Baierbrunn:Kelvion baut Stellen ab

Baierbrunn: Die Produktionsstätte am Kühlen Weg 1 in Baierbrunn wird geschlossen. Was aus den Mitarbeitern der anderen Sparten wird, ist ungewiss.

Die Produktionsstätte am Kühlen Weg 1 in Baierbrunn wird geschlossen. Was aus den Mitarbeitern der anderen Sparten wird, ist ungewiss.

(Foto: Claus Schunk)

Die Kältetechnik-Firma Kelvion verlagert die Produktion von Baierbrunn nach Osteuropa. 120 von 164 Stellen am Standort sollen gestrichen werden. Was aus den restlichen 44 wird, ist unklar.

Von Ulrike Schuster, Baierbrunn

Der Kühlgeräte-Hersteller Kelvion will bis 2018 in Baierbrunn 120 von 164 Stellen streichen. Die Produktion am Standort Baierbrunn sei zu teuer, nicht mehr wettbewerbsfähig, begründet Geschäftsführer Robert Wassmer die Entscheidung des Managements in Bochum. Am Montag vor einer Woche wurde den Betriebsräten die Unternehmensstrategie "Kelvion 2020" über "Investitionen, Strukturen und Kapazitätsanpassungen" vorgestellt, zwei Tage später hat man übersetzt, was das bedeutet: Stellenabbau und Verlagerung der Produktion nach Osteuropa.

Die Betriebsversammlung sei "emotional aufgewühlt" verlaufen, was angesichts der Botschaft durchaus verständlich sei, sagt Wassmer. Viele hätten aber auch sachlich und nüchtern reagiert. Vielleicht ahnten letztere, dass ein neuer Investor und gleichzeitig Unternehmensberater von McKinsey im Haus nicht das Beste für sie zu bedeuten haben.

Kelvion, das war mal ein kleines Familienunternehmen mit dem Namen Küba Kältetechnik GmbH, 1954 gegründet, bevor es 1999 vom Düsseldorfer Maschinenbaukonzern GEA Group übernommen wurde und damit zu einer Aktiengesellschaft gehörte. Diese verkaufte 2014 die gesamte Sparte Kältetechnik für 1,3 Milliarden Euro an den Investor Triton - ein europäischer Private Equity Fonds, der in mittelständische Unternehmen aus der Industrie investiert, zurzeit sind es 25 Unternehmen mit einem Umsatz von 13 Milliarden Euro pro Jahr.

Wassmer ist die Gerüchte leid, die jetzt kursieren: Die Mär vom bösen Investor, der von Beginn an das Ziel ausgegeben haben soll, das Werk systematisch gegen die Wand zu fahren, am besten so unfreundlich, dass die Mitarbeiter freiwillig vom Hof gehen. "Die Geschichte vom gierigen Investor leuchtet schnell ein, sie ist einfach erzählt", sagt Wassmer, "bloß fehlt jeder Funke Wahrheit."

Die Mitarbeiter dürfen nicht reden

Schade nur, dass man das von niemandem außer ihm und der Pressestelle in Bochum zu hören kommt. Sie sind die einzigen, die im Moment Antworten geben dürfen. Weder Betriebsrat noch die Mitarbeiter sind für Stellungnahmen zu haben. "An jedem Ein- und Ausgang steht, dass nichts nach draußen dringen darf", sagt ein Kenner von Kelvion, der nicht genannt werden will. Am Empfang in Baierbrunn heißt es, es herrsche strikte Anweisung, die Presse nicht aufs Gelände zu lassen. Selbst die Cafeteria ist tabu.

CEO Wassmer sagt, die Entscheidung, die Produktionslinie in Baierbrunn zu stoppen, hätten allein er und seine zwei Geschäftsführer-Kollegen in Bochum getroffen. Es sei die logische und notwendige Reaktion auf eine nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse. Der Standort und die Arbeitsplätze sollen in die Produktionsstätten nach Polen und Tschechien abwandern. "Mehr Volumen an einem Standort zu bündeln, schafft größere Skaleneffekte", sagt Wassmer. Viele deutsche Standorte seien schon vor Jahren umgesiedelt worden, Baierbrunn sei einer der letzten verbliebenen.

Die Kühlgeräte sind leicht zu montieren

Das Problem ist: Die Kühlanlagen sind keine hochkomplexen Gebilde - Bleche, die lackiert, montiert, gelötet und integriert werden. "Es gibt eine Menge Standorte, wo günstiger, aber im Ergebnis nicht schlechter produziert werden kann", sagt Wassmer. "Meine Verantwortung ist es, das Unternehmen stark für den globalen Markt zu machen, neben den Konkurrenten bestehen zu lassen, und die restlichen Arbeitsplätze zu sichern", sagt der CEO.

Für Baierbrunn sind das noch 44 Arbeitsplätze in den Sparten Service, Vertrieb und Entwicklung. All das steht auf einem Gelände von 35 000 Quadratmetern, wovon bisher allein 10 000 zur Produktion genutzt werden. Ob Kelvion die Immobilie behält oder aufgibt, um Kosten zu sparen, darüber wird wohl auch am Mittwoch gesprochen worden sein. Wassmer kam aus Bochum nach Baierbrunn geflogen, um mit dem Betriebsrat zu verhandeln. Der Stellenabbau soll nach seiner Aussage "sozialverträglich" gestaltet werden. "Kein Angestellter wird an Weihnachten ohne Job sein", verspricht er.

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