehr viel nacktem Beton. 9175 Quadratmeter auf drei Geschossen für ein Unternehmen, das sich mit winzigen Materiestrukturen in der Größenordnung von einem Millionstel Millimeter befasst. Das Unternehmen, das Niederlassungen in New York und Los Angeles hat, entwickelt und produziert erfolgreich Nanoantriebe, Sensoren und Mikroskopsysteme für Universitäten und Industrie.

"Wir bauen hier Zukunft", sagte Dirk Haft, neben Karraï der zweite der beiden Firmengründer, "einen Leuchtturm in der Ortsmitte von Haar". Er lobte die "Glanzleistung" der Architekten, die vor der Herausforderung standen, auf einem dreieckigen Grundstück ein Gebäude zu planen, das die Erschütterungen durch die S-Bahn abfängt, um die präzisen Messungen im Nanobereich nicht zu gefährden. Bisher unterhält Attocube einen zentralen Standort in der Königinstraße am Englischen Garten. Dass die Wahl auf Haar fiel, hat laut Haft vor allem infrastrukturelle Gründe, da das neue Gebäude in weniger als einer halben Stunde vom Münchner Hauptbahnhof aus zu erreichen ist und die Angestellten so nicht aufs Auto angewiesen sind.

Die Attocube Systems AG gehört zur Wittenstein SE, einem Maschinenbauunternehmen aus Baden-Württemberg. Mit dem neuen s-förmigen Gebäude an der Nordseite des Haarer Bahnhofs will das Unternehmen Platz für 300 Mitarbeiter schaffen. Zunächst sollen die eigenen 100 Beschäftigten, später dann die Mitarbeiter der Tochterfirma Neaspec und eines Vertriebsbüros von Wittenstein umziehen. Ein Drittel der Fläche soll erst einmal an andere Firmen vermietet werden, doch eigentlich will man wachsen und den Platz mit den eigenen Leuten füllen.

Der ursprüngliche Plan für das Areal am Bahnhof war ein anderer: Von einer Eislaufhalle bis hin zu einem Festivalgelände war vieles im Gespräch. Doch dann sanken die Gewerbesteuereinnahmen und die Überlegungen wurden verworfen. Im Jahr 2015 suchte Haft das Gespräch mit dem Gemeinderat, und die Verhandlungen über den Attocube-Firmensitz wurden konkreter.

Heute sind die Politiker in Haar froh, das Technologie-Unternehmen an den Eglfinger Weg gelockt zu haben. "Ich hoffe nur, die Angestellten werden der netten Adresse am Englischen Garten nicht hinterhertrauern", sagte Haars Zweite Bürgermeisterin Katharina Dworzak (SPD) in ihrer Rede beim Richtfest. Attocubes neuer Standort ist gut für das Image von Haar, schließlich sieht jeder, der mit der S-Bahn durch den Ort fährt, was hier entsteht: ein moderner Komplex mit öffentlichem Café - und wer kommt: gut ausgebildete Fachkräfte und deren Familien. Und das habe Haar nötig, denn bisher sei der Bahnhof nicht besonders attraktiv, stellte Dworzak fest.

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