Bauprojekt:Münchner Fleischhändler wollen nicht nach Aschheim umsiedeln

Schlachthof München, 2016

Schlachtvieh: Eine Kuh wartet am Münchner Schlachthof eingepfercht zwischen Stangen auf den Metzger.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Reaktionen auf die Pläne, einen riesigen Schlachthof in Aschheim zu bauen, sind sehr widersprüchlich.
  • Längst nicht alle Fleischhändler und Schlachter sind bereit, in den Münchner Vorort zu gehen.
  • Die Freien Wähler wollen die Bürger entscheiden lassen.

Von Bernhard Lohr

In Aschheim ist die Aufregung groß. Die Gemeinde ist gespalten. Und auch unter den Metzgern und Fleischhändlern am Münchner Schlachthof wird die Nachricht, dass sie bald in einem Münchner Vorort ihrem Geschäft nachgehen könnten, alles andere als gelassen aufgenommen. Der angekündigte Bau eines Schlachthofs mit Fleischhandelszentrum neben dem Möbelhaus XXXLutz ist das Tagesgespräch an der Zenettistraße im alten Schlachthof-Viertel. Und Metzgermeister Bruno März findet es überhaupt nicht amüsant, immer wieder damit konfrontiert zu werden, dass bei ihm der Laden angeblich bald dichtgemacht werden soll. "Das ist überhaupt nicht Fakt", sagt er.

Was das zu bedeuten hat, ist nicht ganz eindeutig. Denn so gespalten oder zumindest differenziert, wie das Meinungsbild in Aschheim ist, stellt sich die Lage offenkundig auch am Schlachthof dar. Auch wenn am Dienstag kein Vertreter der großen Schlachtbetriebe, die in den historischen Hallen im Schlachthofviertel ihr Werk verrichten, zu sprechen ist.

Aschheims Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) versichert, dass es bereits feste Zusagen gebe von Betrieben, die bereit seien, raus nach Aschheim zu gehen. Vor allem bei den Schlachtern sei die Bereitschaft da, lässt Glashauser durchblicken. Bruno März freilich verarbeitet Fleisch und ist Großhändler. Er sagt, er fühle sich mit seinem Betrieb im Schlachthofviertel wohl. Und er spricht indirekt auch für andere. Er ist einer der Vorstände der Fleischmarkt München GmbH, unter deren Dach zwölf Metzger als Gesellschafter wirken. Der Fleischmarkt mitten am Schlachthofgelände sei modern. Man habe erst 15 Millionen Euro investiert. Der Pachtvertrag mit der Stadt laufe bis 2042. Ihn ziehe es nicht raus nach Aschheim, sagt er.

Davon, dass die Fleischhändler und Schlachter wie etwa die Attenberger GmbH, die schon alleine wegen der Anfahrtswege unter schwierigen Bedingungen mitten in der Stadt Großtiere wie Rinder schlachtet, mitziehen, hängt aber das ganze Projekt in Aschheim ab. Bürgermeister Glashauser hat ebenso wie die Firma Oppenheim, die als Investorenvertreter auftritt, mehrmals deutlich gemacht, dass der Schlachthof verlegt und kein Konkurrenzbetrieb im Münchner Osten entstehen soll.

Auf elf Hektar sollen nach den Plänen 1200 Schweine und 300 Rinder täglich geschlachtet werden. Dies allerdings nicht von einem Großkonzern, sondern von Metzgern aus der Region. Bürgermeister Glashauser führt das mittlerweile als entscheidenden Pluspunkt an. An diesem Donnerstag soll der Gemeinderat bereits beschließen, den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan zu ändern. Es soll ein Sondergebiet "Fleischhandelszentrum" ausgewiesen werden.

Unterschiedliche Interessen der Beteiligten

Ob das verfrüht ist, wenn sich zu diesem Zeitpunkt noch kein regionaler Metzger oder Schlachter öffentlich zu dem Projekt bekannt hat, ist bisher in Aschheim Nebensache. Dort diskutiert man auf anderer Ebene. Die Freien Wähler führen die Gegner des als "Mega-Schlachthof" kritisierten Projekts an. Gemeinderat Robert Ertl sagt: "Der Aufruhr ist groß, durch den ganzen Ort." Das Projekt sei völlig überdimensioniert. Seit Freitag sammeln die Freien Wähler Unterschriften für ein Bürgerbegehren. In dieser kurzen Zeit habe man knapp die Hälfte der benötigten Unterschriften zusammenbekommen, sagt Ertl, der Bürgerentscheid werde kommen.

Die Freien Wähler hätten deshalb Bürgermeister Glashauser aufgefordert, das Thema Schlachthof von der Tagesordnung zu nehmen und ruhen zu lassen, bis die Bürger abgestimmt hätten. Dass die Aschheimer das entscheidende Wort haben werden, erwartet auch Glashauser. Er hat mittlerweile ins Spiel gebracht, dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzusetzen, in dem sich die Bürger explizit für das regionale Fleischhandelszentrum aussprechen können.

Die Freien Wähler wollen die Bürger entscheiden lassen

Dabei sind die, die sich öffentlich dazu bekennen, noch an einer Hand abzulesen. Bürgermeister Glashauser glaubt bei aller Skepsis, die am Münchner Schlachthof offenbar herrscht, an das Projekt. Es gebe Betriebe, die definitiv bereit seien mitzumachen. Mehr könne er nicht sagen, er sei nicht Vertragspartner. Das ist der Fleischhändler Albert Oppenheim aus dem Münsterland, mit dem Metzgermeister Bruno März tatsächlich auch Kontakt hatte.

Man kennt sich in der Branche, auch über Aschheim wurde geredet. Aber völlig unverbindlich, sagt März. Es müsste schon ein "lukratives Angebot" kommen. Mit anderen Gesellschaftern der Fleischmarkt München Süd hat Oppenheim März zufolge noch gar nicht gesprochen. Und wenn nur einer nicht mitziehe, sagt März, dann blieben alle zwölf Gesellschafter am Münchner Schlachthof. Ob es die Schlachtbetriebe rauszieht nach Aschheim, war am Dienstag nicht zu erfahren. Auf politischer Seite liefen Bemühungen, Unternehmer zu Bekenntnissen zu bewegen. Diese blieben bis zum Abend jedoch aus.

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