Bad Religion in München:Mit Geheimratsecken und Kanten

Punk ist keine Frage von zerrissenen Hosen, sondern allein von Haltung: Die legendäre Band Bad Religion feiert in der Münchner Tonhalle ihr 30-jähriges Bestehen.

Bernhard Blöchl

Die Leitfigur des Punk hat Geheimratsecken und trägt ein Polohemd. Als wäre er auf dem Weg vom Golfplatz zum Hörsaal. Stattdessen doziert der 45-Jährige auf der Bühne der Tonhalle, wo er einem Rockkonzert vorsteht, an dem es fast nichts zu kritteln gibt: Greg Graffin, der Sänger von Bad Religion und Doktor der Evolutionsbiologie, ist der lebende Beweis dafür, dass Punk keine Frage von explodierten Haaren, zerrissenen Hosen oder Altersgrenzen ist, sondern allein von Haltung.

Bad Religion Bandfoto

Ein Drei-Minuten-Kracher nach dem anderen: Die Punk-Institution Bad Religion.

(Foto: oh)

Graffin protestiert mit Stil. Er nuschelt nicht, er pöbelt nicht, sondern singt kraftvoll und deutlich über politische Brennpunkte. Intelligenz macht attraktiv - ein Grund für den dauerhaften Erfolg der Punkrock-Institution aus Los Angeles.

Seit 30 Jahren drückt die Band mit dem durchgestrichenen Kreuz im Logo sozialkritische Songs auf den Markt, die so schnell und hart sind wie melodisch und berechenbar. Ihr Konzept: Never Change a Winning Song. Damit waren Bad Religion wegweisend für zahlreiche Post- und Spaß-Punk-Emporkömmlinge, darunter The Offspring, NoFX oder Millencolin.

Der runde Geburtstag hat das live zum Quintett geschrumpfte Sextett nach langer Pause wieder nach München geführt. Die Tonhalle ist ausverkauft, vom Teenager bis zum grauhaarigen Anzugträger vereint das Konzert drei Generationen, und man fragt sich: Welche anderen Musiker schaffen es, mit Hits aus den Achtzigern die Kids von heute von der Konsole wegzulocken?

Die spielfreudigen Herrschaften feuern einen Drei-Minuten-Kracher nach dem anderen ab, der mehrstimmige Gesang und die Gitarrensoli sind ordentlich, wenngleich der Sound zunehmend breiiger beim Publikum ankommt.

Die Set-List gleicht einer Zeitreise durch die vergangenen Jahrzehnte, und spätestens bei "Generator", "American Jesus" oder "21st Century (Digital Boy)" wird deutlich, welche Anziehungskraft Bad Religion noch immer haben. Der Leitfigur des Punk sei Dank.

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